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Letzte Zeche schließt
Wo kommt die Steinkohle in Zukunft her?

Der Abbau von Steinkohle in Deutschland endet, nicht aber deren Einsatz. Der geht weiter mit Steinkohle aus dem Ausland. Die ist viel günstiger, allerdings nur, wenn man die wahren Kosten nicht mit einrechnet: In vielen Förderländer gelten viel geringere Sicherheits-, Umwelt- und Sozialstandards.

Von Eva Bahner |
    Kohleabbau im russischen Bergwerk Sibirginskaya
    Russland ist seit langem Deutschlands Hauptlieferant für Steinkohle (picture-alliance/ dpa / Alexandr Kryazhev / RIA Novosti)
    Hauptlieferant für Deutschland ist seit Jahren mit Abstand Russland. Im vergangenen Jahr importierte Deutschland 51,4 Millionen Tonnen Steinkohle. Knapp 20 Millionen Tonnen davon kamen aus Russland, also mehr als ein Drittel. Um die neun Millionen Tonnen kamen aus den USA, danach folgen Kolumbien, Australien, Polen, Südafrika als größte Lieferanten.
    Steinkohle, die aus diesen Ländern kommt, ist viel günstiger als deutsche Steinkohle - vor allem, weil sie dort nicht so tief abgebaut werden muss. Und sie bleibt auch günstiger, selbst wenn sie dann um die halbe Welt transportiert werden muss. So rechnet Franz-Josef Wodopia vom Lobby-Verein der Kohlenimporteure vor: "Das Erstaunliche ist, Sie brauchen selbst von Australien aus keine 20 Dollar pro Tonne. Und wenn Sie es zum Beispiel aus Kolumbien oder Südafrika nach Europa fahren, dann sind das vielleicht gut zehn Dollar." Und das bei einem Gesamtpreis von 100 Dollar pro Tonne.
    Im Ausland sind die Standards niedriger
    Die günstigen Weltmarktpreise haben das Zechensterben hierzulande mit verstärkt. Die niedrigen Preise spiegeln die wahren Kosten allerdings nicht wider, das betonte auch Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Armin Laschet im Deutschlandfunk. In den meisten Ländern, wo Steinkohle in diesen Mengen gefördert wird, sind die Sicherheitsstandards sowie die Umwelt- und Sozialstandards nicht so hoch wie bei uns.
    In Kolumbien zum Beispiel gibt es immer wieder Berichte über Menschenrechtsverletzungen. Aber auch in Russland: Dort würden Bergbaukonzerne oft nicht kontrolliert, beklagt die russische Umweltorganisation "Ecodefense". Demnach müssen die Unternehmen für Umweltverschmutzung, für die sie verantwortlich sind, keine Strafen zahlen und auch die Mindestabstände zwischen Tagebau und Wohngebieten werden oft nicht eingehalten.
    Weil Deutschland so viel aus Russland importiert, wird immer wieder die Forderung nach mehr Transparenz im Rohstoffsektor laut. Die Grünen zum Beispiel verlangen von den großen Energieunternehmen offenzulegen, woher sie Steinkohle beziehen und in welchen Mengen. Das würde dann auch Stahlwerke betreffen.
    Steinkohle im Energiesektor auf dem Rückzug
    Allerdings ist die Kohle als Energieträger auf dem Rückzug, nicht zuletzt aufgrund der Energiewende. Die erneuerbaren Energien, Wind- und Solarenergie, drängen Kohlekraftwerke aus dem Markt. Nach Berechnungen der Arbeitsgemeinschaft Energiebilanzen ging der Einsatz von Steinkohle in diesem Jahr um 11 Prozent zurück. Diese Zahl nennt die FAZ heute.
    Dennoch ist auch die Steinkohle noch immer ein wichtiger Energierohstoff bei der Stromerzeugung. Nach Angaben des Bundeswirtschaftsministeriums betrug der Anteil der Steinkohle im vergangenen Jahr mehr als 14 Prozent, der der Braunkohle über 22 Prozent. Dieser Anteil wird in den kommenden Jahren zwar schrumpfen. Aber bis dahin laufen die Kohlekraftwerke weiter. Für Steinkohle könnte es bald sogar einen neuen Großabnehmer geben, wenn das umstrittene Kraftwerk Datteln des Versorgers Uniper in Betrieb genommen wird.
    Nicht zu vergessen: Steinkohle braucht man auch zur Eisen- und Stahlerzeugung. Solange der endgültige Kohleausstieg nicht beschlossen ist, wird Deutschland also vorerst ein wichtiges Abnehmerland für Steinkohle bleiben.