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Letzte Etappe

Die 98. Auflage der Tour de France ist die vorläufig letzte, die ARD und ZDF live übertragen. Die öffentlich-rechtlichen Sender reagieren damit auf die zahlreichen Dopingskandale beim Radsport-Klassiker.

Von Heinz Peter Kreuzer |
    Mit Jan Ullrichs Triumphfahrt bei der Tour de France 1997 begann die Blütezeit der Radsportberichterstattung im öffentlich-rechtlichen Fernsehen. Ein Jahr später stieg nach der ARD auch das Zweite ein. ZDF-Tourchef Peter Kaadtmann räumt ein, dass das Jahr der Festina-Affäre kein Wunschstart gewesen sei. Aber am 24. Juli wird das Live-Kapitel Tour de France für die öffentlich-rechtlichen Sender vorläufig vorbei sein. ARD-Sportkoordinator Axel Balkausky begründet den Schritt.

    "Wir haben festgestellt, dass auf Grund der Vorkommnisse bei der Tour und im Radsport das Interesse der Zuschauer an der Tour de France in den letzten Jahren rapide bergab gegangen ist, Wir hatten ja teilweise Marktanteile im einstelligen Bereich, acht Prozent Marktanteil und haben dann überlegt, ist es noch so erfolgreich, dass wir das unbedingt zeigen müssen. Das ist derzeit nicht der Fall und wir haben auf Grund dieser Tatsache Abstand genommen von dem weiteren Vertrag."

    Schon seit 2007 ist der Enthusiasmus am Radsport gedämpft. An die Selbstheilungskräfte der doping-verseuchten Sportart mag niemand mehr glauben. Damals stiegen ARD und ZDF während der Tour aus, das Fass zum Überlaufen brachte der Dopingfall des Telekom-Profis Patrick Sinkewitz. Der ehemalige ARD-Programmdirektor Günter Struve erläuterte damals:

    "Es gibt die Entscheidung, die Übertragung der Tour auszusetzen, bis die Vorwürfe geklärt sind. Die Vorwürfe sind ja deshalb so ernst zu nehmen von uns, weil wir mit den deutschen Rennställen vorher intensiv gesprochen haben, da wurde beschworen, das alles sauber ist."

    Damals blieb es beim Boykott der Tour 2007. Der vollständige Rückzug der öffentlich-rechtlichen Anstalten kommt erst zu diesem Zeitpunkt, weil die Verträge zwischen der Europäischen Rundfunk-Union EBU und Tour-Veranstalter ASO 2011 auslaufen. Ein Grund für den Rückzug ist die Dopingverseuchung des Radsports. Axel Balkausky:

    "Das Thema Doping spielt dabei insofern eine Rolle, als es natürlich der Auslöser für das Nachlassen des Zuschauerinteresses. Die Geschichten um Jan Ullrich, das man am Ende der Tour leider nicht wusste. ob der Toursieger auch über die nächsten Wochen Toursieger bleibt oder nicht bleibt, das glaub ich hat alles dazu beigetragen, dass das Publikum, und da sind wir auch zuschauerorientiert, das Interesse verloren hat. Und insofern spielt Doping eine Rolle und der Umgang mit Doping in diesen Zeiten."

    Jan Ullrich wurde schon vor dem Start 2006 wegen seiner möglichen Verbindung zum Dopingarzt Eufemiano Fuentes vom Team T-Mobile aus der Mannschaft genommen und wenig später entlassen. Bis heute ist vor dem Internationalen Sportgerichtshof CAS ein Verfahren gegen ihn anhängig. Dem Gewinner von 2006, Floyd Landis, wurde der Tour-Sieg ein Jahr später wegen Dopings aberkannt. Der Spanier Alberto Contador muss noch um seinen Vorjahressieg fürchten, denn am 1. August muss er sich wegen Dopingwürfen vor dem CAS verantworten.

    Im Fall Contador hatten ARD-Reporter Versäumnisse des Radsport-Weltverbandes UCI aufgedeckt. Und nach der Bekanntgabe des Ausstiegs aus der Tour-Live-Berichterstattung zeigt die UCI die Krallen und verweigert den öffentlich-rechtlichen Interviews, besonders zum Thema Doping. Sportkoordinator Balkausky.

    "Das ist zumindest in den letzten Wochen uns so kommuniziert werden. Und wir halten das für einen bemerkenswerten Vorgang, dass ein Weltsportverband mit dem Thema, das ihn umtreibt, dass die Öffentlichkeit zumindest in Deutschland massiv beschäftigt hat, dass er einen solchen Umgang damit pflegt und mit unserem Umgang. ich glaube, wir können für uns in Anspruch nehmen, dass wir niemals den Sport aus den Augen verloren haben, insbesondere, weil wir den Sport hochhalten wollten, uns natürlich mit dem Thema Doping sehr kritisch auseinandergesetzt haben."

    Das war in der Vergangenheit nicht immer so. Nach Ullrichs Toursieg 1997 wurden manche Grenzen überschritten. So wurde die ARD 1998 Sponsor des Team Telekom. Nur ein Jahr später schloss das Erste mit Jan Ullrich einen Honorarvertrag, der den Sportler zu Interviews mit dem TV-Partner verpflichtete. Erst nach dem Ullrich-Skandal im Jahr 2006 wurde der Kontrakt aufgelöst. So etwas würde heute nicht mehr vorkommen, ist Balkausky überzeugt:

    " Daraus haben alle in der ARD gelernt, Es ist völlig ausgeschlossen. dass aktuelle Sportler noch in irgendeiner Form Verträge mit der ARD abschließen können."

    Sein Vorgänger als ARD-Sportkoordinator, Hagen Boßdorf, hatte da andere Grundsätze. Er schrieb mit Jan Ullrich dessen Biographie "Ganz oder gar nicht: Meine Geschichte".