Die Krise begann am vergangenen Freitag, als abtrünnige Soldaten unter dem Kommando des pensionierten Generalmajors Chalifa Haftar eigenmächtig einen Militäreinsatz gegen radikal-islamische Brigaden in der östlichen Stadt Bengasi starteten. Mindestens 75 Menschen wurden dabei getötet. Haftar gehörte bereits unter dem früheren Machthaber Muammar al-Gaddafi dem lybischen Militär an, ging dann aber in die Opposition und später für 20 Jahre in die USA. Seitdem werden ihm Kontakte zum US-Geheimdienst CIA nachgesagt.
Am Sonntag stürmten ihm nahestehende Gruppierungen das Parlamentsgebäude, erklärten das Parlament für abgesetzt. An dessen Stelle soll ein erst kürzlich gewähltes Gremium treten, das eine neue Verfassung ausarbeiten soll. Im Laufe des Tages räumten die Kräfte das Gebäude, lieferten sich aber Gefechte mit rivalisierenden Gruppen im Süden der Hauptstadt Tripolis. Dabei wurden nach Behördenangaben zwei Menschen getötet und 50 weitere verletzt.
Mobilisierung islamistischer Milizen in Tripolis
Haftars Vorgehen und seine Ankündigung, das Land von Extremisten zu "säubern", droht die bisherigen Spannungen zwischen islamistischen und sekulären Milizen endgültig eskalieren zu lassen. Schon mehrere der über hundert Gruppierungen erklärten öffentlich ihre Unterstützung für eine der beiden Seiten. Am Montag erklärte der Luftwaffenstützpunkt Torbuk seine Unterstützung für Haftar. Parlamenspräsident Nuri Abu Sahmain, ein islamistisch orientierter Politiker, ordnete die Mobilisierung islamistischer Milizen in Tripolis an, um "den Versuch, den Pfad der Demokratie zu zerstören und die Macht zu übernehmen" zu unterbinden.
Seit dem Sturz Gaddafis im Jahr 2011 kommt das Land nicht zur Ruhe: Der Regierung ist es nicht gelungen, die Kontrolle über das ganze Land zu erlangen, viele ehemalige Rebellengruppen verweigern die Entwaffnung.
(swe/ach)