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Letzte Ausfahrt Bologna

Drei wesentliche Forderungen liegen auf dem Tisch der Kultusminister: Sie mögen die Arbeitsbelastung der Lernenden aber auch der Lehrenden reduzieren, die Zulassung zum Master transparenter regeln und die Mobilität erleichtern.

Von Jacqueline Boysen |
    Vor allem aber müssten die Studenten sich darauf verlassen können, dass die KMK sich ihrer Belange annimmt, so Jan Hendrik Olbertz, parteiloser Kultusminister aus Sachsen-Anhalt:

    "Wir müssen uns einfach am Riemen reißen, was den Umsetzungsprozess betrifft, das heißt vor allem, dass die Studierenden auch zur Ruhe kommen und zu selbstbestimmter Arbeit."

    Olbertz plädiert unter anderem dafür, die Prüfungshäufigkeit zu reduzieren. Zur Behebung der finanziellen Nöte der Hochschulen in Deutschland sieht Olbertz zwar auch den Bund in der Pflicht – eine formale Aufhebung des sogenannten Kooperationsverbots im Grundgesetz aber hält er nicht für notwendig.

    "Das sind Gemeinschaftsaufgaben, von denen wir hier reden. Also ich bin für gute Kooperationen, für den respektvollen Umgang von Bund und Ländern und natürlich auch dafür, dass wir Kräfte bündeln. Die einzelnen Länder schaffen es gar nicht alleine, gleichzeitig driften sie immer mehr auseinander. Also es ist eine länderübergreifende Gestaltungsaufgabe und da würde ich auch die Qualitätsfragen der akademischen Lehre einbeziehen."

    Der Bund sei – auch ohne Grundgesetzänderung - in der Pflicht, wenn es den Kultusministern der Länder nun nicht gelingt, die in Bologna versprochene Durchlässigkeit, eine freie Studienortswahl und eine sinnvolle Benotung durchzusetzen, warnt Andreas Keller. Der Vertreter der GEW sieht die letzte Chance der KMK gekommen:

    "Wenn sie es nicht kann, dann hat der Bund die Möglichkeit, durch eine Gesetzgebungskompetenz Hochschulabschlüsse und den Zugang insbesondere zum Master-Studium zu regeln. Diese Gesetzgebungskompetenz gibt es auch nach der Föderalismusreform und die müsste der Bund nutzen, wenn jetzt KMK und Hochschulen versagen."

    Gerade Defizite bei der Zulassung zum Master oder auch überhöhte Prüfungsanforderungen können jedoch die Hochschulen autonom beheben und entschärfen, rät Karl Schweizerhof, Professor am Karlsruher Institut für Technologie. Für das Präsidium des Allgemeinen Fakultätentages verwahrte er sich gegen eine neue Regelungsflut: Statt der momentanen Vereinheitlichung aller Vorgaben fordert Schweizerhof, jede Fachrichtung in ihren spezifischen Anforderungen zu sehen:

    "Da braucht man kein 'Ordre de Mufti', sondern da müsste die Institution einfach sagen, sie haben soundsoviel Prüfungsleistung. Das kann zum Beispiel die Hochschule selbst oder die Fakultäten, wir brauchen da keine ministeriellen Befehle, das ist viel zu weit weg und viel zu global."

    Ganz soviel Autonomie will Achim Meyer auf der Heyde, Generalsekretär des Deutschen Studentenwerkes den Hochschulen allerdings nicht zubilligen: Insbesondere bei der Zulassung zum Master beklagt er ein Praxis, die internationalen Gepflogenheiten – und damit der ursprünglichen Absicht von Bologna – widerspräche:

    "Ich denke, das die Hochschulen sehr stark in der Pflicht sind, in den Fachbereichen die Studienordnung zu überarbeiten. Allerdings auch die Länder, denn sie haben oft Vorgaben gemacht, die die Hochschulen in die Situation gebracht haben, dass sie nicht die entsprechenden Kapazitäten vorhalten können. Also heißt das auch, dass die Betreuungsrelationen verbessert werden müssen und dazu bedarf es einer besseren Ausstattung der Hochschulen und mehr Geld."

    Endlich konkrete Verbesserungen fordert auch die Brand-Stu-Ve, die brandenburger Studierendenvertretung. Katja Klebig, Soziologiestudentin im elften Semester, erwartet von den Kultusministern vor allem eine Entzerrung der Prüfungszeiträume:

    "Weil so, wie das Bachelorstudium jetzt ist, kann man entweder einen Bachelor machen und hat dann nicht gelebt, oder man lebt und schafft dann den Bachelor nicht. Und das ist eine Diskrepanz, die nicht weiter bestehen kann."
    Die Abschaffung landesspezifischer Strukturvorgaben und vor allem endlich ein rasches Handeln erwartet auch Anja Gadow vom Freiwilligen Zusammenschluss der Studentinnenschaften fzs:

    "Wir haben alle keine Lust mehr auf das Schwarze-Peter-Spiel, dass das alles nur hin- und hergeschoben wird."