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Liebermann-Ausstellung in Bremen
Gemalte sportliche Impressionen

"Max Liebermann. Vom Freizeitvergnügen zum modernen Sport" - so heißt eine Ausstellung in der Kunsthalle Bremen. Sie zeigt den Impressionisten als einen Künstler mit erstaunlichem Gespür für den damals neuen Reiz des Sports, ein moderner Maler, der aber weniger am gesellschaftlichen Schick als an sportlicher Disziplin interessiert war.

Von Rainer-Berthold Schossig |
    Max Liebermann: Tennisspieler am Meer, erste Fassung, 1901
    Max Liebermann: Tennisspieler am Meer, erste Fassung, 1901 (Museum Kunst der Westküste, Alkersum, Föhr © Repro Lukas Spörl)
    Ganz in feinem Taubengrau sind die Ausstellungsräume in der Kunsthalle Bremen gehalten. Und damit kommen sie schon farblich dem preußischen Understatement des Weltbürgers Max Liebermann entgegen. Es scheint selten die Sonne an seinen Stränden der Nordsee; die Badenden wandeln nicht in seligen Gefilden, wie bei dem Zeitgenossen Cézanne, sondern trotzen Wind und Wetter.
    In ihrer Nacktheit scheinen Liebermanns "Badende Knaben" den Naturgewalten schutzlos ausgesetzt, fröstelnd zwischen wettergrauem Horizont, gelblich schäumenden Wellen und nassem Strand. Und nach dem Bade - ihr Hemd über den Kopf gezogen oder beim Hosenwechseln komisch auf einem Bein balancierend - verschmelzen sie nicht mit den nassen Elementen; keine Naturburschen. Sie bleiben fremde Wesen, einem ertüchtigenden Zweck gewidmete Besucher aus der Welt der Zivilisation, nüchtern vor Ort studiert und ins Blatt gesetzt.
    Ähnlich wie der Berliner Adolph Menzel ist auch Max Liebermann ein akribischer Beobachter, aber er interessiert sich nicht für den gesellschaftlichen Schick, den sportliche Betätigungen wie Baden und Reiten am Strand, Kahnfahrten oder Pferderennen, Tennisspiel oder Schlittschuhlauf in der mondäner werdenden Welt der Kaiserzeit genossen. Ihm geht es um neue Pleinair-Motive: die Dynamik menschlicher Körper in Licht, Luft und Natur. Er trifft damit den Kern der Sportbegeisterung, die damals aufkommt: Reformkleidung, Sonnenanbetung, Kräftemessen in fairem Wettstreit - die Briten machen es mit Rasen-Tennis, Kricket- und Polospiel vor.
    Vergleich mit zeitgenössischen Künstlern
    Die Bremer Ausstellung portraitiert Liebermann auch im Vergleich mit Zeitgenossen aus England und Frankreich: Da sind die ungemein dynamischen wie aus dem Augenblick entstandenen Kleinskulpturen Edgar Degas' von galoppierenden, steigenden Pferden, Caillebottes präzis beobachtete Ruderer, lichte Tennis-Impressionen des Briten John Lavery und Toulouse-Lautrecs schwungvoller Jockey, der sein Pferd antreibt und zugleich in saugendem Tempo mitgerissen wird.
    Auch die feinnervig gearbeiteten Skulpturen der deutschen Bildhauerin Reneé Sintenis und Rennskizzen von Max Slevogt verdeutlichen Liebermanns Position unter den Zeitgenossen.
    Was Spontaneität, Zupacken und Präzision betrifft - schneidet Liebermann dabei übrigens besser ab als seine Kollegen.
    Eine Lern-Veranstaltung, die Spaß macht
    Die von Dorothee Hansen kuratierte Schau ist auch eine zeithistorische Lern-Veranstaltung, die Spaß macht. Zwischengeschaltete historische Fotografien, Ausschnitte aus zeitgenössischen Büchern und Filmen thematisieren - sachlich instruktiv, oft auch erheiternd - die Gründe und Untiefen der Begeisterung für Körperkult und Bewegung. Aufschlussreich kontrastieren Eadweard Muybridges ruckende Phasen-Bilder in Schwarz-Weiß mit den - gleichsam eingefrorenen dabei höchst dynamischen - Gemälden vom Sport- und Rennplatz.
    Der Aufruhr des Massenpublikums kontrastiert mit stillen Gartenlokalen und Szenen am Rande des Spektakels. Aufschlussreich auch die Rolle der bewegten Frau im zugeknöpften mondänen Kostüm, locker flatternden Reformkleid, oder hoch geschnürt im Damensattel auf Pferden im Tölt-Schritt.
    "Naturalisten wie Herr Liebermann wenden sich von dem, was jeden natürlichen Menschen erfreut, ab und mit desto größerer Hingabe dem Widrigen und Hässlichen, dem Jammer- und Grauenvollen zu, dem wir im Leben so gern aus dem Weg gehen."
    Diese Fehleinschätzung Liebermanns findet sich in der "Berliner Illustrierten Zeitung" von 1886.
    Nein, diese Schau zeigt den Impressionisten Max Liebermann als einen Künstler mit erstaunlichem Gespür für den damals neuen Reiz des Sports, ein moderner Maler, der deutsche Disziplin mit internationaler Eleganz, jüdische Weltoffenheit und Berliner Sachlichkeit elegant vereinte.