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Ligastart in der Türkei
Özil-Debatte und Lira-Talfahrt

Der Verfall der Lira und die Özil-Debatte haben auch den Start der türkischen Fußballsaison überlagert. Für einige Vereine könnte der Währungsverfall existenzbedrohende Ausmaße erreichen. Die Diskussion um den zurückgetretene deutschen Fußballnationalspieler wollen die Türken hingegen im Rennen um die EM-Bewerbung 2024 ausnutzen.

Von Karin Senz |
    Fans von Besiktas Istanbul feiern den vorzeitigen Gewinn der Meisterschaft ihres Vereins. Ein Mann schwenkt vor einer Menschenmenge eine große schwarze Fahne mit Adler-Kopf
    Ein Mann schwenkt vor einer Menschenmenge eine große schwarze Besiktas-Fahne mit Adler-Kopf (Afp Photo/Ozan Kose)
    Seit ein paar Jahren trägt die Saison immer den Namen eines großen Spielers, erklärt der Türkei-Fußball-Experte Harald Aumeier:
    "Die heißt jetzt Lefter Küçükandonyadis und das ist ein ehemaliger Fußballspieler von Fenerbahçe. Und das passt ganz gut, weil er hat einen griechischen Background. Und das zeigt die Türkei nach außen sehr weltoffen und auch sehr multikulturell. Das ist keine schlechte Geschichte."
    Kein Rassismus in türkischen Stadien
    Und verschafft ihr vielleicht im Rennen um die Europameisterschaft 2024 einen Vorteil. Neulich erst gab's eine Aktion für Mesut Özil. Der türkische Erstligist Malatyaspor lief bei einem Testspiel in Özil-Trikots auf. Emirhan aus Istanbul sagt, in türkischen Stadien gibt's so gut wie keinen Rassismus oder Ausländerfeindlichkeit:
    "Es gibt keine Ausländerfeindlichkeit, im Gegeteil: Ausländische Kicker sind in der Türkei fast noch beliebter als türkische. Es gab vor Kurzem diesen Fall eines Typen auf Twitter. Der Schrieb: Gomis rennt wie ein Affe. Und an den Fall Emmanuel Eboue erinnere ich mich. Als er bei Galatasaray spielte machten in den Beşiktaş-Tribünen einige Fans Affen-Bewegungen. Aber nicht die ganze Tribüne, nicht alle. Das war ein Geistesgestörter. Die gibt's halt", findet Emirhan.
    Ein enttäuschter Mesut Özil beim Vorrundenspiel Deutschland gegen Südkorea
    Die Türkei versucht die Özil-Affäre auch für sich zu nutzen. (picture alliance / dpa / Sven Simon)
    Der 17-jährige streift sich seine dunklen Locken aus dem Gesicht. Der Twitterer habe sich bei Gomis inzwischen sogar entschuldigt, erzählt der junge Fußball-Fan. Gomis stammt aus dem Senegal. Er spielt für den türkischen Meister Galatasary Istanbul. Emirhan schwärmt für einen anderen Istanbuler Traditionsverein: Fenerbahçe. Der hat seit kurzem einen neuen Präsidenten:
    "Ali Koç tut sehr viel dafür. Wenn er im Stadion ist, trauen sich die Fans auf der Fenerbahçe-Tribüne keine Fluch-Parolen zu skandieren. Selbst Fatih Terim hat Koç's Einsatz gelobt und gesagt, sein Wirken habe eine gute Atmosphäre geschaffen. Deshalb: Die Türkei kann es schaffen. Sie wird gegenüber Deutschland gewinnen und die EM kriegen."
    Lira-Einbruch könnte schwerwiegende Folgen für Verein haben
    Denn im September fällt die Entscheidung, ob Deutschland oder die Türkei die Europameisterschaft 2024 ausrichtet. Deutschlands Chancen stünden seit der Özil-Affäre etwas schlechter, heißt es unter Fachleuten.
    Der türkische Fußball könnte allerdings in nächster Zeit an internationalen Spielern verlieren - und zwar wegen des Einbruchs der Lira. Schließlich werden die Spieler mit Dollar oder Euro bezahlt. Aumeier erinnert sich an einen Fall aus der letzten Saison:
    "Wo zum Beispiel auch schon Spieler von Bursaspor kurz vor Saisonende nicht mehr zum Training erschienen sind, weil sie nicht bezahlt worden sind. Ich denke, dass dieses Jahr ein, zwei Vereine nah an Konkurs vorbeilaufen oder da reinlaufen werden. Ich kann mir nicht vorstellen, dass das durch die Zuschauerzahlen, die sowieso nicht so hoch sind und durch Werbung aufgefangen werden kann, zumal die Werbung ja auch immer noch in türkischer Lira bezahlt wird."
    Die Finanzkrise schlägt also auch auf die Süper Lig durch. Der 20-jährige Esat findet das gar nicht so schlimm:
    "Wünschenswert wäre, die Ablösen und Spielergehälter würden in der Landeswährung gezahlt. Aber so etwas würden die ausländischen Kicker nie und nimmer akzeptieren. Deshalb müssen sich die Klubs zunehmend dem Nachwuchs zuwenden. Und das wäre auch gut so. Trotzdem müssen natürlich auch weiter ausländische Spieler kommen. Das mit dem Nachwuchs funktioniert noch nicht so gut."