"Was im vergangenen Jahr halt die neue Qualität war, das wir nach dem 26. August hier in Chemnitz das Gefühl hatten, es ist im Moment niemand da, der so ein bisschen die Fäden in die Hand nehmen kann und so einen Dialog gestalten, wo sich die Mitte zusammenfinden kann, wo sie sich austauschen kann."
Es war eine schwierige Zeit Ende August 2018 in und für Chemnitz. Nach der Tötung eines Mannes auf dem Stadtfest gab es wochenlang rechtsextreme Demonstrationen. Es kam zu rassistisch motivierten Übergriffen. Und scheinbar bürgerliche Chemnitzerinnen und Chemnitzer fanden nichts dabei, auf Demonstrationen mitzulaufen, auf denen der Hitlergruß gezeigt wird. Eine Herausforderung auch für die "Freie Presse" von Chefredakteur Thorsten Kleditzsch.
"Und da haben wir gesagt, dann müssen wir hier mit einer anderen Aktivität auch in den Ring gehen, die reine Beobachterrolle verlassen und haben uns dann in einer sehr schwierigen Zeit angeboten, die Plattform zu sein, auf der sich die Stadt ein Stück weit austauschen kann."
Es war eine schwierige Zeit Ende August 2018 in und für Chemnitz. Nach der Tötung eines Mannes auf dem Stadtfest gab es wochenlang rechtsextreme Demonstrationen. Es kam zu rassistisch motivierten Übergriffen. Und scheinbar bürgerliche Chemnitzerinnen und Chemnitzer fanden nichts dabei, auf Demonstrationen mitzulaufen, auf denen der Hitlergruß gezeigt wird. Eine Herausforderung auch für die "Freie Presse" von Chefredakteur Thorsten Kleditzsch.
"Und da haben wir gesagt, dann müssen wir hier mit einer anderen Aktivität auch in den Ring gehen, die reine Beobachterrolle verlassen und haben uns dann in einer sehr schwierigen Zeit angeboten, die Plattform zu sein, auf der sich die Stadt ein Stück weit austauschen kann."
"Es gab außer Krawall etwas anderes"
Die "Freie Presse" veranstaltet Leserdialoge, Foren, in denen sich die Menschen begegnen können. Los geht es Anfang Oktober, also keine zwei Monate nach dem Stadtfest und dem Beginn der Demonstrationen.
"Zunächst war das erste Ergebnis: Es gab außer Krawall etwas anderes. Etwas, wo sich Menschen auch mit unterschiedlichster Auffassung in einer vernünftigen Art und Weise austauschen konnten. Alleine, dass es diesen Austausch in der damaligen Situation - das war ja schon sehr angespannt - August, September, Oktober vergangenen Jahres, dass es überhaupt, in einer vernünftigen Art und Weise gab."
"Zunächst war das erste Ergebnis: Es gab außer Krawall etwas anderes. Etwas, wo sich Menschen auch mit unterschiedlichster Auffassung in einer vernünftigen Art und Weise austauschen konnten. Alleine, dass es diesen Austausch in der damaligen Situation - das war ja schon sehr angespannt - August, September, Oktober vergangenen Jahres, dass es überhaupt, in einer vernünftigen Art und Weise gab."
Die "Freie Presse" ermöglichte nicht nur Dialog, sie verarbeitet ihn auch. Themen, die Leserinnen und Leser angesprochen waren, kommen vermehrt ins Blatt, etwa das Sicherheitsgefühl oder die Verkehrssituation. Mit einer positiven Auswirkung, ist sich Chefredakteur Kleditzsch sicher.
"Einbindung ist ganz wichtig. Auch dort, wenn ich die Menschen dabei habe, ein Stück weit mitzubestimmen - zwar über die Inhalte der Zeitung, in dem ich dort selber Akzente setze auf so einer Veranstaltung und damit auch über die Entwicklung in meiner Stadt, dann ist das natürlich im besten Sinne Beziehungspflege."
Verhärtete Fronten
Nah am Leser will man sein bei der "Freien Presse" in Chemnitz – und lädt die Leserinnen und Leser ein in die Redaktion. Auch Kritiker - solche, die man noch zu erreichen glaubt.
"Da haben wir hier in diesem Raum, wo wir jetzt sitzen, viele Gespräch geführt. Das eine hat sich mehr gelohnt als das andere. Und in der Beobachtung würde ich sagen, ist es heute fast schwieriger geworden als es damals noch war. Auch wenn es damals sehr aufgeregt war, ist es uns eigentlich meistens gelungen, noch Gespräche zu führen, wo ich am Ende gesagt habe: Ja, da weiß der eine von dem anderen jetzt mehr als vorher. In letzter Zeit ist es dann schon häufiger passiert, dass ich am Ende nicht das Gefühl hatte, dass man jetzt sehr viel weiter gekommen ist, sondern es wirkt irgendwie verhärteter noch die Fronten."
"Da haben wir hier in diesem Raum, wo wir jetzt sitzen, viele Gespräch geführt. Das eine hat sich mehr gelohnt als das andere. Und in der Beobachtung würde ich sagen, ist es heute fast schwieriger geworden als es damals noch war. Auch wenn es damals sehr aufgeregt war, ist es uns eigentlich meistens gelungen, noch Gespräche zu führen, wo ich am Ende gesagt habe: Ja, da weiß der eine von dem anderen jetzt mehr als vorher. In letzter Zeit ist es dann schon häufiger passiert, dass ich am Ende nicht das Gefühl hatte, dass man jetzt sehr viel weiter gekommen ist, sondern es wirkt irgendwie verhärteter noch die Fronten."
Größte Leserdiskussion mit Angela Merkel
Leser: "Meine konkrete Frage an Sie: Wie haben sie diese mediale Berichterstattung, oder die Zerfetzung von Chemnitz empfunden?
Dabei schien die größte Leserdiskussion der "Freien Presse" mit Angela Merkel eine Art Abschluss gewesen zu sein. Merkel stellte sich im November den Fragen der Leserinnen und Leser.
Merkel: "Die Bilder waren zum Teil natürlich schrecklich, aber jetzt kommt wieder der Punkt. Sie, so wie Sie hier vorne doch stehen, Sie müssen sich doch diesen Schuh auch nicht anziehen. Ich habe in den Tagen danach auch oft mit Kollegen aus der sächsischen Landesgruppe gesprochen. Und dann wurde immer so getan, als wenn Sie das auf sich persönlich beziehen. Das sagt doch niemand."
Leser: "Wissen Sie, wie oft…"
Merkel: "So als wären... Und damit verstärkt man doch so was noch, dadurch dass man so etwas annimmt. Sie sind andere Chemnitzer. Punkt, Ende."
Dabei schien die größte Leserdiskussion der "Freien Presse" mit Angela Merkel eine Art Abschluss gewesen zu sein. Merkel stellte sich im November den Fragen der Leserinnen und Leser.
Merkel: "Die Bilder waren zum Teil natürlich schrecklich, aber jetzt kommt wieder der Punkt. Sie, so wie Sie hier vorne doch stehen, Sie müssen sich doch diesen Schuh auch nicht anziehen. Ich habe in den Tagen danach auch oft mit Kollegen aus der sächsischen Landesgruppe gesprochen. Und dann wurde immer so getan, als wenn Sie das auf sich persönlich beziehen. Das sagt doch niemand."
Leser: "Wissen Sie, wie oft…"
Merkel: "So als wären... Und damit verstärkt man doch so was noch, dadurch dass man so etwas annimmt. Sie sind andere Chemnitzer. Punkt, Ende."
"Nicht jede Kritik aus der Luft gegriffen"
Wohin entwickelt sich die Stadt? Die Frage drängt kurz vor dem Jahrestag der Tötung und der rechtsextremen Ausschreitungen wieder in die bundesweite Presse. Auch, weil ein Urteil im Prozess gegen einen Tatverdächtigen schon diese Woche fallen könnte - früher als erwartet. All das ist natürlich auch Thema bei der "Freien Presse", wo man im Hintergrund immer noch dabei ist, Informationen und Eindrücke aus den Leserdiskussionen zu verarbeiten.
"Wir haben nach dem Sommer vergangenen Jahres in einer kleinen Arbeitsgruppe systematisiert, welche Erfahrungen wir aus dem Sommer 2018 gemacht haben, was wir daraus systematisch ableiten können für die künftige Arbeit. Dieser Prozess ist noch nicht abgeschlossen. Natürlich hat auch für uns Relotius reingespielt, das gehört da alles mit dazu, um da unsere journalistischen Antworten zu geben, darauf, dass auch Inhalt sich weiter entwickeln muss. Und nicht jede Kritik an den Medien war aus der Luft gegriffen, das wissen wir."
"Wir haben nach dem Sommer vergangenen Jahres in einer kleinen Arbeitsgruppe systematisiert, welche Erfahrungen wir aus dem Sommer 2018 gemacht haben, was wir daraus systematisch ableiten können für die künftige Arbeit. Dieser Prozess ist noch nicht abgeschlossen. Natürlich hat auch für uns Relotius reingespielt, das gehört da alles mit dazu, um da unsere journalistischen Antworten zu geben, darauf, dass auch Inhalt sich weiter entwickeln muss. Und nicht jede Kritik an den Medien war aus der Luft gegriffen, das wissen wir."