Es gibt Sprachen, die normalerweise eher langsam gesprochen werden, andere hingegen schnell. Spanisch, Italienisch, Japanisch zum Beispiel fallen in die Kategorie schnell, genauso wie Baskisch. Als eher langsam gelten Englisch oder wie hier Koreanisch. Der Sprachforscher Dan Dediu und Kollegen von der Universität Lyon fragten sich, inwieweit solche Unterschiede auch einen Einfluss darauf haben, welche Informationsmenge beim Sprechen in einer bestimmten Zeit übermittelt werden kann.
Spanisch, Italienisch, Japanisch werden schnell gesprochen
"Die Zahl der verfügbaren Silben und Phoneme im Englischen und Japanischen sind ja sehr unterschiedlich. Auch die Syntax und die Grammatik sind sehr verschieden. Dennoch müssen die Menschen in beiden Sprachen eine ähnliche Menge an Information kommunizieren. Also wie machen die Sprachen das?"
Um das zu erfassen, suchten die Forscher nach einem Maß für die Menge an Information, die Sprecher in verschiedenen Sprachen pro Sekunde übermitteln. Als erstes bestimmten sie dafür die Informationsdichte von 17 Sprachen aus aller Welt. Neben den schon genannten Sprachen waren auch Türkisch, Finnisch, Thailändisch oder Chinesisch darunter. Mit der Informationsdichte ist gemeint, wieviel Inhalt oder Verständnisgewinn jede einzelne gesprochene Silbe für einen Zuhörer mit sich bringt. Es gibt Sprachen, in denen pro Silbe mehr Informationen vermittelt werden als in anderen.
"Bei Sprachen, in denen Silben viel Information tragen, tendieren die Menschen dazu langsamer zu sprechen als bei Sprachen, wo jede neue Silbe weniger Information liefert."
39 Bits pro Sekunde sind universell
In einem zweiten Schritt untersuchte Dan Dediu, welche Informationsrate die verschiedenen Sprachen in der Praxis bieten. Die Informationsrate, also der Informationsfluss pro Zeit, ergibt sich aus der Informationsdichte und dem typischen Sprechtempo. Letzteres ermittelten die Forscher, indem sie in jeder Sprache jeweils zehn Menschen verschiedene Texte mit gleichem Informationsgehalt laut lesen ließen. Anschließend analysierten sie die Aufnahmen davon. Dabei zeigte sich ein überraschender Zusammenhang: Die durchschnittliche Informationsrate, ausgedrückt in der Maßeinheit Bit pro Sekunde, war bei allen untersuchten Sprachen nahezu gleich - und zwar 39 Bit pro Sekunde, mit einer relativ geringen Schwankungsbreite.
"Wenn eine Sprache eine hohe Informationsdichte besitzt, wird sie langsamer gesprochen, und zwar so, dass sich der gleiche Informationsfluss von 39 Bit pro Sekunde ergibt wie bei einer weniger informationsdichten Sprache, die dafür schneller gesprochen wird. Ich war überrascht, wie einheitlich diese universelle Tendenz zu den 39 Bits pro Sekunde besteht."
Weitere Forschung notwendig
Eine eindeutige Erklärung, warum Menschen überall auf der Welt in der gesprochenen Sprache zu einer sehr ähnlichen Informationsrate tendieren, hat Dan Dediu noch nicht. Er vermutet aber, dass es damit zusammenhängen könnte, wie Sprache im Gehirn verarbeitet wird. Offenbar sind 39 Bit pro Sekunde ein ideales Tempo, bei dem die Gehirne von Sprechern und Zuhörern einander gut folgen können, ohne Gefahr zu laufen, dass Informationen verloren gehen. Um das nachzuweisen, wären aber noch weitere Experimente nötig.
"Wir bräuchten einige wirklich gute psycho-linguistische und neuro-kognitive Studien, um genauer zu erfassen, wie Menschen ihre Sprachgeschwindigkeit anpassen, um Informationen optimal zu übermitteln."