Martin Kobler, der deutsche Karrierediplomat, einst Botschafter in Ägypten und im Irak, früherer Leiter der UN-Friedensmission im Ost-Kongo, hat eine Menge gesehen in seinem Leben. Jetzt aber steht Kobler als UN-Sondergesandter für Libyen vor dem Saal des Sicherheitsrates in New York und redet sich mit Blick auf das, was die IS-Terroristen gerade in Libyen anrichten, in Rage:
"Das muss aufhören", sagt er. Es gebe Kreuzigungen, Enthauptungen. Das libysche Volk, es habe den Krieg und das Leiden so satt. Familien, die Tag für Tag fürchten müssten, dass ihre Kinder auf dem Schulweg gekidnappt würden. Seit Oktober ist Kobler Ban Ki Moons Sondergesandter für Libyen. Minuten vorher hatte er den UN-Sicherheitsrat über die Lage dort informiert. Quintessenz: Libyen droht der Kollaps.
Staatliche Institutionen funktionieren nicht
Es gebe keine funktionierenden staatlichen Institutionen mehr. Erst im Februar hatten sich die zuvor parallel um die Macht streitenden zwei Regierungen samt zweier Parlamente grundsätzlich unter UN-Vermittlung auf eine Einheitsregierung geeinigt. Ein Fortschritt immerhin. Jetzt aber stockt der Prozess. Das Land, sagt Kobler, werde zur Geisel der politischen Machenschaften einer Minderheit in Libyen. Das politische und militärische Vakuum aber würden jetzt die IS-Terroristen nutzen, so Kobler. Immer mehr strömten aus Syrien nach Libyen:
"80 Prozent Terroristen der Terroristen hier sind Ausländer. Und je größer der Druck in Syrien wird, desto mehr strömen in das Vakuum hier in Libyen."
Die humanitäre Lage im Land: "Verheerend", sagt Kobler. 2,4 der sechs Millionen Einwohner seien schon jetzt auf humanitäre Hilfe angewiesen:
"1,3 Millionen müssen sich auf Lebensmittelhilfe der UN verlassen, eine Million Kinder unter fünf Jahren bekommen keine Impfungen mehr. 40 Prozent aller Krankenhäuser im Land sind zerstört."
Krieg und Lage in Libyen, sagt Kobler, seien medial derzeit im Schatten des Syrienkrieges. Libyen aber scheint auf dem bestem Wege, eine neue Hochburg der IS-Terroristen zu werden. Das einzige, schiebt der frustrierte Diplomat nach, was in dem Land im Überfluss zu haben sei, seien Waffen. Über 20 Millionen davon gebe es noch immer in Libyen. "Auf jedes Baby kommen drei Waffen."