Ein kleiner Hügel, mitten im Nichts, in der Nähe von Düsseldorf. Zwischen Pferdeweiden und Wäldern steht hier die Jugendherberge Ratingen. Nicht unbedingt der Ort an dem Jugendliche gerne ihre Osterferien verbringen, weit weg von Xbox, Kino, oder ihren Freunden.
Trotzdem sind sie hier: 18 Schüler, die meisten von ihnen 14 Jahre alt, opfern eine Woche ihrer Osterferien für ein Lerncamp: Sie kommen von ganz verschiedenen Schulen, haben aber eines gemeinsam: Die Versetzung im Sommer könnte schwierig werden.
Neugier wieder aktivieren
Durch die Lernferien soll sich das ändern. Darum stehen die Jugendlichen jetzt zusammen im Wald vor der Jugendherberge und üben - Bogenschießen.
Bogenschießen? Wie hilft das denn bei einem Defizit in Mathe oder Englisch? Johanna Teriete ist eine von drei Betreuern der Lernferien. Sie erklärt, was dahinter steckt.
"Viele kommen hierhin, weil sie Misserfolge gehabt haben. Wo Lernen keinen Spaß mehr macht. Zur Qual vielleicht geworden ist. Wir wollen, dass sie wieder Spaß am Lernen haben. Also dieses Ursprüngliche, Neugierige, wieder aktivieren."
Es geht also um mehr als fünf Tage am Stück unter Aufsicht Vokabeln zu lernen. Dazu hätte man die Jugendlichen vermutlich auch nie gewinnen können. Teilnehmerinnen wie Julia merkt man auch so die Skepsis noch an.
"Also der Tag gestern war in Ordnung, die Nacht war auch in Ordnung, und heute ist eigentlich auch ein guter Tag."
Lernen lernen
Der geht nach Bogenschießen jetzt mit dem Lernen von Zeit-Management weiter. "Lernen lernen" heißen diese Methoden. Es geht darum, ob man besser durch Lesen, oder Hören lernt, und was einen ablenkt. Die Methoden werden hier genauso ernst genommen wie das Lernen der Fächer selbst. Jennifer Brodesser gibt Nachhilfeunterricht in Mathe, Deutsch und Englisch.
"Wir gehen vor allem die Schwächen durch. In Englisch sind es vor allem die Zeiten, da haben sie alle Probleme. Wenn wir Arbeitsblätter machen, kann ich auch auf jeden Einzelnen eingehen."
Weit weg von Ablenkungen und mit ein bisschen Ferienlager-Stimmung soll das Erlernen von Lernstrategien und Nachhilfe in Hassfächern leichter fallen. Das scheint zu funktionieren. Tatsächlich ist etwa die Hälfte der Teilnehmer ohne Druck ihrer Eltern oder Lehrer dabei. Zum Beispiel Jonas. Der wurde in der Schule auf die Lernferien hingewiesen.
"Dann hab ich das so über die Zeit vergessen, dann hat mich mein Freund gefragt, ey, kommst du mit. Und da dachte ich, wenn ein Freund mitkommt, dann komm ich auch mit, und dann guck ich mal was daraus wird."
Für die Teilnahme wird nur die Beurteilung eines Lehrers benötigt. Die Kosten der Lerncamps werden vom Schulministerium übernommen.
Die Luxussituation, drei Betreuer, auf 18 Schüler bietet Möglichkeiten, die es in der Schule nicht gibt. Johanna Teriete ist Diplompädagogin. Wenn die anderen Betreuer Nachhilfe geben oder Lernmethoden erklären, führt sie Einzelgespräche mit den Jugendlichen.
"Ich glaub für viele ist es einfacher, mir bestimmte Sachen zu erzählen als Menschen mit denen sie sehr vertraut sind, weil mich sehen sie im Zweifelsfall danach nicht wieder. Manchmal auch einfach so abladen, einfach mal dass da einer ist der einen versteht, das können die einfach mal hierlassen, und dann ist manchmal auch gut."
Die eigenen Stärken kennenlernen
Die eigenen Stärken kennenlernen, den Spaß am Lernen wieder entdecken, Selbstvertrauen zurück gewinnen – das sind die Kernziele der Lernferien. Aber klappt am Ende auch das große Ziel? Die Versetzung?
Davon erfahren die Betreuer erstaunlich wenig. Dan Oertel kann nach sechs Jahren Lerncamp-Betreuung die Rückmeldungen an der Hand abzählen.
"2011, die haben jetzt Abitur gemacht, da hab ich Rückmeldung bekommen. Mit denen hab ich noch Kontakt über Facebook und die melden sich dann oder ich seh was da passiert. Man halt noch Kontakt. Aber weniger über die Schulen, leider."