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Lettland
Riga wehrt sich gegen russische TV-Propaganda

Der lettische nationale Rat für die elektronischen Medien hat den russischen Sender "RTR Rossija" verboten. Der Sender verbreite Kriegspropaganda, so die Begründung. Andere russische Medien in Lettland lehnen die Entscheidung ab und fürchten nun auch um ihre Existenz.

Von Jutta Schwengsbier und Toms Ancitis |
    Moskauer Vorstadt mit Stalin-Bau, so genannte Stalins Geburtstagstorte "Akademie der Wissenschaften" in Riga, am 11.1.2014.
    Lettlands Hauptstadt Riga. Über ein Drittel der lettischen Bevölkerung sind Russen. (dpa / ecomedia / Robert B. Fishman)
    "In weniger als 24 Stunden wissen wir die Antwort auf die Frage, ob die Krim wieder Teil der Heimat, ein Teil Russlands wird. Der Westen spricht von Annexion. Wir - von Wiedervereinigung. Durch die Sendung führt sie Dmitrij Kiselow. Gleich mehr zu diesem Thema."
    Mit diesem Worten leitete Dmitrij Kiseljov, der als Chef-Propagandist des Kremls gilt, im russischen Staatsfernsehen "Rossija RTR" am Tag des Krim-Referendums im März seine Sendung ein. Jeden Sonntag kommentiert er in seiner Fernsehsendung "Vesti nedeli" die politische Ereignisse. Nicht nur in Russland, auch in Lettland, wo über ein Drittel der Bevölkerung Russen sind, ist seine Sendung sehr beliebt. Auch die Ukraine kommentiert Kiseljov völlig anders als das lettische öffentlich-rechtliche Fernsehen oder die westliche Medien.
    "Nationalismus ist immer zerstörend - das ist Regel. Das war früher in Deutschland so, das galt in vielen anderen Ländern, einschließlich die Sowjetunion. Heute ist es in der Ukraine so. Niemand in Kiew oder in Lwiev muss sich über die amerikanische Hilfe freuen. Wo immer sich die USA einmischen, zerfällt der Staat. Die USA reden über Nationalismus. Doch tatsächlich interessiert die USA keine ukrainische Sprache, keine Ukraine als Staat. Die USA brauchen das Territorium der Ukraine als strategischen Brückenkopf gegen Russland."
    "Hass- und Kriegspropaganda - das ist nicht akzeptabel"
    Solche pro-russischen Kommentare von Dmitrij Kiseljov sind inzwischen in Lettland nicht mehr zu hören. Der lettische nationale Rat für die elektronischen Medien hat den Sender "RTR Rossija" verboten. Ivars Zviedris, Mitglied des lettischen Medienrates, begründet das so.
    "Gerade die von Dmitrij Kiseljov geleitete Sendung "Vesti nedeli" war einer der Hauptgründe unserer Entscheidung. Unserer Meinung nach war es Hass- und Kriegspropaganda. Das ist nicht akzeptabel."
    Wer den ganzen Tag im Fernsehen höre, die Ukrainer seien Faschisten, glaube es irgendwann, ist Zviedris überzeugt. Das sei Volksverhetzung. Dem widerspricht Natalija Vasiljeva. Die Nachrichtenchefin des russischsprachigen Fernsehkanals "Pervij Baltiskij" lehnt die Entscheidung des Medienrates grundsätzlich ab.
    "Das ist Zensur. Punkt. Die Leute rufen nun auch uns an und beklagen sich über diese Entscheidung. Sie sind verärgert, weil ihnen die Möglichkeit genommen wurde, ihre Lieblingssendungen zu schauen. Nun suchen sie andere Informationsquellen."
    "Dürfen wir bald auch nicht mehr über Syrien berichten?"
    Das russische Staatsfernsehen "RTR Rossija" bietet nicht nur Nachrichten an, sondern auch viele Unterhaltungssendungen. Da Russlands Fernsehkanäle über mehr Geld als die lettischen verfügen, ist die Qualität der dort ausgestrahlten TV-Shows oder Filme deutlich besser. Außerdem könne der Medienrat selbst nicht erklären, was genau "Kriegspropaganda" sei, sagt Natalija Vasiljeva.
    "Vielleicht dürfen wir bald auch nicht mehr über Syrien berichten, weil das auch Kriegs-Propaganda ist? Wie darf ich nun über Afghanistan und die Terrorangriffe dort sprechen?"
    Das Problem für Natalija Valiljeva: Auch ihr Fernsehkanal "Pervij Baltiskij", der in allen drei baltischen Ländern ausgestrahlt wird, besteht zu 80 Prozent aus Wiederholungen von Russlands Fernsehkanälen. Niemand in Lettland kann oder will der Journalistin sagen, was am russischen Programm verboten ist und was nicht. Deshalb fürchtet sie, dass bald vielleicht auch ihr Programm verboten wird.