"Jetzt hat jemand aus der Türkei, aus dem Ort Maltepe den Artikel Atatürk International Airport verändert und jetzt, aus Großbritannien den Artikel Theas, jetzt sind wir schon gewechselt in die USA."
Alle paar Sekunden blinkt auf der Wikipedia-Weltkarte, aufgebaut auf einem Stand bei der Langen Nacht der Wissenschaften, ein neuer Eintrag auf, dargestellt wird aber nur eine zeitverzögerte Auswahl.
"Würde das live gemacht werden für alle Projekte, es wäre ein dauerhaftes Aufpoppen auf der gesamten Weltkarte."
Würde man dagegen nur Einträge rund um das DAI, das Deutsche Archäologische Institut, herausfiltern, sähe es eher mager aus, schätzt Marcus Cyron.
"Das wäre wahrscheinlich bei der Dichte der DAI-Artikel derzeit noch nicht so viel. Da hätten wir wahrscheinlich nur wenige edits, wenn überhaupt, in der Stunde."
Das soll sich ändern. Mehr "Edits", mehr Ergänzungen und Verbesserungen bei vorhandenen Artikeln, aber auch neue Artikel, die vom DAI ausgehen und von seinen Mitarbeitern bei Wikipedia eingestellt werden - dafür soll Marcus Cyron sorgen. Er ist ein alter Wikipedia-Hase. 4700 Artikel hat er in den vergangenen sieben Jahren in der Online-Enzyklopädie gestartet, an 140.000 Artikeln war er beteiligt, hat Ergänzungen und Anmerkungen verfasst. Jetzt ist er als Abgesandter der Wikimedia Foundation ein "Wikipedian in Residence" beim Deutschen Archäologischen Institut, der erste bei einer wissenschaftlichen Einrichtung in Deutschland. Seine Aufgabe: Den Forschern des Institutes zeigen, wie sie Artikel auf Wikipedia schreiben.
Und das Ziel lautet: Das Forschungsinstitut bekannter zu machen und Wikipedia zu seriösen Einträgen zu verhelfen. Marcus Cyrus ist dafür bestens geeignet: Altertumswissenschaften sind sein Spezialgebiet als Wikipedia-Autor. Für seinen Artikel über "schwarzfigurige Vasenmalerei" hat er einen Preis bekommen. Beste Aussichten also, von der Forschern des DAIs ernst genommen zu werden. Sie packt Marcus Cyron erst einmal bei ihrer Eitelkeit:
"Jetzt stellen sie sich mal vor, jemand hat vier Jahre an seiner Dissertation gearbeitet. Wie viele Leute lesen das? Tausend Leute, wenn's hoch kommt, in 100 Jahren? Wenn jetzt aus diesen Erkenntnissen ein Wikipedia-Artikel extrahiert wird, dieser Wiki-Artikel wird sicherlich pro Jahr diese Zugriffszahlen erreichen."
Auch die Texte von DAI-Forschern sollen hohe Zugriffszahlen erreichen. Marcus Cyrus bringt daher den Archäologen nun das Wikipedia-Handwerk bei: Wie sind die Artikel dort aufgebaut? Wie wird getextet? Wissenschaftliche Kriterien gelten dabei nur bedingt. So müssen die Forscher Abschied nehmen von ihrem gewohnten "peer review", also der Beurteilung ihrer Texte durch Fachkollegen vor der Veröffentlichung.
Bei Wikipedia werden die Texte nach der Veröffentlichung beurteilt, verändert und ergänzt - theoretisch zum Besseren hin. Möglicherweise sieht ein Text zwei Jahre nach der ersten Veröffentlichung ganz anders aus - das gefällt nicht jedem Autoren. Doch Wikipedia will keine Sonderregeln für die Texte von DAI-Wissenschaftlern, erklärt Marcus Cyron.
"Keine Chance, das wäre der Beginn des Endes von Wikipedia. Das ist nun mal ein offenes Projekt, wo theoretisch erst einmal jeder mitschreiben kann."
Und auch falsche Behauptungen aufstellen kann. Eine der Aufgaben von Marcus Cyron ist es daher, Misstrauen gegenüber Wikipedia zu entkräften. Er geht dabei in die Offensive - und rechnet mit intelligenten Lesern, die sofort auf Fehler aufmerksam machen.
"Das ist eigentlich doch gar nicht so schlimm, wenn die Leser nicht einfach nur konsumieren, sondern ein kleines bisschen den Kopf anstrengen müssen und überlegen: Kann das, was da steht, auch einigermaßen sinnvoll sein? Und: Ist das vielleicht völlig daneben? Und es kann natürlich sein, dass gerade jemand da ist und Unsinn verzapft hat. Wir haben ja die Möglichkeit, dass das alles nachvollziehbar ist. Zeigen Sie mir eine Publikation, in der das so ist. Die können ja auch unsinnig sein, man merkt es bloß nicht."
Wikipedia soll für die Forscher dabei nicht nur Zweitverwertung ihrer woanders bereits publizierten Erkenntnisse sein, findet der Kölner Archäologie-Professor Raimund Förtsch. Er hat Marcus Cyron als "wiikipedian in residence" ans DAI geholt, und hofft, dass seine Kollegen die Internet-Enzyklopädie auch nutzen, um neue Fachdiskussionen zu starten:
"Es ist vielen Leuten noch nicht klar, dass wikipedia ja auch, wenn ich es richtig sehe, die Qualität eines Peer Review-Organs hat oder zumindest potenziell hat. Und in besonders umstrittenen Bereichen, wo besonders viele Leute drauf gucken, hat es die auch real."
Das heißt, in einigen wissenschaftlichen Feldern könnten Forscher ihre Spezialthemen auf hohem fachlichen Niveau veröffentlichen, aber auch gleichzeitig von vielen Menschen gelesen werden, nicht nur den Fachkollegen. Damit machen sie natürlich auch ihre Forschungseinrichtung, das DAI bekannt. Auch die Berliner Stadtmuseen, wo demnächst ebenfalls ein "Wikipedian in Residence" angestellt wird, rechnen mit der Mischung aus Öffentlichkeitsarbeit und Fachdiskussion. Claudia Gemmeke, die museumspädagogische Leiterin:
"Die wissenschaftliche Diskussion erfolgt doch auf den hinterliegenden Seiten als der sichtbaren. Und dort als Stadtmuseum präsent zu sein mit wissenschaftlichen Inhalten. Das ist doch unser Ziel. Und unsere Leute, unsere Wissenschaftler fit zu machen, sich an dieser wissenschaftlichen Diskussion zu beteiligen, darum geht es uns ja."
Alle paar Sekunden blinkt auf der Wikipedia-Weltkarte, aufgebaut auf einem Stand bei der Langen Nacht der Wissenschaften, ein neuer Eintrag auf, dargestellt wird aber nur eine zeitverzögerte Auswahl.
"Würde das live gemacht werden für alle Projekte, es wäre ein dauerhaftes Aufpoppen auf der gesamten Weltkarte."
Würde man dagegen nur Einträge rund um das DAI, das Deutsche Archäologische Institut, herausfiltern, sähe es eher mager aus, schätzt Marcus Cyron.
"Das wäre wahrscheinlich bei der Dichte der DAI-Artikel derzeit noch nicht so viel. Da hätten wir wahrscheinlich nur wenige edits, wenn überhaupt, in der Stunde."
Das soll sich ändern. Mehr "Edits", mehr Ergänzungen und Verbesserungen bei vorhandenen Artikeln, aber auch neue Artikel, die vom DAI ausgehen und von seinen Mitarbeitern bei Wikipedia eingestellt werden - dafür soll Marcus Cyron sorgen. Er ist ein alter Wikipedia-Hase. 4700 Artikel hat er in den vergangenen sieben Jahren in der Online-Enzyklopädie gestartet, an 140.000 Artikeln war er beteiligt, hat Ergänzungen und Anmerkungen verfasst. Jetzt ist er als Abgesandter der Wikimedia Foundation ein "Wikipedian in Residence" beim Deutschen Archäologischen Institut, der erste bei einer wissenschaftlichen Einrichtung in Deutschland. Seine Aufgabe: Den Forschern des Institutes zeigen, wie sie Artikel auf Wikipedia schreiben.
Und das Ziel lautet: Das Forschungsinstitut bekannter zu machen und Wikipedia zu seriösen Einträgen zu verhelfen. Marcus Cyrus ist dafür bestens geeignet: Altertumswissenschaften sind sein Spezialgebiet als Wikipedia-Autor. Für seinen Artikel über "schwarzfigurige Vasenmalerei" hat er einen Preis bekommen. Beste Aussichten also, von der Forschern des DAIs ernst genommen zu werden. Sie packt Marcus Cyron erst einmal bei ihrer Eitelkeit:
"Jetzt stellen sie sich mal vor, jemand hat vier Jahre an seiner Dissertation gearbeitet. Wie viele Leute lesen das? Tausend Leute, wenn's hoch kommt, in 100 Jahren? Wenn jetzt aus diesen Erkenntnissen ein Wikipedia-Artikel extrahiert wird, dieser Wiki-Artikel wird sicherlich pro Jahr diese Zugriffszahlen erreichen."
Auch die Texte von DAI-Forschern sollen hohe Zugriffszahlen erreichen. Marcus Cyrus bringt daher den Archäologen nun das Wikipedia-Handwerk bei: Wie sind die Artikel dort aufgebaut? Wie wird getextet? Wissenschaftliche Kriterien gelten dabei nur bedingt. So müssen die Forscher Abschied nehmen von ihrem gewohnten "peer review", also der Beurteilung ihrer Texte durch Fachkollegen vor der Veröffentlichung.
Bei Wikipedia werden die Texte nach der Veröffentlichung beurteilt, verändert und ergänzt - theoretisch zum Besseren hin. Möglicherweise sieht ein Text zwei Jahre nach der ersten Veröffentlichung ganz anders aus - das gefällt nicht jedem Autoren. Doch Wikipedia will keine Sonderregeln für die Texte von DAI-Wissenschaftlern, erklärt Marcus Cyron.
"Keine Chance, das wäre der Beginn des Endes von Wikipedia. Das ist nun mal ein offenes Projekt, wo theoretisch erst einmal jeder mitschreiben kann."
Und auch falsche Behauptungen aufstellen kann. Eine der Aufgaben von Marcus Cyron ist es daher, Misstrauen gegenüber Wikipedia zu entkräften. Er geht dabei in die Offensive - und rechnet mit intelligenten Lesern, die sofort auf Fehler aufmerksam machen.
"Das ist eigentlich doch gar nicht so schlimm, wenn die Leser nicht einfach nur konsumieren, sondern ein kleines bisschen den Kopf anstrengen müssen und überlegen: Kann das, was da steht, auch einigermaßen sinnvoll sein? Und: Ist das vielleicht völlig daneben? Und es kann natürlich sein, dass gerade jemand da ist und Unsinn verzapft hat. Wir haben ja die Möglichkeit, dass das alles nachvollziehbar ist. Zeigen Sie mir eine Publikation, in der das so ist. Die können ja auch unsinnig sein, man merkt es bloß nicht."
Wikipedia soll für die Forscher dabei nicht nur Zweitverwertung ihrer woanders bereits publizierten Erkenntnisse sein, findet der Kölner Archäologie-Professor Raimund Förtsch. Er hat Marcus Cyron als "wiikipedian in residence" ans DAI geholt, und hofft, dass seine Kollegen die Internet-Enzyklopädie auch nutzen, um neue Fachdiskussionen zu starten:
"Es ist vielen Leuten noch nicht klar, dass wikipedia ja auch, wenn ich es richtig sehe, die Qualität eines Peer Review-Organs hat oder zumindest potenziell hat. Und in besonders umstrittenen Bereichen, wo besonders viele Leute drauf gucken, hat es die auch real."
Das heißt, in einigen wissenschaftlichen Feldern könnten Forscher ihre Spezialthemen auf hohem fachlichen Niveau veröffentlichen, aber auch gleichzeitig von vielen Menschen gelesen werden, nicht nur den Fachkollegen. Damit machen sie natürlich auch ihre Forschungseinrichtung, das DAI bekannt. Auch die Berliner Stadtmuseen, wo demnächst ebenfalls ein "Wikipedian in Residence" angestellt wird, rechnen mit der Mischung aus Öffentlichkeitsarbeit und Fachdiskussion. Claudia Gemmeke, die museumspädagogische Leiterin:
"Die wissenschaftliche Diskussion erfolgt doch auf den hinterliegenden Seiten als der sichtbaren. Und dort als Stadtmuseum präsent zu sein mit wissenschaftlichen Inhalten. Das ist doch unser Ziel. Und unsere Leute, unsere Wissenschaftler fit zu machen, sich an dieser wissenschaftlichen Diskussion zu beteiligen, darum geht es uns ja."