"Also, wir führen täglich eine Liste fort mit Arzneimitteln, deren Lieferung begrenzt ist, sei es kompletter Lieferabriss oder nur temporär."
Die Apotheke des Universitätsklinikums Köln. Leiterin Andrea Liekweg hat auf ihrem Computer die Liste der Arzneimittel aufgerufen, die derzeit nicht wie bestellt geliefert werden können:
"Hier haben wir insgesamt 70 Produkte heute, und das ist natürlich Schwankungen unterworfen, aber so um und bei dieser Menge beschäftigt uns jeden Tag."
Auf dieser Liste stehen Mittel aus der Krebstherapie, Antibiotika, Notfallmedikamente, Narkotika... Ihre Namen sind mit Farben unterlegt – gelb, orange, rot... je nach Brisanz.
"Wir haben im Bereich Orange Arzneimittel, die unter Umständen von anderen Lieferanten geliefert werden können, wo wir uns aber zusätzlich bemühen müssen."
Rot steht für Patientengefährdung – sprich: Für dieses wichtige Medikament gibt es keinen Ersatz – und es kann schlimmstenfalls zum "Versorgungsnotstand" kommen:
"Hier würde es dann tatsächlich bedeuten, dass nicht mal Alternativpräparate zur Verfügung stünden, die ich entweder importieren kann oder anderweitig beschaffen kann, so dass der Patient dann unter Umständen eben nicht versorgt werden kann."
So wie 2016, als der Hersteller eines wichtigen Chemotherapeutikums im Mai mitteilte, dass er ab August nicht mehr liefern könne. Der Grund: Der Rohstoff wird aus dem Himalaya-Maiapfel gewonnen – und der fiel damals unter das Washingtoner Artenschutzübereinkommen, durfte nicht mehr wild geerntet werden.
Ein Jahr sollte die Lieferunterbrechung dauern, bis der Anbau nachgezogen hatte. Also erarbeiteten die medizinischen Fachgesellschaften und der Bundesverband Deutscher Krankenhausapotheker einen Notfallplan.
Der sah vor, das Mittel nur noch kontingentiert abzugeben: Es blieb der Chemotherapie von Kindern unter vier Jahren vorbehalten. Alle anderen Patienten wurden mit einem Ausweichpräparat versorgt, in dem der Wirkstoff in Alkohol gelöst war.
Früher waren Versorgungs-Engpässe kein Thema
Zwar verlangt das Arzneimittelgesetz von Herstellern und Händlern eine angemessene und kontinuierliche Bereitstellung von Medikamenten, doch was vor zehn Jahren in Deutschland noch kein Thema war, gehört inzwischen zum Tagesgeschäft: die Engpässe bei Arzneimitteln – vor allem bei den Generika, den Mitteln, deren Patentschutz ausgelaufen ist. Christopher Hermann, Vorstandschef der AOK Baden-Württemberg:
"Wir haben im letzten Jahr dazu ja mit dem Verband der Krankenhausapotheker eine Umfrage bei Krankenhausapotheken durchgeführt. Es wurde durch diese Umfrage transparent, dass 280 Wirkstoffe im Jahr '16 zeitweise nicht lieferfähig waren und 30 davon auch versorgungsrelevant sind. "
Als "versorgungsrelevant" gelten rund 500 Wirkstoffe, die die medizinischen Fachgesellschaften in einer Liste zusammengetragen haben. Sind sie längere Zeit nicht am Markt erhältlich, kann das die Patienten gefährden. Zwar ist die Situation in den Krankenhausapotheken am brisantesten, doch es trifft auch niedergelassene Apotheker. Andreas Kiefer, Präsident der Bundesapothekerkammer:
"Was es ganz plakativ vielleicht darstellt, ist die Tatsache, dass meine Mitarbeiter und ich bei jeder Arzneimittellieferung von einem Arzneimittel, was wir nicht in der Apotheke vorrätig haben, vor einer Bestellung online bei unseren Vorlieferanten, den Großhändlern, nachprüfen, ob es tatsächlich am Lager ist oder nicht. Das hat sich in den letzten Jahren so entwickelt. Früher konnte man sich drauf verlassen es ist da – heute, bevor wir eine Lieferzusage geben, überprüfen wir es."
Es gibt inzwischen eine Reihe von Studien zu den Auswirkungen von Lieferengpässen: Verzögerungen in der Chemotherapie werden angeführt, ein erhöhtes Risiko für Medikationsfehler, die Zahl der Nebenwirkungen steigt, und manchmal bleibt nichts anderes übrig, als Behandlungen durchzuführen, die nicht dem medizinischen Standard entsprechen.
Schlagzeilen machten beispielsweise mehrere Engpässe bei dem Krebsmittel Melphalan, das auch bei Stammzelltransplantationen eingesetzt wird:
"Dieser Wirkstoff ist seit einigen Jahren immer mal wieder nicht verfügbar gewesen, was dazu geführt hat, dass wir unsere Patienten nur verzögert behandeln konnten", erläutert Wolf-Dieter Ludwig, der Vorsitzende der Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft.
Melphalan sei zuvor viele Jahre auf dem Markt gewesen, ohne dass es Anzeichen für Engpässe gegeben hätte:
"Aus internen Papieren ging dann hervor, dass hier eine künstliche Verknappung teilweise vorgelegen hat. Das heißt, dass der Hersteller von Melphalan dieses Arzneimittel, obwohl es in den Lagerbeständen vorhanden war, nicht bereitgestellt hat, weil er versucht hat, durch diese künstliche Verknappung den Preis in die Höhe zu treiben."
"Aus internen Papieren ging dann hervor, dass hier eine künstliche Verknappung teilweise vorgelegen hat. Das heißt, dass der Hersteller von Melphalan dieses Arzneimittel, obwohl es in den Lagerbeständen vorhanden war, nicht bereitgestellt hat, weil er versucht hat, durch diese künstliche Verknappung den Preis in die Höhe zu treiben."
Insgesamt betrachtet sind die Auslöser der Engpässe vielfältig. Norbert Gerbsch, stellvertretender Hauptgeschäftsführer des Bundesverbands der Pharmazeutischen Industrie:
"Lieferengpässe haben meistens eine technische Ursache, dass in einem Produktionsablauf ein Problem aufgetreten ist, Maschinen ausgefallen sind, dass Rohstoffe am Markt nicht geliefert werden können oder nicht den Qualitätskriterien entsprechen, was natürlich einen Einsatz zur Herstellung von Arzneimitteln sofort ausschließt."
Explosion in China löste globale Versorgungskrise aus
"Manchmal sind es auch Zwischenprodukte, die nicht verfügbar sind. Oder jetzt hatten wir gerade einen Lieferengpass, da ist dann der Fertigarzneimittelhersteller ausgefallen, dann hatte man ganz viel Wirkstoff, aber man konnte ihn nicht mehr zum Arzneimittel verarbeiten" – so beschreibt Michael Horn vom Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte BfArM in Bonn die Probleme.
Die Behörde beschäftigt sich seit 2013 mit dem Thema und führt eine Liste der Engpässe. Diese Liste dreht sich um Präparate für die Behandlung schwerwiegender oder lebensbedrohlicher Erkrankungen, für die es keine Alternativen gibt. Und Warnungen gibt es derzeit für 67 Medikamente – allerdings beruht die Zahl auf freiwilligen Meldungen.
Auf dieser Liste stehen auch die Reserveantibiotika Piperacillin und Tazobactam. Der Grund: Im Jahr 2017 zerstörte eine Explosion eine chinesischen Anlage zur Wirkstoffproduktion, und diese Explosion löste eine globale Versorgungskrise bei Piperacillin und Tazobactam aus. Denn mehr als 50 Prozent der Weltmarktproduktion waren ausgefallen. Das wirft ein Schlaglicht auf die tieferreichenden Ursachen der Krisen:
"Ein wesentlicher Grund ist die Verlagerung der Herstellung der Arzneimittel, aber auch der Rohstoffe von Europa nach Asien. Begründet wird diese Verlagerung von Herstellern mit den günstigeren Möglichkeiten in diesen Ländern, in Asien, vor allem in China und Indien, billige Arbeitskräfte, billige Produktionsanlagen, man möchte im Rahmen von Effizienzsteigerungsprogrammen letztlich dort günstiger produzieren", erläutert Wolf-Dieter Ludwig.
Engpässe meist bei Generika
Bei den Engpässen geht es meist um Medikamente, deren Patentschutz abgelaufen ist. Die Preise sinken und damit die Einnahmen, und um gegenzusteuern wird – unter anderem – die Wirkstoffproduktion nach Asien verlagert. Und der Prozess läuft immer noch. Erst 2017 schloss ein Werk für Antibiotikavorstufen am Standort Frankfurt Hoechst. Es war nicht mehr konkurrenzfähig. Wolf-Dieter Ludwig:
"Gleichzeitig – gerade bei diesen meistens ja relativ preisgünstigen Wirkstoffen – ist es zu einer sogenannten Monopolisierung oder Oligopolisierung gekommen. Das heißt, wir haben dann nur noch einen oder zwei Hersteller, und wenn im Rahmen dieser Herstellerbetriebe Qualitätsmängel auftreten, dann führt das natürlich dazu, dass der Wirkstoff nicht produziert werden kann und in Europa Verknappung auftritt."
Die Konzentration auf wenige Produktionsstandorte erhöht Abhängigkeit und Risiko, wie die Beispiele Piperacillin und Tazobactam zeigen.
Bork Bretthauer, Geschäftsführer des Pharmaverbands Pro Generika sieht bei der Zunahme der Lieferengpässe einen Teil der Verantwortung im Gesundheitssystem. Stichwort – Rabattverträge:
"Das ist natürlich vor allen Dingen ein Thema, was wir hier in Deutschland haben, im Bereich der Rabattverträge, wo ja im Kern Krankenkassen ihren Arzneimittelbedarf europaweit ausschreiben, und – wie in anderen Ausschreibungssystemen auch – wird im Regelfall ausschließlich der bezuschlagt, der den niedrigsten Preis bietet, oder den höchsten Rabatt bietet."
Seit 2003 existiert dieses System in Deutschland. Angesichts der oft extrem hohen Preise für patentgeschützte Präparate, bieten Generika den Krankenkassen die Möglichkeit, die Kosten wenigstens halbwegs auszubalancieren. Schließlich machen die Nachahmerprodukte rund drei Viertel der gesamten Verordnungen aus.
Krebsmedikament zum Preis eines Cappuccino
Wie tief dabei die Preise sinken können, zeigt das Beispiel des Krebsmedikaments 5-Fluoruracil. Hinter ihm steckt ein komplexer Produktionsprozess – und doch fiel der Preis pro Liter vor einigen Jahren unter 2,50 Euro. Ein lebensrettendes Medikament für den Preis eines Cappuccinos. Die Folge: Mehrere große Hersteller gingen aus dem Markt. Bork Bretthauer:
"Hinzu kommt, dass diese Krebsmedikamente ganz schwer nur und nicht langfristig lagerfähig sind. Also, da kommen mehrere Risikofaktoren sowieso zusammen, und wenn dann sozusagen auch noch das Preisniveau so in den Keller rutscht, dann ist das leider fast schon ein Engpass mit Ansage, der sich dann abzeichnet."
Doch Christopher Hermann widerspricht: "Die Rabattsysteme sind für diese Thematik der absolute 'peanut'. Da wird immer wieder mit Nebelkerzen gearbeitet."
Dass die Rabattsysteme Mitschuld trügen an der zunehmenden Konzentration der Pharmaunternehmen und der Lieferengpässe, möchte Christopher Hermann nicht gelten lassen. Der Chef der AOK Baden-Württemberg ist auch Verhandlungsführer bei den Generika-Rabattverträgen seiner Kasse:
"Die Pharmaindustrie ist der weltweit agierende Industriezweig schlechthin. Da ist Deutschland ein Land wie viele andere auch, nicht mehr und nicht weniger, und kann für die Problemstellungen dann, weil hier angeblich Rabattverträge etwas bewerkstelligen, überhaupt nicht herangezogen werden."
Trotzdem kommt inzwischen Bewegung in die Rabattverträge: Bei kritischen Medikamenten schließen die Krankenkassen diese Verträge des Öfteren nicht mehr nur mit einem Hersteller ab, sondern mit mehreren, um das Ausfallrisiko zu verringern.
Manchmal müssen Krankenhäuser selbst Abhilfe schaffen
Doch was bedeutet es eigentlich im Klinik-Alltag, wenn ein lebenswichtiges Medikament nicht erhältlich ist? Einen Zwei-Wochen-Vorrat müssen sie vom Gesetz her vorhalten, um kurzfristige Engpässe ausgleichen zu können. Doch oft genug dauern Probleme viele Monate. Manchmal helfen dann auch die eigenen Laboratorien der Apothekerin Andrea Liekweg weiter:
"Das rettet uns dann tatsächlich häufiger, also dass wir dann die Möglichkeit haben, Arzneimittel herzustellen auf Basis eines Rohstoffes oder dass wir die Möglichkeit haben, aus einer Ampulle mehrere Applikationen zu machen, sodass nicht nur ein Patient davon profitiert."
Jeder Lieferengpass erfordert ein ausgefeiltes Management, denn die Suche nach Ersatz beansprucht Zeit. Seit 2017 verpflichtet das Arzneimittelversorgungsstärkungsgesetz die Pharmaunternehmen immerhin dazu, Krankenhäuser bei kritischen Präparaten sofort über Engpässe zu informieren. So geschehen bei einem Notfallmedikament. Andrea Liekweg:
"Das intravenös zu verabreichende Aspirin war eine ganze Zeit lang nur sehr eingeschränkt lieferfähig. Wir haben auch hier schnell insofern Abhilfe schaffen können, als wir das Arzneimittel aus dem Ausland importiert haben. "
Das erlaubt das neue Gesetz den Krankenhausapothekern. Sie dürfen nun in Absprache mit der Aufsichtsbehörde Importarzneimittel auf Vorrat bestellen – für die Akutbehandlung der Patienten. Das Problem: Dieses Aspirin wird bei Herzinfarkten benötigt – also wenn es in der Klinik schnell gehen muss:
"Aber das Arzneimittel ist dann natürlich in einer fremden Sprache ausgezeichnet, sieht auch anders aus. Und das erfordert eine enorme Informationsweitergabe, weil eben jede Pflegekraft, die den Auftrag des Arztes im Notfall bekommt, hol' mir schnell das Arzneimittel und bereite es mir vor, dass die eben Bescheid weiß, was sie zu tun hat."
Engpass-Management bindet eine ganze Stelle pro Tag
Wenn man es zusammenrechnet, ist in einer großen Klinik inzwischen eine Fachkraft den ganzen Tag nur damit beschäftigt, die Folgen von Engpässen bei wichtigen Medikamenten zu bewältigen.
Das Arzneimittelversorgungsstärkungsgesetz ist eine Reaktion auf die Engpässe der vergangenen Jahre, die sich seit 2013 zugespitzt hatten. Das Bundesgesundheitsministerium rief den Pharmadialog mit Unternehmen und Wissenschaftlern ins Leben, und einige Anregungen flossen in dieses Gesetz ein. Außerdem veranstaltet das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte seit 2016 mit Industrie, Großhandel, Apotheker- und Ärzteverbänden einen Jour Fixe, auf dem die Probleme und ihre Hintergründe vertraulich besprochen werden.
Doch vielen Beteiligten geht das längst nicht weit genug. Nicht nur nach Ansicht von Wolf-Dieter Ludwig fehlt vor allem eines:
"Wir brauchen eine größere Transparenz hinsichtlich der verfügbaren Produzenten von diesen versorgungsrelevanten Wirkstoffen, hinsichtlich der Rohstoffe und der Hersteller, wo findet das überhaupt statt, und wir müssen natürlich auch den Vertrieb genauer kennen, nur dann können wir möglicherweise Schwachpunkte aufdecken und sie beseitigen. Das heißt insgesamt Transparenz zu den Herstellerbetrieben, zu den Herstellern von Rohstoffen muss verbessert werden."
Dass eine freiwillige Selbstverpflichtung zur Meldung beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte, beim BfArM, zielführend sei, glaubt Christopher Hermann nicht:
"Wir haben ja schon gemeinsam auch mit anderen hier, etwa mit der Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft, im letzten Jahr den Vorschlag unterbreitet, dass der Gesetzgeber hier endlich aktiv werden muss: Er muss das BfArM in die Lage versetzen, hier einen Überblick zu bekommen, sozusagen als Trust Center, als Vertrauensorganisation."
USA nehmen Hersteller anders in die Pflicht
Vorbild hierbei ist die amerikanische Lebensmittelüberwachungs- und Arzneimittelbehörde FDA. Dort riskieren die Unternehmen hohe Geldstrafen, wenn sie nicht warnen. Torsten Hoppe-Tichy, Europa-Delegierter des Bundesverbands Deutscher Krankenhausapotheker:
"In USA hat man da vor einigen Jahren schon einen für uns eigentlich Goldstandard entwickelt. Dort kann man ganz transparent ablesen, welche Lieferengpässe es im Moment gerade gibt, welche Alternativen im Markt aber noch erhältlich sind, was man tun muss, wenn selbst diese Alternativen so nicht mehr da sind, wie lange ein Lieferengpass dauert. All so etwas ist da klar dargelegt, und das ist auch übernommen worden von einigen europäischen Ländern. Wir sehen lange nicht denselben Informationsgehalt auf der Homepage des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte, so wie er eben zum Beispiel auf der gleichen Seite der FDA in USA ist."
Michael Horn vom BfArM ist jedoch vom Erfolg einer solchen Meldepflicht nicht überzeugt:
"Wir im Jour Fixe haben auch über diese Frage diskutiert und sind zu dem Schluss gekommen, dass wir erst einmal der Selbstverpflichtung eine echte Chance geben sollten, dass das auch tatsächlich gelebt wird. Jede Maßnahme muss auch in irgendeiner Art und Weise einen positiven Effekt haben. Von daher ist es – glaube ich – ganz wichtig sich über die Rahmenbedingungen zu unterhalten und zu schauen, wie können wir einfach das Gesamtsystem so abpuffern, dass wir eben diese Lieferengpässe in dem Maße eben nicht haben. Und da kommen wir, glaube ich, mit der Selbstverpflichtungen im Moment ganz gut hin."
Strafen könnten unter Umständen kontraproduktiv sein
Auch von der Forderung nach hohen Bußgeldern, falls versorgungskritische Medikamente nicht geliefert werden, hält das BfArM nicht viel. Michael Horn:
"Da muss man aufpassen, dass man nicht das Gegenteil erzeugt von dem, was man eigentlich bewirken möchte, dass ein Arzneimittel, was vielleicht heute schon nur relativ geringe Gewinne erwirtschaftet oder vielleicht auch mal rote Zahlen schreibt, dem Unternehmer dann zu sagen, jetzt bist Du nicht lieferfähig, jetzt musst Du noch eine hohe Strafe zahlen, ob er dann nicht eher auf die Zulassung verzichtet und sagt, dann gehe ich dieses Risiko nicht mehr ein."
Die Versorgungssicherheit mit kritischen Medikamenten grundlegend zu verbessern, verlange ohnehin sehr viel tiefreichendere Maßnahmen, urteilt Wolf-Dieter Ludwig:
"Ich glaube aber, entscheidend ist es, an der Wurzel des Problems anzusetzen: Man muss die sukzessive Verlagerung der Herstellung von Rohstoffen und Arzneimitteln wieder nach Europa zurückholen. Das wird nur funktionieren, wenn man entsprechende Anreize in der Politik setzt. "
Es müsse auch über die Preisgestaltung nachgedacht werden, erklärt Bork Bretthauer, denn:
"Selbst wenn man wollte, dass man wieder mehr davon, von dem Wirkstoff, der ja wichtig ist für die Versorgung, in Deutschland oder Europa herstellen wollte, würde es vermutlich ohne weiteres gar nicht gehen, weil die Kosten, zu denen in China produziert werden kann, man in Deutschland überhaupt nicht kostendeckend das annähernd abbilden kann."
"Das sind Herausforderungen im Weltmaßstab"
Einfach zurückdrehen lässt sich die Globalisierung nicht. Schon aus dem einfachen Grund, dass weltweit die Nachfrage nach Arzneimitteln stark gestiegen ist, denn auch die Menschen in Asien und Afrika haben inzwischen Zugang zu modernen Präparaten. Und ihre Marktmacht ist groß. Christopher Hermann:
"Das sind weltweite Probleme, das sind Herausforderungen im Weltmaßstab. Darauf hat niemand bisher nur annähernd vernünftige Antworten gefunden."