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Liebevolle Autoritäten
Neue Rollen für Großeltern in modernen Familien

Die soziale Rolle der Großeltern hat sich über die Jahrhunderte stark verändert, auch weil sie mit ihren Enkelkindern eine immer längere Lebensspanne verbringen können. Doch Großelternschaft hat sich nicht nur historisch entwickelt, es gibt auch große kulturelle Unterschiede.

Von Andrea und Justin Westhoff |
Eine ältere Frau spielt mit ihrer Enkeltochter.
Viele Großeltern sind heute jünger und meist noch berufstätig. (Mascha Brichta/dpa/picture-alliance )
Der Pädagoge Anton Bucher:
"Ich bin auf einem kleinen Bergbauernhof aufgewachsen, wir waren drei Generationen unter einem Dach, ich habe mehr Zeit mit meinem Opa verbringen dürfen auf dem Feld, wenn wir Zäune gemacht haben, beim Kühe melken, beim Heuen, als das mit dem Vater möglich war, und ich glaube, dass mein Großvater mich mehr geprägt hat als meine Eltern."
Die Soziologin Katharina Mahne:
"Bei meinen Großeltern war für mich ein Thema, zu merken, wie die Lebensläufe von Frauen sich über Generationen sehr stark verändert haben, und mein Großvater war sicherlich vom Krieg traumatisiert, das war auch immer ein Thema, was irgendwie im Raum stand, was aber immer auch ein bisschen verboten war, da nachzufragen."
Der Psychologe Kazim Erdogan:
"In dem kleinen Dorf, bis ich eingeschult wurde, meine Oma und auch mein Opa, sie hatten die Erziehungsverantwortung, weil die Eltern berufstätig waren. Meine Mama hat auf dem Feld gearbeitet, und mein Vater war Eisenbahn-Mitarbeiter, so dass meine Großeltern über alles entschieden haben. Uns ernährt haben, auf uns aufgepasst haben, und sich auch intensiver denn je eingemischt haben, nach den türkischen Sitten und Bräuchen."
Keine Großeltern, nur "Alte"
Biologisch sind Großeltern eine Selbstverständlichkeit, aber zunächst nicht in der Rolle als Oma und Opa.
"Das ist manchmal ein bisschen eine falsche Vorstellung, wenn man denkt, früher saßen Großfamilien alle so rund um einen Tisch, weil die demographische Entwicklung das jetzt eigentlich erst ermöglicht. Großeltern und Enkelkinder haben eine lange Lebensspanne inzwischen zusammen, das heißt, das ist ja nicht nur eine Randerscheinung, diese Beziehung, und das hat so völlig gefehlt."
... sagt die Berliner Soziologin Katharina Mahne.
Professor Anton Bucher, Theologe und Pädagoge an der Uni Salzburg, hat mit seinem Buch "Lebensernte" von 2019, die eine aktuelle Studie zum Thema vorgelegt:
"In der Bibel ist nirgends von Großeltern die Rede, erst später wird dann aus der Anna, der Mutter von Maria, so im 15., 16. Jahrhundert die Großmutter, es gab auch einen regen, heiligen Anna-Kult, was dann zur Etablierung der moderneren Großelternrolle beigetragen hat."
Nicht einmal den Begriff gab es.
"So viel ich in Erfahrung bringen konnte, ist das Wort Großeltern im Deutschen erstmals verwendet worden 1576, zuvor waren es einfach alte Menschen, alte Frauen standen auch in Gefahr, stereotypisiert zu werden, zu Hexen zu werden, und daraus ist dann im 18., 19. Jahrhundert die freundliche Oma geworden, vor allem im Rahmen der bürgerlichen Familie, und das Bürgertum anvisiert ja damals auch eine Karriere nach oben hin zu machen, dafür braucht es mehr Bildung, und zur klassischen Großelternrolle gehört auch, die Enkel zu unterstützen, kognitiv, bildungsmäßig, aber auch Kindern emotionalen Halt zu geben."
Geboren und aufgewachsen ist Anton Bucher – hörbar – in der Schweiz:
"Höhepunkt dieses Großelternkultes ist unbestreitbar der Roman "Heidis Lehr- und Wanderjahre" gewesen mit dem Almöhi, ein Buch, das damals auch in fast allen bürgerlichen Haushalten gelesen worden ist."
Eine Frage der Kultur
Großelternschaft hat sich nicht nur historisch entwickelt, es gibt auch kulturelle Unterschiede, wie Deutschlandfunk-Korrespondenten erzählen.
"Die Enkel sind diejenigen, auf die sich die gesamte Familie konzentriert. In Polen ist Institution Oma ein stehender Begriff. Es gibt hier in Polen diese berühmten Eurowaisen. Das sind Kinder, deren Eltern in England, in Deutschland arbeiten gehen, die dann bei den Großeltern aufgezogen werden müssen. Es ist tatsächlich so, dass in Südafrika Großeltern eine Riesenrolle bei der Erziehung spielen. Es gibt in China unterschiedliche Begriffe für Großeltern. Für Chinesen ist es völlig verrückt, dass wir in Deutschland nur einen Begriff jeweils haben für Oma und Opa. Das Enkel-Großeltern-Verhältnis spielt eine richtig große Rolle noch in Indien, dass sich alle Kinder und Enkelkinder sehr um die alten Menschen kümmern, weil sie selbst von denen großgezogen wurden. Die Amerikaner sind ja ausgewiesene Familientiere. Großeltern sind der familiäre Mittelpunkt, eine Art Anker in der Familienbiografie, der Fixpunkt in dieser Gesellschaft, die es mit so vielen sozialen Härten zu tun hat. Im Grunde sind Großeltern so etwas wie die inoffizielle Sozialversicherung in vielen Familien."
Auch zum Beispiel in der Türkei, spielen die Alten eine besondere Rolle. Aber meist anders, als gemeinhin angenommen.
"Das, was wir in der Presse lesen, sagt, dass der anatolische Pascha zu sagen hat. Aber dem ist nicht so."
Der Psychologe Kazim Erdogan betreut in Berlin drei Generationen von Menschen mit türkischem Migrationshintergrund. Zudem berichtet er auch aus eigener Erfahrung.
"Das letzte Wort in unserer Familie hatte immer meine Oma. Und mein Vater hat immer Angst vor ihr gehabt, weil sie die Meckertante der Nation war, sie war mit nichts zufrieden. Das heißt, wenn mein Großvater irgendwas nicht so erledigt hat, wie sie es sich vorgestellt hat, dann war sie drei Tage und drei Nächte sehr verärgert darüber. Es ist so, dass in vielen Familien damals wirklich Frauen mehr zu sagen hatten als die Männer. Warum? Weil die Männer auf dem Feld waren, und immer außerhalb waren, und die Frauen, die Omas, haben dann das Ganze gehütet."
Jeans und Fahrrad statt Stock und Brille
"Ich hab noch zwei Omas und einen Opa. und eine Ur-Oma. Meine Oma mag nicht so gern, wenn wir zu ihr Oma sagen."
In einer Gesellschaft, die derart auf Jugend programmiert ist wie unsere, kann Großelternschaft schon mal zum Problem werden, wenn Oma oder Opa eher als Schimpfwort dient für die, die "zu alt" sind. Wie groß sind die Schwierigkeiten mit der Großeltern-Rolle heute wirklich? Anton Bucher:
"Gemäß unseren eigenen Befragungen ist die überwältigende Mehrheit der Großeltern stolz, einen eigenen Enkel oder Enkelin zu haben, und das sogar unabhängig vom eigenen Alter. Und es ist auch deswegen wenig problematisch, weil sich das Bild der Großeltern geändert hat. Wenn man so Kinderbücher analysiert, wie werden da Großeltern dargestellt noch bis vor wenigen Jahrzehnten: Alle Großmütter haben weißes oder silbriges Haar, zu einem Knoten aufgesteckt, die meisten Opas haben keine Haare mehr oder wenn ja, dann nur graue oder weiße, und gehen an einem Stock und haben eine Brille, demgegenüber werden heute Großeltern so präsentiert, dass sie jung, dynamisch sind, ins Fitness-Center gehen, mit dem Rad fahren, Jeans tragen, und noch voll in der Blüte des Lebens stehen."
Nicht nur das Bild, auch die gesellschaftlichen Funktionen haben sich besonders in den letzten Jahrzehnten geändert, sagt Dr. Katharina Mahne, die eine Studie für das Deutsche Institut für Altersfragen gemacht hat:
"Wir sehen da so über die Zeiten ein bisschen Schwankungen, zuerst eine Abnahme an Großeltern, die sich um die Enkelkinder gekümmert haben, das hat in letzter Zeit wieder zugenommen. Dass es abnimmt, ist erst mal nachvollziehbar, wenn wir überlegen, dass Großmütter heute zu einem höheren Anteil selbst erwerbstätig sind, und wir sehen auch, dass die Familien immer weiter räumlich auseinander leben. Aber das sehen wir tatsächlich, dass die Großeltern zu ungefähr einem Drittel ihre Enkelkinder betreuen, und für Deutschland nimmt man an, dass das eher so eine "Randbetreuung" ist: Wenn die Kita nicht lange genug auf hat oder wenn die Eltern nicht früh genug abholen können."
In Deutschland werden Menschen durchschnittlich mit Anfang, Mitte 50 zum ersten Mal Großeltern. Dabei spielt allerdings auch das Bildungsniveau eine Rolle.
"Wir wissen ja, dass höher Gebildete weniger Kinder bekommen und später Kinder bekommen, und das vererbt sich über die Generationen. Das heißt, je gebildeter ich bin und je höher gebildet meine Tochter ist, umso geringer sind meine Chancen, dass ich Großmutter werde oder das relativ früh im Leben werde."
Anton Bucher hat sogar die Erfahrung gemacht:
"Ich kenne Menschen auch in meinem Bekanntenkreis, die sehr darunter leiden, noch nicht Oma oder Opa geworden zu sein, weil das einfach zum natürlichen Lauf des Lebens gehört."
Die Verschiebungen im sozialen Gefüge wirken sich auch auf die Großelternschaft aus: Bei niedriger Geburtenrate gibt es einerseits pro Oma oder Opa weniger Enkel – früher waren es 20 oder mehr. Andererseits haben manche Kinder in Patchwork-Familien heute gleich sechs oder acht Großeltern.
Außerdem gibt es noch die Möglichkeit der "sozialen Großelternschaft": Vom Vorlese-Paten bis zur "Leih-Oma oder -Opa", die alleinerziehenden Müttern oder Vätern mit Rat und Tat zur Seite stehen.
"Es gibt eine ältere Dame, die ist sehr nett, und die kommt manchmal zu uns, und das ist eigentlich unsere Nenn-Oma // Ich bin 79 Jahre alt, und da ich sehr, sehr gerne mit Kindern zusammen bin, habe ich mich beim Großelterndienst gemeldet, und ein Wunschenkelkind bekommen."
Viele Formen der Großelternschaft
Wie Großeltern ihre Rolle gestalten, ist individuell verschieden. Die psychosoziale Forschung unterscheidet mehrere Typen, sagt Anton Bucher.
"Eine klassische Typologie ist in den 1960er Jahren entwickelt worden auf der Basis von Interviews: Formelle Großeltern, die den Geburtstag der Enkelinnen und Enkel nicht vergessen, dann Geschenke vorbeibringen, gelegentlich Ausflüge mit den Kindern machen, aber sich überhaupt nicht in die Erziehung einmischen. Sodann haben wir zusehends mehr die Spaß suchende Großeltern, die mit den Enkeln etwa in die Eisdiele gehen, Ausflüge machen, keinerlei Autorität ausüben, sondern sich eher so als Kumpel, Freunde verstehen, und dann ein dritter Typus, der vor allem in den Vereinigten Staaten jetzt häufiger geworden ist, das sind Ersatzeltern, wenn die leiblichen Eltern aus welchen Gründen auch immer – Haftstrafen, Erkrankungen und so weiter – die Elternschaft nicht erfüllen können, da springen vielfach Großeltern ein, und dann ein weiterer Typus, die Großeltern als die Bewahrer der Familienweisheit, die den Enkeln vor allem auch ihre Fähigkeiten vermitteln wollen, und schließlich haben wir die distanzierten, eher selten, denen die Großkinder ähnlich selten begegnen wie etwa der Santa Klaus, wenn überhaupt."
Auch wenn es überholt erscheint: Meist ist es immer noch so, dass die Beziehung zur Großmutter generell enger ist als zum Großvater, und noch einmal enger die zur Oma mütterlicherseits. Das hat die Studie von Katharina Mahne gezeigt:
"Die Beziehungen über die weibliche Familienlinie sind in der Regel enger und kontaktintensiver als über die männliche Linie. Die Evolutionsbiologie würde sagen, na, da ist die Verwandtschaft gesichert. Als Soziologin würde ich natürlich eher sagen, na ja, das sind Rollenerwartungen. Also Frauen sind diejenigen, die Familienbeziehungen pflegen, und das resultiert dann natürlich über drei Generationen hinweg in engeren Beziehungen."
Als Trost für alle angeheirateten Großeltern: Kinder schauen nicht auf die Gene:
"Sobald die Beziehung zum Enkelkind eng ist, ist es nicht mehr relevant, ob das mein biologisch verwandtes Enkelkind ist oder nicht."
"Mit Oma und Opa da gehen wir manchmal in Museen, Opa ist sehr gemütlich, und der macht immer auch viel mit uns Meine Oma ist noch sehr sportlich, mit der mach ich zum Beispiel auch so Yoga-Übungen Als wir das allererste Mal bei Oma und Opa übernachtet haben, gab’s erst mal einen Riesenzoff Es war ganz anders als zuhause, und sie hatte auch ganz andere Regeln sozusagen // wir fliegen manchmal nach Amerika, Oma wohnt in Rhode Island."
Zwischen Unterstützung und Einmischung
Die sozialen Veränderungen wirken sich auch auf die Beziehungen zwischen Großeltern und Enkeln aus:
"Die ersten so psychologischen Publikationen zu Großeltern waren eher negativ, Großeltern wurde vorgeworfen, ihre Enkel zu verwöhnen, und die erzieherischen Maßnahmen der Eltern zu torpedieren. Diese Sichtweise ist einer enorm positiven Sicht gewichen, Omas und Opas können im Grunde genommen ja ihre Rolle so gestalten, wie sie wollen, sie können ins Fitnesscenter gehen, müssen sich nicht um ihre Enkelkinder kümmern, gleichwohl tun das die meisten der mittlerweile 15 Millionen Großeltern in der Bundesrepublik."
Aber, fast selbstverständlich, gibt es auch Konflikte:
"Im Verhältnis von Großeltern zur mittleren Generation wird es schon häufig beschrieben, dass es dann kracht, wenn die Großeltern die Erziehungsregeln verletzen. Und deswegen wird auch empfohlen, dass Großeltern sich da möglichst raushalten sollten. Gleichzeitig kann es, wenn die Großeltern und die Eltern sich gut absprechen, auch eine Chance sein, dass die Enkel wissen, okay, wenn wir bei den Großeltern sind, dann dürfen wir nach dem Abendbrot noch mal was Süßes essen, oder wir dürfen eine halbe Stunde länger aufbleiben. Dann kann so eine erweiterte Regel bei den Großeltern auch durchaus die Regeln, die im Elternhaus herrschen, stabilisieren, weil es eine klare Ausnahme gibt."
In türkischstämmigen Familien sind die Konflikte mit den Großeltern manchmal noch stärker, zumal dann, wenn die sich immer noch ständig einmischen. Das berichtet Kazim Erdogan an einem Beispiel aus seinen Sitzungen mit Immigranten verschiedenen Alters.
"Vorige Woche kam ein junges Paar zu mir, weil die Großeltern zu penetrant oder ohne die Eltern zu informieren in der Schule aufgetaucht sind. Der Schwiegersohn hat beim Familiengericht Klage eingereicht und ein Verbotsurteil geholt, und jetzt haben die Kinder seit eineinhalb Jahren keinen Kontakt zu den Großeltern, heimlich haben sie dann besucht, bis der Vater mitbekommen hat, und jetzt, seit dieser Gerichtsentscheidung leidet die Mutter massiv darunter, dass sie keinen Kontakt zu ihren eigenen Eltern hat, dass die Kinder zu den Großeltern keinen Kontakt haben, und dazu möchte ich sagen: Es ist das Recht jedes Kindes, mit den Großeltern angemessen zu kommunizieren. Und das müsste auch Kinderrecht sein und gesetzlich vorgeschrieben sein."
Es gibt natürlich auch noch Familien, in denen an traditionellen Wert-, und vor allem Ehrvorstellungen festgehalten wird, und wo türkische Großeltern dann oft als Hüter dieser Tradition agieren.
"Und all das versuchen wir, zur Sprache zu bringen, nach dem Motto: Auch Mädchen, Frauen, Kinder haben Ehre, haben Würde, haben Stolz. Wer hat diesen Begriff gepachtet?"
... sagt der Psychologe aus Berlin-Neukölln. Da werden manche alten Zöpfe abgeschnitten.
"Hier in Deutschland durch neue Erfahrungen, durch andere Lebensbedingungen und Voraussetzungen, dass die nicht immer zusammen wohnen, zum Beispiel, die Großeltern hier können nicht so streng sein wie damals, warum? Weil man das auch thematisiert, weil man auch in den Bildungseinrichtungen wie Schule und Kita mitbekommt, weil Kinderrechte in diesem wunderbaren Land auch sehr großgeschrieben sind, und die Kinder werden rechtzeitig darüber auch informiert; wenn ein Großvater die Hand hebt, dann sagt sofort das Kind: ‚Du darfst mich nicht schlagen, es ist verboten’."
Aber in den meisten türkischstämmigen Familien unterscheiden sich die Konflikte, was die Großeltern angeht, nicht von denen ihrer urdeutschen Nachbarn.
"Und heute, die Großeltern sind weniger autoritär als damals, heute sind sie zu lieb sogar, dass sie die Grenzen nicht setzen wollen, dass die Kinder zu verwöhnt erzogen werden, und darüber beklagen sich meine jüngeren Eltern türkischer Prägung. Sie sagen: ‚Papa, gib ihm keine Schokolade, aber die machen das, und deshalb das Kind hört nicht auf uns’."
Schwere Zerwürfnisse mit den Großeltern kommen insgesamt jedoch sehr selten vor, sagt der Pädagoge Anton Bucher aus Salzburg. Das gilt sogar – oder erst recht – wenn sich die Eltern trennen.
"Es ist häufiger der Fall, dass Großeltern stabilisierend wirken, dass sie jeweils mit Rat und Tat zur Seite stehen, dass sie nach einer Scheidung häufiger auch pflegend oder Kinder hütend eingreifend, was auch hinreichend bekannt ist, dass die Enkel selbst auch nach einer Scheidung der Eltern, dass es denen ein Anliegen ist, eigentlich mit allen Großeltern weiterhin Kontakt zu haben, unabhängig davon, was da an Konflikten oder so vorausgegangen ist."
Großelternschaft – eine Win-Win-Beziehung
Mitunter gibt es aber doch Schwierigkeiten, insbesondere was den Kontakt zu den Großeltern von väterlicher Seite angeht, weil Kinder nach einer Scheidung öfter bei der Mutter bleiben. Aber generell, hat auch Katharina Mahne festgestellt:
"Wenn die Beziehungen gut sind, dann können die Großeltern für die Enkelkinder tatsächlich so was wie ein sicherer Hafen sein. Die sozusagen bleiben, wenn zu Hause alles drunter und drüber geht, die Eltern sich trennen und der Kontakt sich verändert, dann können Großeltern durchaus so was wie Stabilität sicherstellen für die Kinder."
Umgekehrt profitieren auch die Großeltern von der Beziehung zu ihren Enkeln, das hat 2018 eine Studie des Max-Planck-Instituts für Bildungsforschung gezeigt: Wer sich mit den Kindern beschäftigt, bleibt körperlich gesünder, ist zufriedener, lebt unter Umständen sogar länger.
"Das sagt man auch häufig, dass Großelternschaft eine Elternschaft ohne die anstrengenden Dinge ist, man kann so ein bisschen das genießen, was mit kleinen Kindern zu tun hat, nämlich Freizeit zu gestalten. Ja, also man kann sozusagen ein bisschen sich die Rosinen rauspicken und gerade Großvätern wird zugeschrieben, dass sie da noch mal was nachholen können."
Paul McCartney von den Beatles ist nicht mehr 64, sondern geht mittlerweile auf die 80 zu. Er hat acht Enkelkinder, um die er sich durchaus kümmert, aber das Beste am Opa-Dasein sei – wörtlich – der "Geht-mich-nichts-an-Faktor", erzählt er in einem Radio-Interview. Schreiende Enkel mit vollen Windeln habe er immer gern an deren Eltern weitergereicht.
"Großelternschaft ist der soziale Kitt zwischen den Generationen und die Brücke zwischen Vergangenheit und Zukunft," meint die Soziologin Dr. Katharina Mahne.
"Häufig ist es ja so, dass der einzige Kontakt zu so ganz jungen Menschen für die Großeltern tatsächlich die Enkelkinder sind, und anders herum haben junge Menschen oder Heranwachsende ja kaum Kontakt zu 70-, 80-, 90jährigen. Es wird den Enkelkindern zugeschrieben, dass sie den Großeltern neuere Techniken beibringen < vielleicht bringen die denen bei, wie man über Skype telefoniert oder wie man eine Mediathek nutzt im Internet> und die Großeltern sind natürlich die Auskunftsgeber nicht nur über historische Kontexte, sondern auch über die Familienhistorie. Die können auch mal Geschichten erzählen, wie die Eltern waren, als sie klein waren."
"Also die Oma aus Amerika, die erzählt so Geschichten von meinem Papa, also was für einen Blödsinn der gemacht hat. Meine eine Oma erzählt mir immer von ihrer Kindheit, sie hatte vier Geschwister Unsere Oma, die ist halt im Krieg aufgewachsen, und wenn man sie fragt, dann erzählt sie auch darüber, ich höre mir das immer an, damit ich weiß, wies denn wirklich war, und ich find es traurig. // Also meine Oma erzählt oft, die kam aus der ehemaligen DDR, über ihre Flucht."
"Seit 16 Jahren darf ich auch Opa sein, aber das unter ganz anderen Voraussetzungen, ein Enkelkind wohnt in Wien, 300 Kilometer entfernt, da sind leider nur sporadische Kontakte möglich, aber die Kontakte sind da, und etwas, was ich sehr, sehr gerne mache und was auch die Enkel gerne hören: Zu erzählen, dass es ein Leben gab auch noch ohne Handy, dass es ein Leben gab ohne Fernsehgeräte, sind jeweils die Augen der Enkel staunend groß aufgegangen."
Wir stellen uns unter Großeltern und Enkeln immer eine Beziehung zwischen Älteren und kleinen Kindern vor. Aber das besondere Verhältnis endet in der Regel nicht, wenn aus den Kleinen Erwachsene werden. Professor Anton Bucher:
"In aller Regel werden die Beziehungen dann ein bisschen lockerer, werden die Kontakte auch seltener, notgedrungen, weil dann die jungen Erwachsenen auch eingespannt sind, aber die emotionalen Bande, die bleiben, und aus der Lebenslaufforschung wissen wir auch, dass auch die innere Bindung an die Großeltern über den Tod hinaus gehen kann. Und neben den Eltern sind die Großeltern die häufigsten und am meisten geliebten Vorbilder auch von heutigen Kindern, Jugendlichen und vielfach auch jungen Erwachsenen."
Man denkt halt lange an seine Großeltern und an die vielen, oft schönen Erlebnisse mit ihnen. Ein beliebter Kalenderspruch:
"Ich hätte gerne meine Schaukel zurück. Die, die bei Opa im Garten stand. Und meine Unbeschwertheit. Und Opa."