"Guten Abend, meine Damen und Herren, ich begrüße Sie zur Tagesschau." - Jan Hofer, das Gesicht der Tagesschau. Wenn er sich heute von Deutschlands bekanntester Nachrichtensendung verabschiedet, dann liegen 35 Jahre als Sprecher hinter ihm.
"Ich glaube nicht, dass es in Deutschland jemanden gegeben hat, der öfter insgesamt in die Kamera geschaut hat, als ich. Also ich kann es wirklich nicht zählen, tausende, zigtausende Male", sagt der 68-Jährige im Deutschlandfunk-Interview via Internet. Seine Karriere begann der gebürtige Rheinländer im Radio und im Regionalfernsehen. Dann ging‘s zur Tagesschau in Hamburg.
Filmbeiträge kamen damals per Motorradstaffel
Als damals neuer Sprecher wurde er in den ersten Monaten vor allem im Nachtprogramm vor die Kamera gelassen. Reagan war US-Präsident, der Wetterbericht endete noch mit Morsezeichen und nachts war Sendepause: "Das waren die letzten Meldungen der Tagesschau. Und damit, meine Damen und Herren, ist das Programm im Ersten für heute beendet. Es ist 1 Uhr und 28 Minuten."
Jan Hofer erinnert sich an die rein analoge Nachrichtenbeschaffung in seinen Anfangsjahren: "Es wurde alles über Tickermeldungen, also über Fernschreibmeldungen, in die Redaktion gebracht. Dort wurde es aufbereitet. Wir hatten zu dem Zeitpunkt noch eine Motorradstaffel, die Filme vom Flughafen abgeholt hat. Man darf ja nicht vergessen: Es gab ja noch nicht mal ein Fax, es gab überhaupt gar keine digitalen Hilfsmittel, und alles, was wir gesendet haben, musste irgendwie in die Redaktion kommen."
Erzählen statt Amtsdeutsch
Heute sind Nachrichten aus aller Welt zu jeder Zeit sofort zu haben. Nicht nur die Technik, auch die Sprache der "Tagesschau" sei mittlerweile eine andere: "Auch da hat sich eine ganz Menge geändert. Wir nennen das eine narrative Sprache. Das heißt eine etwas gefälligere Sprache, ohne dass man von der Nachrichtensprache wegkommt. Aber dieses, sagen wir mal, Amtsdeutsch in Anführung, das es früher mal gegeben hat: Das haben wir schon lange ad acta gelegt, das gibt es schon lange nicht mehr."
Und welches Erlebnis hallt am stärksten nach? Die Antwort kommt prompt: Das war der 9. November 1989: "Das war eine unglaublich spannende Zeit, und das werde ich in meinem Leben sehr wahrscheinlich nicht vergessen. Und ich glaube auch, das ist wenigen Menschen vergönnt, so etwas zu erleben."
Publikum bemerkt jeden Versprecher
Der geschichtsträchtige Tag war für Jan Hofer ein Arbeitstag unter höchster Anspannung. In seiner langen Karriere war Jan Hofer aber nicht nur für die Nachrichten zuständig, auch Talk-Runden hat er moderiert. So war er mehr als 20 Jahre lang Gastgeber der Sendung "Riverboat". Doch bekannt ist er vor allem als Gesicht und Stimme der "Tagesschau". Sich dort regelmäßig einem Zehn-Millionen-Publikum zu präsentieren, bedeutet auch, dass kein Versprecher unbemerkt bleibt: "Der Frühling im Winter hält an, auch morgen bleibt es kalt…warm".
Auch als ihn vor anderthalb Jahren live auf Sendung die Kräfte verlassen, ist das Medienecho enorm. "Ich freue mich darauf, dass ich dieser Sozialkontrolle nicht mehr so unterliege, wie das früher mal war", sagt er. Wie und wo er sich zeigt, entscheidet er dann selbst. Denn ob Youtube, Instagram oder Tiktok: Jan Hofer ist überall vertreten. Zu Hause habe er sich sogar ein eigenes Studio eingerichtet:
"Ich bin ja nicht weg von der Welt und darauf freue ich mich auch. Aber ich bin eben nicht mehr den Zwängen unterlegen, dass ich zu einem bestimmten Zeitpunkt irgendwo sein muss, und ich kann das ganz bequem zu Hause machen."
Seine Aufgabe als Chefsprecher der "Tagesschau", die er seit 2004 innehat, gibt Jan Hofer an seinen langjährigen Kollegen Jens Riewa weiter. Der muss sich also künftig unter anderem um die Dienstpläne kümmern. Doch vorher will sich Hofer anständig beim "Tagesschau"-Publikum abmelden. Einen Abschiedsspruch habe er sich für seine letzte Sendung am 14. Dezember allerdings noch nicht zurechtgelegt.