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Lesen zum Dumpingpreis

Das E-Book muss sich die Frage nach seiner Existenzberechtigung nicht mehr stellen lassen. Doch was in Frankfurt im letzten Jahr euphorisch begrüßt wurde, wird heute als trojanisches Pferd kritisch beäugt. Der Vorsteher des Börsenvereins des deutschen Buchhandels, Gottfried Honnefelder, warnte denn auch vor der Gefahr illegaler Downloads und den Folgen für Verlage und Buchhandel.

Von Brigitte Neumann |
    Der durchschnittliche deutsche Leser gibt 60 Euro im Jahr für Bücher aus. Sony will allein für sein Lesegerät schon 300. Hinzu kommen dann noch die Gebühren für das, worum es eigentlich geht: das Buch.

    Der Kindle, ein dem Sony-Reader technisch überlegenes Lesegerät von Amazon, ist derzeit in Europa nicht käuflich. Warum? Es heißt, der Apparat, der eine eigene Internetverbindung braucht, müsse erst noch an europäische Standards angepasst werden.

    Aber braucht man tatsächlich ein derart teures Gerät - nur zum Lesen? Ist nicht das iPhone beispielsweise, auf das man drahtlos Bücher laden kann plus zig andere Funktionen, viel praktischer?

    Wie auch immer die Gerätefrage schließlich ausgeht, die Buchbranche sorgt sich, dass dem digitalisierten Buch ein ähnliches Schicksal blüht, wie den Musikdateien im Netz. Wegen massenhafter Raubkopien gehen die Umsätze der Labels seit Jahren dramatisch zurück. Allein 2008 sind 40 Millionen Songs kostenlos aber illegal heruntergeladen worden. Diese Gefahr im Visier, versucht der Schweizer Literaturagent Peter S. Fritz seine Autoren vor Amazon und Sony in Sicherheit zu bringen.

    "Das sind zwei riesige Unternehmen und die versuchen jetzt, den Markt zu besetzen. Und die wollen Marktanteile. Die Sache ist, dass Amazon und Sony von den Verlagen Geheimhaltungserklärungen verlangen und versuchen, Geschäftsmodelle aufzudrücken, die natürlich uns zugetragen werden. Die elektronischen Firmen möchten viel höhere Rabatte haben und dem Verleger viel weniger zugestehen."

    Und das bedeutet gleichfalls weniger Geld für den Autor.

    Auch Fritzens Kollegin Sabine Pfannenstiel von Andrew Nurnburg in London, einer der größten Subagenturen weltweit, ist alarmiert.

    "Ja, ja. Da sind wir sehr stark natürlich hinterher, dass ein E-Book denselben Ladenpreis hat wie ein gebundenes Buch, dass die Honorare dem angeglichen werden. Und dass das ganz stark befristet wird. Also dass so ein Download auch nicht unbefristet für die nächsten 100 Jahre zur Verfügung steht, sondern dass man da versucht, wirklich vertraglich Grenzen zu setzen."
    Verleger und Autoren hoffen nun darauf, dass der Gesetzgeber die Buchpreisbindung und den ermäßigten Mehrwertsteuersatz vom Buch auch auf das E-Book ausdehnen wird, so dass nicht zweierlei Recht für Buch und E-Book gilt.

    Wie aber wird der stationäre Buchhandel den Einstieg in die digitale Zukunft überstehen? Zwar steigt nun erst einmal die mit 450 Filialen größte Kette Thalia als Vertriebspartner von Sony groß in den E-Book-Verkauf ein. Aber lukrativ ist das nicht: Nur sieben Prozent des Verkaufserlöses gehen an Thalia. Auch Libreka, die Plattform des Börsenvereins des deutschen Buchhandels, dürfte die Aussichten der Sortimenter nicht verbessern.

    Der Leser, der Interesse an einem der 100.000 angebotenen deutschen Titel hat, muss zum Kauf der Datei entweder auf die Website seiner Buchhandlung oder auf die des entsprechenden Verlags. Zehn Prozent vom Gesamtpreis erhält der Buchhändler dafür von seiner Branchenplattform. An einem körperlichen Buch verdient er um die 50 Prozent. Ein Buchhändler kommentierte die Entwicklung im Börsenblatt online mit dem Satz: "Und so werden wir eiskalt zur Schlachtbank geführt."