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Leserbindung
Eine Radtour mit dem Chefredakteur

Seit mehreren Jahren gibt der Berliner "Tagesspiegel" einen täglichen Newsletter heraus. Aber es bleibt nicht beim Lesen allein: Inzwischen wird gemeinsam mit den Redakteuren geradelt, gejoggt oder ins Umland gereist.

Von Vera Linß |
"Tagesspiegel"-Chefredakteur Lorenz Maroldt und sein Team vor dem Start einer Fahrradtour mit ihren Leserinnen und Lesern
Lorenz Maroldt und sein "Tagesspiegel"-Team radeln gemeinsam mit Leserinnen und Lesern (Vera Linß / Deutschlandfunk)
"So, schönen guten Morgen zusammen. Ich freu mich sehr, dass Ihr alle gekommen seid. Ich hoffe, jeder hat ein bisschen was zu trinken dabei. Wir haben ja gesagt, es gibt zwei Runden. Also eine, die ist ungefähr 75 Kilometer lang, die endet dann am Askanischen Platz beim Tagesspiegel. Wer es ein bisschen abkürzen will, ab Wannsee kann natürlich auch an der AVUS entlang. Jeder halt so wie er meint, Kraft zu haben", sagt Lorenz Maroldt.
Der Chefredakteur des "Tagesspiegel" ist in seinem Element. Es ist Sonntag, der 1. September, kurz nach neun Uhr, als Maroldt am Brandenburger Tor das jüngste Checkpoint-Baby zum Leben erweckt.
An diesem Morgen startet zum ersten Mal die Radgruppe des "Tagesspiegel"-Newsletters. Etwa 50 Leserinnen sind gekommen. Ihre Motivation zu allererst: Spaß am gemeinsamen Tun. "Ich bin Abonnent dieser Lesereihe und hab dann den Aufruf gehört, dass man heute eine schöne Tour mitmachen kann beim schönen Wetter und dachte, ja, da machst du mit. Vielleicht lernt man dabei auch andere Leser kennen vom Checkpoint und wer weiß, was sich da noch ergibt." "Wie finden Sie denn diese Community-Idee?" Ja ich glaube, das ist ein Trend dieser heutigen Zeit, dass man aus solchen Dingen dann so eine Community bilden kann. Da ist ja eine Gemeinsamkeit da, weil man ja diesen Checkpoint liest, da hat man schon ein gewisses Mindsetting und warum soll man nicht darüber hinaus auch was anderes miteinander machen?"
Direkter Kontakt zu den Leserinnen und Lesern
Genau das waren auch die Gedanken von Tagesspiegel-Chefredakteur Lorenz Maroldt. Denn der Erfinder des Checkpoints hatte schnell gemerkt: Die Reaktionen auf seinen morgendlichen Newsletter waren ganz andere, als er es bisher aus seiner Arbeit kannte. "Als ich vor knapp fünf Jahren inzwischen angefangen habe, habe ich festgestellt, dass wenig, was ich bisher journalistisch gemacht hatte, so eine Interaktion ausgelöst hat. Weil die Menschen sofort reagiert haben, zurückgemailt haben, Ideen geschickt haben. Und wir haben relativ schnell Leserinnen und Leser eingeladen zu Veranstaltungen. Wir haben beispielsweise nach 1000 Tagen Nichteröffnung des Flughafens BER vereinbart, dass wir dort Leserinnen und Leser hinführen konnten, eine Tour gemacht haben. Ja und so ist das immer gewachsen."
Bereits seit Mitte Januar hat der Checkpoint eine Laufgruppe. Wie alle anderen Projekte: Ergebnis einer spontanen Idee, sagt Maroldt. "Ich saß also Donnerstagnachmittag da und habe gedacht, eigentlich müssten wir mal wieder was Neues machen. Und dann habe ich gesagt, ach komm, dann schreib ich morgen mal rein in die Freitagsausgabe, samstags die große Checkpoint-Laufgruppe trifft sich und Freitagnachmittag hatten wir 150 Anmeldungen. Und am nächsten Morgen um neun Uhr kucke ich aus dem Fenster und es ist null Grad und Nieselregen und es ist ganz schrecklich grau. Und wir haben schon gedacht: Mann, Mann, Mann, das geht ganz schief, sind trotzdem da hingefahren zum Tempelhofer Feld, haben unseren Stand aufgebaut und eine Vierteilstunde später war das Feld voll."
Mit der Tageszeitung durch die Stadt
Das gemeinsame Laufen ist inzwischen eine Institution. Gejoggt wird an verschiedenen Orten der Stadt. Vorschläge dafür kommen auch aus der Community. Rund 40 Männer und Frauen sind jedes Mal dabei. Hin und wieder – wie an diesem Donnerstagabend Ende August – gibt es Spezialveranstaltungen, wo sich auch Teilnehmer einbringen können.
Checkpoint-Leser Björn Hesse schwärmt. "Das Tolle ist ja, dass der Tagesspiegel zusätzlich zu den Läufen auch so genannte Run-Talks veranstaltet, also beispielsweise war auch Uta Pippig schon mal hier und das fand ich so als Anlass einfach mal auf den Felix zuzugehen, den ich ja über die Läufe kennen gelernt hatte und anzubieten, dass wir hier eine Lauftechnik vorstellen. Und da fand ich es super, dass wir hier heute die Möglichkeit haben, das Ganze zu präsentieren."
Nach einer halben Stunde Talk geht es dann los mit dem Joggen – angeführt von Felix Hackenbruch, dem Volontär, der einmal in der Woche den Lauf organisiert, neue Strecken ausfindig macht und beim Getränkesponsor die Getränke holt.Geht es nach Chefredakteur Lorenz Maroldt, soll es immer neue Angebote für die Community geben. Als nächstes ist eine Kino-Gruppe geplant.
"Wir müssen auch sehen, dass wir wachsen"
Zwei Redakteurinnen kümmern sich inzwischen hauptamtlich um den Checkpoint. Alle anderen Mitstreiter haben – wie Maroldt selbst – noch einen anderen Haupt-Job. "Natürlich ist das nichts, was man ewig so treiben kann. Das heißt, wir müssen auch sehen, dass wir wachsen, dass wir mehr Leute werden. Aber je mehr wir machen, desto besser läuft das und insofern entwickelt sich wie so ein Startup die Marke Checkpoint immer weiter."
Und sie bringt auch Leser, die bereit sind zu zahlen. Seit Mai ist der Checkpoint-Newsletter kostenpflichtig, nur noch eine Light-Version gibt es für umsonst. Knapp 10.000 zahlende Abonnenten konnten seitdem gewonnen werden. Und auch in die Marke Tagesspiegel zahlt der Checkpoint ein. Entgegen dem Trend wächst die Gesamtauflage stetig.