Archiv


Lila Gemüse

Die Möhre aus der Pfalz ist lila. BetaSweet heißt sie und wird in ganz Deutschland vermarktet, vor allem in Bio-Läden. Sie hat einen höheren Carotin-Gehalt als die herkömmliche Möhre und ist außerdem viel süßer. Bis das violette Gemüse ein durchschlagender wirtschaftlicher Erfolg wird, dauert es aber noch.

Von Nick Schader |
    Die BetaSweet wächst zwar nur in der Pfalz, vermarktet wird sie aber schon in ganz Deutschland, vor allem in Bio-Läden. Auf der diesjährigen Obst- und Gemüsemesse "Fruit Logistica" wurde sie von einem internationalen Fachpublikum zur drittbesten Innovation des Jahres gewählt. Entdeckt und nach Deutschland geholt wurde die lila Möhre von Bernd Schmidt, dem Geschäftsführer eines Gemüsehandelsunternehmens im pfälzischen Lambsheim.

    "Wir wurden vor fünf Jahren von einem Industriekunden gefragt, nach ganz violetten Karotten. Für eine Saft- und Konzentratherstellung. Und im Zuge der Recherche bin ich auf diese Karotte gestoßen. Wir haben uns dann weiter damit beschäftigt und vor drei Jahren mit dem ersten Testanbau begonnen."

    Den Betriebswirt überzeugte vor allem, dass die Sorte durch traditionelle Züchtung kreiert wurde und nicht durch Gentechnik, eine Voraussetzung für die Vermarktung in Bioläden.

    "Die Karotte wurde an einer texanischen Universität entwickelt, von Professor Pike, und zwar durch herkömmliche Züchtungsmethoden, das heißt Selektion. Es ist eine Kombination aus einer alten Sorte, einer ganz violetten Sorte, und einer orangefarbenen Sorte, wie wir sie alle kennen."

    Mehr als zehn Jahre Züchtungsversuche waren nötig, um die gewünschte Sorte zu bekommen. Dabei griffen die Entwickler auch auf alte Sorten zurück, denn die Lilafärbung entspricht viel eher den Ur-Sorten als die heute bekannten orangenen Karotten.

    "Ursprünglich waren die Karotten bis zum 17. Jahrhundert entweder ganz violett gefärbt oder weiß-gelblich. Sie wurde erst im 17., 18. Jahrhundert von holländischen Züchtern orangefarben gezüchtet."

    Die BetaSweet ist außen und unter der Schale kräftig, dunkel auberginen-farben. Nur im Kern hat sie die bekannte orangene Farbe. Doch nicht nur optisch ist die Sorte außergewöhnlich, sondern auch inhaltlich.

    "BetaSweet soll eigentlich aussagen, dass die Karotte einen höheren Beta-Carotin-Gehalt hat, nämlich bis zu 40 Prozent mehr, als eine herkömmliche Frischmarktmöhre. Sweet deshalb, weil sie um einiges süßer ist. Und auch von der Konsistenz her, also vom Biss her, ist sie eher wie ein Apfel und nicht wie eine Karotte."

    Wir fahren ein paar Kilometer weiter durch die Pfalz, nach Mutterstadt. Gemüsebauer Peter Fehmel ist einer der großen der Region. Auf 120 Hektar baut er Gemüse an, und er war einer der ersten, der auch die BetaSweet ins Programm nahmen. Mittlerweile wächst sie bei ihm auf zwölf Hektar, in der Produktions-Halle sind die Erntehelfer gerade dabei, die Karotten zu sortieren:

    "Wir sind mitten in der Ernte. Wir haben im Juli begonnen, weil es früher nicht möglich ist, weil die BetaSweet dann schosst, wenn man sie zu früh säht. Deshalb können wir auch erst im Juli beginnen, aber dass es so massiv jetzt wird mit der BetaSweet, hat ja keiner ahnen können."

    Die Sorte ist in Anbau und Verarbeitung anspruchsvoller als andere Karotten-Sorten. Die Möhren sind nicht so einheitlich in Größe und Form, noch dazu bringt die BetaSweet deutlich weniger Ertrag pro Hektar, als andere Sorten. Deshalb ist sie letztendlich auch teurer im Verkauf. Das Kilo kostet teilweise über zwei Euro. Doch der Geschmack würde jeden überzeugen, meint jedenfalls der Gemüsebauer.

    "Wenn die BetaSweet ausgereift ist, dann hat sie so einen violetten Ring. In der Mitte ist ja dieselbe Farbe wie bei der normalen Möhre, aber wenn dieser Ring ausgebildet ist, dann trifft auch der Name BetaSweet zu, dann ist die Karotte nämlich recht süß, süßer wie eine normale Möhre."

    Noch ist die BetaSweet kein durchschlagender, wirtschaftlicher Erfolg, sagen Gemüsebauer und Vermarkter. Doch beide glauben daran, und so hat sich Bernd Schmitt, der Vermarkter, schon mal die Beta-Sweet-Lizenzen für ganz Europa gesichert.