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Lieber Gift oder Schnecke?

In vielen Kleingartenanlagen - landläufig auch Schrebergarten genannt - wird auf begrenztem Raum gepflanzt, gesät und geerntet was die Scholle hergibt. Und wenn sie nicht genug hergibt, dann hilft der Kleingärtner auch gerne mal nach, mit dem Ergebnis, dass zum Beispiel die Grundwasserwerte unter den Privatgärten bedenkliche Rückstände von chemischen Düngezusätzen und von giftigen Mitteln zur Schädlingsbekämpfung aufweisen. Soeben hat das Bundesumweltamt das Internet Portal biozid.info eröffnet. Hier sollen Verbraucher über die Wirkung den Umgang und Alternativen zu Schädlingsbekämpfungsmitteln informiert werden.

Von Dieter Nürnberger |
    Das Umweltbundesamt als Herausgeber dieses Internetportals sieht auf jeden Fall einen Informationsbedarf bei den Verbrauchern hinsichtlich der Biozide. Das wird allein anhand von Daten deutlich: In Deutschland gebe es etwa 20.000 Biozid-Produkte auf dem Markt, europaweit ist es sogar mehr als die doppelte Anzahl. In diesen Produkten werden über 300 Wirkstoffe verwendet. Natürlich wurden besonders umwelt- oder gesundheitsschädliche Wirkstoffe in der Vergangenheit aussortiert oder verboten, doch müsse es grundsätzlich darum gehen, mit solchen Produkten sparsam und sensibel umzugehen. Darum also diese Seite, die auch eine Folge des Biozid-Gesetzes von 2002 ist. Denn auch vom Gesetzgeber wurde eine seriöse Information der Verbraucher als wichtig erachtet. Jochen Flasbarth, der Präsident des Umweltbundesamtes, startete heute Vormittag in Berlin dieses Internet-Portal für Verbraucher.

    "Wenn die menschliche Gesundheit betroffen wäre, dann dürfte eine Zulassung nicht stattfinden - das ist ja der Sinn der Prüfung. Es wird jetzt eine große Welle an Prüfungen der Biozid-Produkte innerhalb der EU anlaufen. Sodass man dann Gesundheits- und Umweltgefährdungen weitgehend ausschließen kann. Gleichwohl ist es sinnvoll, und daran arbeitet auch das Umweltbundesamt, dass, wo immer es möglich ist, Alternativen benutzt oder auch vorbeugende Maßnahmen umsetzt werden. Damit Schädlingsbekämpfungsmittel gar nicht erst eingesetzt werden müssen."

    Der Biozid-Einsatz sei somit durchaus vergleichbar mit dem Einsatz von Medikamenten. Auch hier gelte der Grundsatz, es komme immer auf die richtige Dosierung an. Unter Bioziden versteht man Substanzen und Produkte, die außerhalb der Landwirtschaft schädliche Organismen bekämpfen - sie werden somit also im Haushalt oder auch im eigenen Garten eingesetzt. Die meisten Biozide sind übrigens Nervengifte - und sie sind somit zumindest potenziell auch gefährlich für Mensch und Umwelt. Sabine Gärtner ist im Bundesumweltministerium zuständig für Biozide, sie nennt als Beispiel einen Stoff, der auch in Holzschutzmitteln eingesetzt wird.

    "Bei Pyrethroiden klagen einzelne Verbraucher beispielsweise darüber, dass ein Kribbeln in den Fingern wahrgenommen wird, auch Taubheitsgefühle. Das sind auch Dinge, die auf Nervenschäden zurückzuführen sind."

    Das Biozid-Portal will somit nicht nur über spezielle Produkte und ihre Wirkungen aufklären, sondern auch ganz gezielt über Alternativen informieren. Bleiben wir beim Beispiel Holz. Allein durch die Auswahl von Holz werde schon bei der Planung oder beim Einkauf entschieden, wie anfällig dies später für Schädlinge sei. Das sollte der Verbraucher auf jeden Fall wissen, sagt Sabine Gärtner:

    "Holz, was in den Tropen von Schädlingen nicht angegriffen wird, wird auch hier verschont. Man sollte allerdings darauf achten, dass Tropenholz nicht aus einem wilden Abbau stammt, sonst wäre es aus Umweltgesichtspunkten keine Alternative zu einem Biozid-Einsatz. Tropenholz ist aber grundsätzlich ein sehr gutes und stabiles Holz."

    Zum Beispiel sei auch das Holz der Lärche oder der Douglasie widerstandsfähiger als beispielsweise Fichten- oder Tannenholz. Auf dem Internetportal findet man auch Hinweise über die jeweilige Wirkungsweise eines Biozids. Beim Stichwort Nagetierbekämpfung wird beispielsweise dazu geraten, lieber Fallen statt Giftköder zu verwenden. Die Referatsleiterin aus dem Bundesumweltministerium sagt auch warum:

    "Rattenbekämpfungsmittel sind Mittel, die die Blutgerinnung stören. Das heißt, nimmt die Ratte ein solches Mittel auf, dann droht nach einer bestimmten Zeit der Tod durch inneres Verbluten ein. Diese Mittel sind sehr problematisch: Zum einen kann es dazu kommen, dass ein solcher Köder auch von anderen Lebewesen gefressen wird, beispielsweise einem Meerschweinchen oder von einem Kaninchen. Zum anderen verbleiben solche Mittel auch sehr lange in der toten Ratte. Aasfressende Raubtiere können somit auch Konzentrationen solcher Mittel intus haben."

    Die Botschaft des Internetportals ist somit eindeutig: Weniger ist beim Biozid-Einsatz mehr. Viele Ratschläge auf diesem Portal sind ganz allgemeine oder allgemeingültige Hinweise, sagt Jochen Flasbarth, der Präsident des Umweltbundesamtes:

    "Oft reicht ja schon die einfache Installation eines Mückengitters vor dem Fenster. Das ist eine einmalige Investition, so kann man eine Nacht auch bei geöffnetem Fenster genießen, und das mückenfrei! Eine ganz simple Vorbeugemaßnahme. Man sollte auch zusehen, dass Regenwasserbehälter abgedeckt sind, sodass sich dort keine Mücken in größerer Population entwickeln können."

    All diese Informationen findet der Verbraucher im Internet unter www.biozid.info.