Es sind Bilder, die Lettland Sorge bereiten.
Im Internet machen seit Kurzem Videos die Runde, von Männern in Militärmontur. Sie sprechen russisch, sagen, sie kämen aus Lettland und seien freiwillig zum Kämpfen in die Ukraine gereist. Der lettische Sicherheitsdienst hält die Filme für echt, beobachtet diese Männer angeblich schon seit Längerem:
"Ich bin hier her gekommen", sagt dieser Mann im Video, "um die russische Welt zu verteidigen. Wenn wir hier in der Ukraine verlieren, dann wird man in Lettland damit beginnen, Druck auf die Russen zu machen. Die Ukraine ist Lettlands Spiegelbild: Auch da wurden die Russen beschimpft."
Bei solchen Worten wird vielen Letten ganz anders. Von Lettlands Einwohnern sind knapp 30 Prozent Russen, und was wäre, das fragen sich viele, wenn auch hier im Baltikum, in den ehemaligen Sowjet-Staaten, sich die Stimmung aufschaukeln würde?
So kommentiert Ojars Skudra, Experte für politische Kommunikation im lettischen Fernsehen die Soldaten-Filme:
"Das entspricht ganz Putins Strategie. Sein Grundprinzip ist zu sagen, es seien Freiwillige, die da kämpfen". Ich denke, wir sehen hier erste Vorboten dessen, was uns auch in Lettland erwarten könnte."
Wenn also heute der US-amerikanische Präsident Obama mit den Staatsoberhäuptern des Baltikums zusammenkommt, dann werden die Balten ganz genau hinhören, wie es künftig um ihre Sicherheit bestellt sein soll. Jüri Luik, estnischer Botschafter in Moskau, sagte, Obama müsse vor allem die Loyalität der NATO beschwören.
"Es ist ja keine Frage, dass Artikel 5 gilt - es handelt sich ja um ein gültiges Rechtsdokument. Aber es ist sehr wichtig, dass das Staatsoberhaupt dieser Supermacht es gerade hier in Tallinn noch einmal symbolisch wiederholt."
Obama: Spagat zwischen Sicherheitsbedürfnis und Vertragsbruch
Ein Wunsch der Balten also: Verlässlichkeit. Und Hilfe der NATO würden die drei Ostsee-Staaten im Ernstfall tatsächlich dringend benötigen: Ihr eigenes Militär hätte dem Koloss Russland kaum etwas entgegenzusetzen.
Der estnische Präsident Toomas Hendrik Ilves fordert schon seit Monaten ständige NATO-Stützpunkte in seinem Land. Auch die litauische Präsidentin Dalia Grybauskaite ist bekannt für ihren scharfen Ton gegenüber Russland. Am Wochenende sagte sie angesichts der Zuspitzung in der Ukraine, Russland sei praktisch im Krieg mit Europa. Sie deutete an, dass sie sich vom NATO-Gipfel militärische Maßnahmen erhoffe.
"Es reicht! Wir sollten aufhören, uns selbst zu belügen und uns Putins Lügen anzuhören."
Doch feste NATO-Truppen an der Ostflanke des Bündnisses sind in der NATO-Russland-Grundakte nicht vorgesehen.
Und so könnte, sagt der ehemalige Oberbefehlshaber der estnischen Streitkräfte Ants Laaneots, verstärkte Logistik eine Alternative sein:
"Es könnten Materiallager in den baltischen Staaten eingerichtet werden - das würde den Einsatz von NATO-Truppen in einer Krisensituation um einiges beschleunigen und erleichtern."
Es ist ein Spagat, den Präsident Obama in Estland machen muss - Provokation und Vertragsbruch vermeiden, und auf der anderen Seite dem Sicherheitsbedürfnis der Balten nachkommen. Die Menschen in Estland, Lettland und Litauen wollen heute hören, dass man sie im Ernstfall nicht im Stich lassen würde.