Bundestagswahl 2025
Die Linke: Mitgliederboom gibt Rückenwind im Endspurt

2024 war für die Linke ein schwieriges Jahr. Sahra Wagenknecht grub der Partei mit dem BSW das Wasser ab. Kurz vor der Bundestagswahl steigen Mitgliederzahlen und Umfragewerte - auch dank der neuen Spitzenkandidaten Heidi Reichinnek und Jan van Aken.

    Heidi Reichinnek, Spitzenkandidatin der Partei Die Linke zur Bundestagswahl 2025, und Jan van Aken, Bundesvorsitzender und Spitzenkandidat der Partei Die Linke, jubeln während des Bundesparteitags der Linken zur Bundestagswahl 2025
    Mit Heidi Reichinnek und Jan van Aken hat Die Linke vor der Bundestagswahl am 23. Februar noch mal deutlich in den Umfangen zugelegt (Sebastian Christoph Gollnow / dpa )
    Bis vor kurzem sah es so aus, als werde die Bundestagswahl 2025 für die Linke ein politischer Existenzkampf. Die Umfragewerte lagen unter der Fünf-Prozent-Marke. Kurz vor der Bundestagswahl scheint sich das Blatt zu drehen: Die Linke meldet einen neuen Mitgliederrekord. Mehr als 23.000 neue Parteimitglieder konnte die Linken seit Jahresbeginn hinzugewinnen. Und auch bei den Umfragen erlebt Die Linke einen deutlichen Aufschwung.

    Inhalt

    Wer führt die Linke in die Bundestagswahl?

    Ines Schwerdtner (35) und Jan van Aken (63) sollen die Linke als neue Vorsitzende wieder nach vorn bringen, gewählt wurden sie auf dem Bundesparteitag im Oktober. Ihre Vorgänger Janine Wissler und Martin Schirdewan waren nach zahlreichen Wahlniederlagen der Partei nicht wieder angetreten.
    Dem neuen Führungsduo wird der Erfolg zugeschrieben, die zerstrittene Partei zumindest zunächst geeint zu haben. Im Vorfeld des Parteitags hatten van Aken und Schwerdtner zahlreiche Gespräche mit den verschiedenen Strömungen innerhalb der Linken geführt, um zu gemeinsamen Positionen zu kommen.
    Van Aken ist ein Ex-Greenpeace-Campaigner und hat auch schon für die UN als Biowaffeninspektor gearbeitet. Aus der aktiven Politik hatte er sich vorübergehend zurückgezogen und ein Buch über die friedliche Beilegung von internationalen Konflikten veröffentlicht. Dadurch war er medial durchaus präsent. Die Publizistin Schwerdtner ist erst seit einem Jahr in der Partei.
    Im Wahlkampf agieren van Aken und Heidi Reichinnek als Spitzenkandidaten der Linken. Reichinnek ist eine der zwei Vorsitzenden der Linken-Gruppe im Bundestag. Sie kommt aus der Jugend- und Sozialarbeit und setzt dort auch ihre Schwerpunkte.
    Heidi Reichinnek von der Partei Die Linke klatscht in die Hände.
    Heidi Reichinnek soll mithelfen, die Linke wieder in den Bundestag zu bringen. Sie ist neben Jan van Aken Spitzenkandidatin ihrer Partei. (picture alliance / dpa / Swen Pförtner)
    Auch Gregor Gysi engagiert sich noch einmal für seine Partei. Er hatte auf dem Linken-Parteitag angekündigt, dass er, Dietmar Bartsch und Bodo Ramelow sich um Direktmandate bewerben wollen.

    Mit welchen Inhalten geht die Linke in den Wahlkampf?

    Im Herbst führte die Linke Haustürgespräche, um zu erfahren, was den Menschen auf dem Herzen liegt. Deren Wünsche und Bedürfnisse wurden zur Grundlage des Wahlprogramms, das am 18. Januar auf einem eintägigen Parteitag in Berlin beschlossen wurde.
    Als zentrale Themen für den Wahlkampf hat die Linke bezahlbare Mieten und niedrigere Lebenshaltungskosten gewählt. „Die Wohnungsfrage ist die soziale Frage unserer Partei“, sagte Jan van Aken vor dem Parteitag. In ihrem Wahlprogramm fordert die Linke einen bundesweiten Mietendeckel. Staffelmieten sollen verboten werden.
    Außerdem will die Partei Preise für Energie und Lebensmittel senken, indem die Mehrwertsteuer für Grundnahrungsmittel, Bus und Bahn abgeschafft wird. Auch Strom und Heizenergie sollen günstiger werden. Zudem will die Linke Vermögende stärker besteuern und eine Milliardärssteuer einführen.
    Darüber hinaus soll der Mindestlohn nach dem Willen der Partei auf 15 Euro die Stunde erhöht, das Bürgergeld zu einer "sanktionsfreien Mindestsicherung" umgebaut, eine Viertagewoche eingeführt und die Schuldenbremse abgeschafft werden. Sollte die Linke im nächsten Bundestag vertreten sein, wäre dies nach den Worten von Parteichef van Aken eine „Lebensversicherung für soziale Gerechtigkeit“.
    In der Außenpolitik setzt die Partei auf eine „friedenspolitische Zeitenwende“. Statt Waffen in Kriegsgebiete zu liefern, sollten gezielte Sanktionen ausgesprochen und diplomatische Lösungen gefunden werden. Die Stationierung von US-Mittelstreckenwaffen in Deutschland lehnt die Linke ab.

    Mit welchen Problemen kämpft die Linke gerade?

    Die Linke steckte bis vor kurzem in einer extrem schwierigen Phase. Nach dem Zerwürfnis mit Sahra Wagenknecht und der von ihr neu gegründeten Partei BSW befand sich die Linke lange Zeit im Umfragetief. Die letzten Landtagswahlen verlor sie krachend.
    In Brandenburg holte die Linke nur noch 3,0 Prozent (2019: 10,7). Das BSW kam mit 13,5 Prozent ins Ziel. In Thüringen verbuchte die Linke 13,1 Prozent (2019: 31,0). Das BSW holte hier 15,8 Prozent. Und in Sachsen fuhr die Linke nur 4,5 Prozent ein (2019: 10,4). Das BSW kam aus dem Stand auf 11,8 Prozent.
    Damit ging Wagenknecht aus dem langen, erbitterten Streit erst einmal als Siegerin hervor. Nun scheint sich das Blatt gewendet zu haben. Die Linke hat in den aktuellen Umfragen deutlich an Zustimmung gewonnen, während der Einzug des BSW in den Bundestag an der Fünf-Prozent-Hürde scheitern könnte.

    Wie stehen die Chancen für die Linke, in den Bundestag einzuziehen?

    Die Linke macht sich Mut mit vielen neuen Mitgliedern. Kurz vor den Bundestagswahlen gibt es für die Partei, mit der es monatelang scheinbar abwärts ging, Hoffnung: Die Linke verzeichnet nach einer beispiellosen Eintrittswelle knapp 81.200 Mitglieder - nach Parteiangaben so viele wie nie zuvor seit ihrer Gründung 2009.
    Anlass dafür ist nach Angaben eines Parteisprechers auch die umstrittene gemeinsame Migrationsabstimmung von Union, FDP und AfD am 29. Januar 2025. Das Durchschnittsalter der seitdem neu eingetretenen Menschen liegt nach Parteiangaben bei 28,7 Jahren, knapp 53 Prozent der Neuen seien Frauen. „Die Linke wächst und zieht immer mehr Menschen an, die eine gerechte Politik wollen“, sagte der Vorsitzende Jan van Aken.
    Stand Februar könnte die Partei laut Umfragen mit rund 7 Prozent den Einzug in die Bundestagswahl schaffen. Zuvor ist die Partei in den Umfragen lange Zeit nicht über die Fünf-Prozent-Hürde gekommen und musste um ihre Rückkehr ins Parlament bangen.
    Die Partei setzt auch auf Direktmandate, um wieder in den Bundestag einzuziehen. Parteien, die mindestens drei Direktmandate gewinnen, sind von der Fünf-Prozent-Hürde ausgenommen. Auf diese Weise hatte es die Linke schon 2021 ins Parlament geschafft. Damals kam sie auf 4,9 Prozent der Stimmen.

    Wie sind die Aussichten der Linken auf eine Regierungsbeteiligung nach der kommenden Bundestagswahl?

    Erklärtes Ziel der Linken ist, nach der vorgezogenen Wahl wieder in Fraktionsstärke im Bundestag zu sitzen. Die Linke hatte sich Ende 2023 als Fraktion im Bundestag nach langen Querelen und dem Austritt von Sahra Wagenknecht und weiteren Abgeordneten aufgelöst. Seitdem ist sie im Bundestag nur noch als Gruppe vertreten und hat dadurch weniger Rechte als eine Fraktion.
    Mitregieren im Bund ist für die Linke derzeit kein Thema. „Es gibt mit Grünen und SPD schlicht zu wenig Überschneidungen“, sagte Ines Schwerdtner im Oktober dem „Spiegel“. Auf Länderebene müsse man im Einzelfall schauen, ob es passen könne.

    aha, tan