Diese Geste spricht Bände: Litauens Präsidentin Dalia Grybauskaite verzichtet auf die sonst übliche diplomatische Zurückhaltung und findet ungewöhnlich starke Worte zu Russlands Verhalten im Ukraine-Konflikt. "Ich sehe das nicht nur als Gefahr für die Ukraine, sondern für die ganze internationale Gemeinschaft", sagt Grybauskaite. "Hier wird mit brutaler Gewalt versucht, die europäische Landkarte neu zu zeichnen und die Nachkriegsarchitektur Europas zu unterhöhlen."
Wenn also von "ganz oben" offen vor Russland gewarnt wird, dann macht das die Menschen unsicher - und zwar überall im Baltikum. Vidmantas aus Litauen ist 67 Jahre halt und hat einen fünfjährigen Enkels.
"Wir haben Angst, aber ich denke, dass die NATO uns schützen wird. Wir haben nicht so viel Geld, um uns selbst zu verteidigen. Wir können uns nicht so viele Panzer leisten wie Russland. Und so fürchten wir dann schon, dass etwas passiert. Es ist keine große Angst, aber sie ist da. Sehen Sie, wir Alten haben unser Leben gelebt, aber unsere Enkel, die haben es noch vor sich."
Dabei steht Lettland im Zentrum der Bedrohung: Es gibt eine starke pro-russische Minderheit im Land. Und dann die Wirtschaft: Lettlands Gasversorgung läuft zu 100 Prozent über Russland, es gibt sehr enge Handelsbeziehungen.
EU-Sanktionen treffen Balten hart
Deshalb haben die EU-Sanktionen und entsprechende russische Gegenmaßnahmen hier im Baltikum die wohl größten negativen Auswirkungen. Die lettische Regierung warnte vor Einbußen in Höhe von mehreren Hundert Millionen Euro – und setzt ganz auf den Westen. Da wird man nicht unglücklich gewesen sein, dass im Vorfeld des Besuches der deutschen Kanzlerin mehr als 30 Intellektuelle und Künstler in einem offenen Brief mehr NATO-Präsenz in ganz Osteuropa gefordert hatten, natürlich auch im eigenen Land.
Deshalb haben die EU-Sanktionen und entsprechende russische Gegenmaßnahmen hier im Baltikum die wohl größten negativen Auswirkungen. Die lettische Regierung warnte vor Einbußen in Höhe von mehreren Hundert Millionen Euro – und setzt ganz auf den Westen. Da wird man nicht unglücklich gewesen sein, dass im Vorfeld des Besuches der deutschen Kanzlerin mehr als 30 Intellektuelle und Künstler in einem offenen Brief mehr NATO-Präsenz in ganz Osteuropa gefordert hatten, natürlich auch im eigenen Land.
Noch am Wochenende hatte sich Lettlands Verteidigungsminister Raimonds Vejonis dazu geäußert.
"Natürlich, eine der Fragen beim Merkel-Besuch wird die ständige NATO-Präsenz in der Region sein. Da hat sich Deutschlands Position in letzter Zeit verändert. Nach dem Abschuss des malaysischen Passagierjets haben diejenigen Länder in Europa, die zuvor eher vorsichtig waren, ihre Haltung überdacht und sind nun anscheinend bereit, viel mutigere Entscheidungen zu treffen."
Russisch-stämmige Minderheit nicht in die Arme Putins treiben
Von diesem Monat an gibt es allein in Lettland bis in den Oktober hinein fünf unterschiedliche große Militärmanöver, an denen sich Soldaten aus bis zu zehn NATO-Staaten beteiligen. Ein Signal, das die Mehrheit der Letten - und darüber hinaus aller Balten - mit Sicherheit begrüßt. Auch wenn das, vor allem in Lettland, die Konflikte mit den jeweiligen russischstämmigen Minderheiten ernster werden lässt.
Es gibt Stimmen im Land, die warnen davor, diese Gruppe geradezu in Putins Arme zu treiben. Ihr Weltbild sei ohnehin schon von russischen Medien und der entsprechenden anti-westlichen Propaganda geprägt. Nun würden sie noch mehr zu einer Gefahr für den inneren Frieden. Aber das erscheint vielen zurzeit als das deutlich kleinere Übel, sie sorgen sich um den äußeren Frieden, so wie die 70-jährige Aldona: "Natürlich haben wir Angst", sagt sie, "was denn sonst. Wir fürchten uns vor nichts mehr als vor Unruhen – und vor Krieg."