Bis 1994 war der Paragraf 175 des deutschen Strafgesetzbuches in Kraft. Auf Grundlage dieses Paragrafen wurden Zehntausende homosexuelle Männer verurteilt, teils zu langen Gefängnisstrafen. Aber auch lesbische Frauen hatten starke Repressalien zu befürchten und haben es bis heute sehr schwer. Besonders dann, wenn Kinder bei einer Scheidung im Spiel sind.
Die Historikerin Kirsten Plötz hat im Rahmen einer Studie für das Institut für Zeitgeschichte und der Bundesstiftung Magnus Hirschfeld Fälle von lesbischen Müttern in Westdeutschland aufgearbeitet.
"In dem Moment, wo das Gericht wusste, dass die Mutter lesbisch leben will, war das Kind weg", erklärt Plötz. Allerdings gibt es nur wenig Statistiken und Quellen, auf die sich die Studie stützen kann. "Wir haben ein unglaubliches Quellenproblem." Viele Frauen hätten ihre Homosexualität verschwiegen, auch aus Angst. Denn bis 1977 war die Rechtslage eindeutig. "Wer ein lesbisches Verhältnis hat, hat eine schwere Eheverfehlung begangen."
Hetereosexuelle Werte
Die Frauen wurden vor Gericht "schuldig" geschieden, ihnen wurde das Sorgerecht entzogen und der Unterhalt gestrichen. Ab 1977 trat das Kindeswohl ein wenig mehr in den Vordergrund, dennoch waren Gerichte "eher an heterosexueller Weltordnung interessiert."
Sehr viele Gerichte, so die Historikerin, haben sehr konservative Vorstellungen durchgesetzt wie Männer und Frauen sich zu verhalten haben. "Diejenigen, die abgewichen sind, haben das zu spüren bekommen."
Strafe und Diskriminierung
Erst 1984 hat ein Gericht erstmals entschieden, dass die Bindung und die Versorgung des Kindes wichtig sind und das Kind bei einer offen lesbisch lebenden Mutter belassen. "Es gab eine Veränderung, aber sehr langsam." Generell galt sehr lange, sagt Kirsten Plötz: "Solange es unsichtbar blieb, hat die Gesellschaft es schulterzuckend hingenommen. Sichtbares lesbisches Leben wurde in verschiedenen Bereichen sehr abgestraft und auch versucht zu verhindern.
Die Selbstverständlichkeit mit der über Jahre hinweg lesbische Elternschaft ausgegrenzt und diskriminiert worden sei, so Plötz, wirke bis heute nach. Noch immer seien die rechtlichen Hürden für die Familienplanung beträchtlich. "Es gibt eine tiefe Gleichgültigkeit gegenüber Frauen, die miteinander leben und Familien gründen wollen."