Nun also doch: Die Bundesregierung hat sich dazu entschieden, die Ukraine mit schweren Waffen zu beliefern. Geplant ist, dass ausgediente Luftabwehrpanzer vom Typ Gepard in das Land geschickt werden. Das wurde beim Treffen verbündeter Staaten am Dienstag (26.04.2022) auf dem Luftwaffenstützpunkt in Ramstein (Rheinland-Pfalz) beschlossen.
"Wir haben entschieden, dass wir die Ukraine unterstützen mit Geparden. Das ist genau das, was die Ukraine jetzt braucht, um den Luftraum vom Boden aus zu sichern", hatte Bundesverteidigungsministerin Christine Lamprecht in Ramstein erklärt. Sofort einsatzbereit wären die Luftabwehrpanzer allerdings nicht, denn ukrainische Kämpfer müssten die komplexe Technik erst noch erlernen.
Gepard auch heute noch eine gefährliche Waffe
Die Geparden wurden von der Bundeswehr seit Anfang der 1970er-Jahre verwendet und stammen aus der Hochzeit des Kalten Krieges. Vor zehn Jahren hatten sie der Bundeswehr ausgedient. Mit einer gut ausgebildeten Besatzung wäre der Gepard aber auch heute noch eine gefährliche Waffe.
Der Politikwissenschaftler Johannes Varwick, Inhaber des Lehrstuhls für Internationale Beziehungen und europäische Politik an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg sieht diesen Schritt der Bundesregierung, nun doch schwere Waffen zu liefern, kritisch.
"Ich verstehe die Argumente dafür, und wie so oft in der Sicherheitspolitik gibt es nicht 100 Prozent richtig oder 100 Prozent falsch. Aber wir sollten schon bedenken, was das sozusagen mit sich bringt. Und es bringt mit sich eine weitere Involvierung in den Krieg", sagte Varwick.
Varwick befürwortet diplomatische Lösung
Varwick hält es für besser, auf diplomatische Lösungen zu setzen. Auch eine zunehmend härtere Rhetorik nicht helfen. Nach seiner Analyse hat Russland nach wie vor die "Eskalationsdominanz" inne. "Und wenn wir jetzt gewissermaßen die Ukraine weiter ertüchtigen, in einen aussichtslosen Kampf zu ziehen, dann sollten wir uns überlegen, ob das die richtige Strategie ist", sagte Varwick.
"Etwas zugespitzt habe ich manchmal den Eindruck, bei vielen war früher ein naiver Pazifismus auf der Tagesordnung. Und jetzt sind viele übergegangen zu einem naiven Bellizismus. Und beides ist falsch", sagte Johannes Varwick. Der Politikwissenschaftler ist sich sicher: Der Krieg werde nicht durch Waffenlieferungen beendet. Bereits in der Vergangenheit war Varwick als Mahner für eine Verhandlungslösung in diesem Krieg aufgetreten. Dafür ist er von der "Bild-Zeitung" publizitisch angegangen worden.
FDP-Politiker Alexander Graf Lambsdorff unterstützt Panzerlieferung
Der stellvertretende Vorsitzende der FDP-Bundestagsfraktion, Alexander Graf Lambsdorff, unterstützt hingegen die Panzerlieferung an die Ukraine. Die Bundesregierung werde dennoch alles dafür tun, dass die NATO nicht in den Krieg hineingezogen wird.
"Aber wir dürfen uns auf der anderen Seite auch nicht ins Bockshorn jagen lassen, wenn es darum geht, die Ukraine mit konventionellen Waffen zu unterstützen. Das braucht sie in diesem Moment und da hat die Ampel-Koalition, wie ich finde, jetzt eine mutige Entscheidung getroffen, übrigens eine Entscheidung – und das ist wichtig – die wir gemeinsam mit den Verbündeten getroffen haben", sagte
Graf Lambsdorff
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Dabei müsse unterschieden werden zwischen der Frage nach Luftabwehrpanzern und Kampfpanzern. Die Frage nach Kampfpanzern werde im Moment im Kreis der Alliierten noch anders diskutiert. "Wir diskutieren den Leopard hier in Deutschland, den Leopard 1A5. Aber wenn ich mir die Verbündeten anschaue, stelle ich fest, dass kein Verbündeter bisher Kampfpanzer westlicher Bauart geliefert hat, keinen französischen Leclerc, keinen britischen Challenger, keinen amerikanischen M1 Abrams", sagte der FDP-Politiker.