Archiv


Linde steigert Umsatz und Gewinn

Ob Neon oder Helium, Kohlensäure oder Sauerstoff, Gase werden in vielen Branchen benötigt. Und das Geschäft mit diesen Industriegasen läuft hervorragend, jedenfalls für Linde. Die Zahlen für das dritte Quartal können sich sehen lassen. Doch bei Linde geht es derzeit nicht nur um Geschäftszahlen.

Von Michael Watzke |
    Bilanz-Pressekonferenzen der Linde AG sind oft so trocken wie Kohlenstoffdioxid in Gasflaschen. Diesmal war das anders. Und das lag weniger an den Bilanzzahlen von Linde. Die sind passabel, mit einem operativen Konzern-Ergebnis von knapp 2,6 Milliarden Euro. Das entspricht laut Linde-Chef Reitzle einer Steigerung von 8,5 Prozent im Vergleich zum Vorjahr.

    "Wir liegen weiterhin auf Kurs, obwohl die Rahmenbedingungen schwieriger geworden sind. Der Konzernumsatz ist per September im Vergleich zum Vorjahr um 8,4 Prozent auf rund elf Milliarden Euro gestiegen. Somit hat sich die operative Marge nochmals leicht auf 23,2 Prozent erhöht."

    Dass es auf der Linde-Pressekonferenz diesmal spannend zuging, lag eher am Vorstands-Vorsitzenden Wolfgang Reitzle. Der kann bisweilen zur "Reitzle-Figur" werden, wie ein Berichterstatter scherzte. Es geht um die Zukunft des 63-jährigen Managers. Medienberichten zufolge könnte Reitzle nach Auslaufen seines Vertrages in anderthalb Jahren direkt in den Aufsichtsrat von Linde wechseln. Ohne eine sogenannte Cooling-off-Phase, wie sie bei den meisten AGs praktiziert wird. Etwa beim Pharmakonzern Bayer mit seinem Ex-Chef Manfred Schneider. Reitzle reagiert auf solche Vergleiche gereizt.

    "Was soll ich jetzt zu Bayer sagen? Das müssen Sie Herrn Schnieder fragen. Sie können mal von einem grundsätzlich ausgehen: dass wir Nachfolge-Regelungen im Vorstand – das gilt auch für den Aufsichtsrat – so umsichtig planen, wie wir unser Industriegeschäft planen."

    Nämlich möglichst diskret. Es gehe um die Sache und nicht um Personen, sagt Reitzle. Und wenn jemand im Unternehmen indiskret sei, sei es mit Reitzles Freundlichkeit vorbei:

    "Um es mal klar zu sagen: bestimmte Dinge, die nicht gehen, die werden einfach sofort und gnadenlos geahndet. Da fliegen die Leute auch raus."

    Reitzles Vorstandskollegen, die neben ihm auf der Bühne saßen, schauten dabei ernst auf die Tischplatte. Wer irgendwann einmal Nachfolger von Reitzle werden könnte - der Chef lässt das offen.

    "Eines Tages übergibt man die Staffel, also den Staffelstab, an den nächsten. Geräuschlos, nahtlos. Das ist jedenfalls unser Ziel."

    Und dass Reitzle dann geräuschlos, nahtlos in den Aufsichtsrat wechselt – explizit ausschließen will er das nicht. Es brauche dazu mindestens 25 Prozent der Aktionäre.

    "Nur dann ginge das ja. Und für so einen Fall wäre das doch völlig in Ordnung. Who knows what happens. Mal sehen, was der Aufsichtsrat beschließt."

    In Sachen Aufsichtsrat spricht Reitzle also nicht gern von einer Cooling-off-Phase. Er hat derzeit schon genug mit der wirtschaftlichen Abkühlung zu tun. Linde will der schwächelnden Weltkonjunktur weiter so erfolgreich trotzen wie bisher. 2013 will Reitzle operativ mindestens vier Milliarden Euro verdienen. Genauer will er sich nicht festlegen:

    "Wer weiß, was alles passiert. Es kann morgen irgendwas mit Europa passieren, und dann? Wir wollen uns ungern korrigieren müssen, schon gar nicht nach unten. Das ist nicht unser Stil."

    Nach unten ist noch nie Reitzles Stil gewesen. Seit er bei Linde an der Spitze steht, hat sich der Aktienkurs verneunfacht.