Robert Weiser, examinierter Altenpfleger, sitzt in einem Konferenzraum seines Arbeitgebers. In dem Haus im Dresdner Osten gibt es weder Betten noch pflegebedürftige Bewohner. Denn Weisers Arbeitgeber ist kein Pflegeheim - der 37-Jährige arbeitet bei einer Zeitarbeitsfirma. Nach seiner Ausbildung war er lange Zeit bei einem ambulanten Pflegedienst angestellt, zuletzt auch als stellvertretender Pflegedienstleiter. Doch die Bedingungen seien schlechter geworden.
"Unfreundliche Vorgesetzte, viel viel Stress und ständiger Zeitdruck am Patienten."
Dazu kamen Überstunden. Freie Wochenenden, an denen der Chef anrief, weil es Engpässe gab. Weiser suchte nach Alternativen – und fand sie in einer Dresdner Zeitarbeitsfirma. Die hat ihn zunächst an ein Pflegeheim in Dresden vermittelt, dort arbeitet er seit November. Er sei gut aufgenommen worden, sagt Robert Weiser und fühle sich wohl. Und vor allem sei er mit den neuen Arbeitsbedingungen als Zeitarbeiter zufrieden.
"Das bedeutet, dass ich mehr Freizeit habe für Freunde und Familie. Ich kann Wunschdienstpläne äußern, ich kann meinen Urlaub einreichen, ohne ein Problem zu haben. Ich habe ein sehr gutes Gehalt und halt auch Freiheit bei der Dienstplangestaltung."
Zahl der Zeitarbeiter in der Branche steigt seit Jahren
Die Zahl der Zeitarbeiter in der Pflege steigt seit Jahren. Für Heime eine Möglichkeit, um personelle Engpässe auszugleichen – um die Bewohner rund um die Uhr betreuen zu können. In Sachsen hat sich die Zeitarbeit in der Altenpflege in den vergangenen vier Jahren verdoppelt, vermeldet die Landesagentur für Arbeit. Allerdings ist der Anteil mit inzwischen 400 Zeitarbeitern noch vergleichsweise gering. Bei der Zeitarbeitsfirma von Robert Weiser Jobmedica merke man den Trend nach oben, sagt Robert Umbach, Abteilungsleiter für den Bereich Pflege.
"Tendenziell überlassen wir im Durchschnitt ungefähr zwischen fünf und acht Monaten die Arbeiter, dann müssen sie wechseln."
Denn nach neun Monaten haben Zeitarbeiter gesetzlichen Anspruch auf gleiche Bezahlung. Dazu gehört auch die Offenlegung des Gehalts, über das man in der Zeitarbeitsbranche lieber schweigt. Auch für Robert Weiser steht also bald ein Wechsel an. Die häufigen Ortswechsel sind die Kehrseite der Zeitarbeit in der Altenpflege. Beim Deutschen Berufsverband für Pflegeberufe stößt die zunehmende Zeitarbeit deswegen auch auf Kritik. Der ständige Wechsel des Personals widerspreche den Grundsätzen der Altenpflege und sei gerade bei dementen Patienten problematisch. Das bemängelt auch Claus Fussek vom Verein Integrations-Förderung in München, einer der größten Kritiker des deutschen Pflegesystems. Er stört sich vor allem daran, wenn ein Heim besonders viele Zeitarbeiter einsetzt, die darüber hinaus vielleicht auch noch schlecht qualifiziert seien.
"Es ist natürlich klar: Viel Zeitarbeit in einer Einrichtung bedeutet eigentlich, dass es dort von der Führung her nicht passt, dass die im Heim eine hohe Personalfluktuation haben, einen hohen Krankenstand haben und dass ist immer ein Signal dafür, dass eine hohe Unzufriedenheit ist, dass Mobbing im Haus ist, dass ein Klima der Angst, des Schweigens herrscht."
Für Pflegekräfte ist Zeitarbeit oft attraktiv
Mehrere Anfragen an sächsische Heimbetreiber, über Zeitarbeit zu reden, liefen ins Leere. Wer Zeitarbeiter beschäftigt, scheint darüber nicht unbedingt reden zu wollen.
"In Großstädten ist es so, dass Zeitarbeit völlig normal ist, das ist schon häufig gar kein Thema mehr, während ich erfreulicherweise auch immer Einrichtungen erleben kann und darf, die einfach ihre Mitarbeiter pflegen und wo man nur auf Mitarbeiter zurückgreift, wenn es sozusagen brennt."
Der Personalmangel in der Pflege dürfte sich angesichts des demografischen Wandels in den kommenden Jahren vergrößern. Und so können sich Pflegekräfte meist aussuchen, wo und wie sie arbeiten. Oft ist die Zeitarbeit auch ein Übergang, etwa für Eltern kleiner Kinder. Altenpfleger Robert Weiser jedenfalls sieht derzeit keinen Grund, zurück in eine Festanstellung zu wechseln.
"Ich kann nur gutes berichten. Ich würde auch nichts anderes mehr machen."