Fußballerin Lena Lotzen spielte für den FC Bayern und den SC Freiburg in der Bundesliga, wurde mit Deutschland 2013 Europameisterin und beendete mit nur 27 Jahren nach ihrem dritten Kreuzbandriss ihre Karriere als Spielerin. Heute ist sie Co-Trainerin bei den U17 Nationalteams der Frauen beim DFB und zugleich Jugendkoordinatorin beim 1. FC Köln. Nebenbei schrieb sie ihre Masterarbeit an der IST Hochschule für Management, in der sie die Karrieren von Fußballerinnen in der ersten und zweiten Bundesliga untersucht hat.
Das Thema duale Karriere sei für sie von Anfang an immer präsent gewesen, sagte Lotzen im Dlf-Sportgespräch - vor allem bei ihren großen Verletzungen, dem ersten und zweiten Kreuzbandriss. "Und in der Zeit, ich würde sagen, so mit 24, hat sich dann so heraus kristallisiert, dass ich gerne im Fußball bleiben möchte. Und habe dann glücklicherweise jetzt auch einen Weg gefunden."
Schwierige Vereinbarkeit von Leistungssport und Beruf
So wie Lotzen früher geht es auch heute noch vielen Spielerinnen: "Nahezu alle Spielerinnen sind beruflich neben dem Fußball aktiv - oft in Jobs oder Studienfächern, die sich irgendwie mit den Trainingszeiten und dem Leistungssportleben vereinbaren lassen." Lotzen erlebt das auch beim 1. FC Köln. Dort hat ihr eine Spielerin erzählt, dass sie eigentlich gern eine Ausbildung bei der Polizei gemacht hätte, sich dann aber für ein Studium entschieden hat: Soziale Arbeit. Das wäre das Einzige, was irgendwie beim Fußball gepasst hätte, berichtete sie Lotzen. "Genau für solche Fälle möchte ich Aufmerksamkeit schaffen und noch spezifischer Projekte aufstellen oder Möglichkeiten bieten."
Lotzen geht es dabei aber nicht darum, dass sich Spielerinnen künftig nur noch auf den Fußball fokussieren können, sondern dass sie eine gewisse Lebenszufriedenheit erreichen. "Mir persönlich hat das auch super gut getan, dass ich während des Fußballs studiert habe, Austausch hatte. Und deswegen will ich auch gar nicht damit sagen, wir brauchen irgendwie eine Richtung, wie es vielleicht im Männerfußball ist, dass man sagt nur noch Fußball und nebenbei gar nichts mehr."
Ähnlich denkt auch Fußballprofi Nils Petersen vom SC Freiburg. Er sagte einst im "Focus": "Die Fußballbranche ist oberflächlich, und wir Fußballer sind nicht so belesen. Salopp gesprochen, verblöde ich seit zehn Jahren, halte mich aber über Wasser, weil ich ganz gut kicken kann." Er habe keine Ausbildung gemacht und schäme sich manchmal, weil er so wenig Wissen besitze. Diese Verblödung gebe es im Frauenfußball gezwungenermaßen eher weniger, so Lotzen.
Nicht den Männern nacheifern, sondern Rahmenbedingungen professionalisieren
"Ganz kleinen Jungs wird schon erzählt, dass sie eine Riesenkarriere machen können", kritisiert Lotzen. Von Fußball-Internat bis hin zu den Vereinen werde dann vieles für die Kinder organisiert. Lotzen vermisst dabei die Entwicklung einer gewissen Selbstständigkeit: "Das möchte ich nicht, dass es kopiert wird in den Frauenbereich. Aber dass die Professionalisierung voranschreitet, dass die Rahmenbedingungen besser werden, dass einfach banale Dinge wie die Rasenplätze oder die Vermarktung und solche Dinge drumherum einfach besser werden. Und dass die Mädels die Möglichkeit bekommen, in professionellen Umgebungen Fußball spielen zu können und dazu duale Karriere ermöglicht wird durch irgendwie angepasste Studienzeiten und solche Dinge."
In ihrer Masterarbeit "Duale Karriere im Fußball - eine quantitative Analyse der Karriereverläufe von Fußballerinnen in der ersten und zweiten Bundesliga" analysierte Lotzen die Fragebögen von insgesamt 202 Spielerinnen. Ein Ergebnis: 40 Prozent der Spielerinnen verdienen höchstens 500 Euro netto mit Fußball und Dreiviertel nicht mehr als 1.500 Euro. "Natürlich war mir bewusst, dass es einen großen Anteil von Spielerinnen aus der zweiten Liga gibt. Aber 500 Euro sind sehr, sehr wenig. Da kann ich mir vielleicht mein WG-Zimmer leisten und mehr nicht."
Die Forderung nach einem Mindestlohn für Fußballerinnen der ersten und zweiten Bundesliga von Nationalspielerin Lina Magull hält Lotzen für "keinen schlechten Gedanken. Wir haben gerade bei der EM gesehen, was für eine Begeisterung der Frauenfußball entfachen kann und wir wollen ja, dass Spielerinnen auch mit Begeisterung beim Fußball dabei bleiben."