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Linken-Politiker Hahn
"Eine vertane Chance für Hamburg und den deutschen Sport"

Er bedauere das Nein der Hamburger zu einer Bewerbung um die Olympischen Spiele 2024, sagte André Hahn (Linke), Mitglied im Sportausschuss des Bundestages, im DLF. Die Abstimmung sei aber ein "letzter Warnschuss" für den internationalen Sport. Nun müsse dort die Glaubwürdigkeit zurückkehren, sonst werde die Idee von Olympia pervertiert.

André Hahn im Gespräch mit Christine Heuer |
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    Hahn: "Ich persönlich bedauere die Entscheidung." (Deutschlandradio)
    Hahn sprach von einer vertanenen Chance für Hamburg und auch für den deutschen Sport "hier zu zeigen, dass wir in der Lage sind, solche Veranstaltungen qualitativ hochwertig und auch sicher durchzuführen." Er könne aber die Bedenken der Olympia-Gegner nachvollziehen. Schließlich sei bis zum Schluss die Finanzierung nicht geklärt gewesen, vielleicht habe auch der DFB-Skandal eine Rolle gespielt.
    Wenn Glaubwürdigkeit in den internationalen Sport zurückkehre, gebe es vielleicht wieder eine Chance für Olympia in Deutschland. Der Linken-Abgeordnete mahnte: "Man muss zurückkehren zur ursprünglichen olympischen Idee." Der Kommerz dürfe nicht die Spiele dominieren. Die Entscheidung der Hamburger sei ein klares Signal an das Internationale Olympische Komitee und den Deutschen Olympischen Sportbund, das die Menschen das ablehnten. Hahn sprach von einem "letzten Warnschuss" an die Verbände. Wenn die Verantwortlichen das nicht begriffen, werde keine Demokratie mehr die Spiele austragen.

    Das komplette Interview zum Nachhören:
    Christine Heuer: Die Hamburger wollen nicht. Beim Referendum über die Olympia-Bewerbung ihrer Stadt für 2024 sagten 51,6 Prozent nein - eine knappe Niederlage zwar für die Olympia-Befürworter, aber eben doch eine Niederlage. Am Telefon begrüße ich den Linken-Politiker André Hahn, Mitglied im Sportausschuss des Deutschen Bundestages. Guten Morgen, Herr Hahn. - Die Linke, Herr Hahn, die war jetzt von der Idee Olympischer Sommerspiele in Hamburg ohnehin nicht so begeistert. Freuen Sie sich über das Ergebnis?
    André Hahn: Nein. Ich muss sagen, ich persönlich bedauere die Entscheidung. Ich kann aber die Bedenken der Olympia-Gegner durchaus nachvollziehen und verstehen. Es war ja bis zum Schluss die Finanzierung nicht geklärt, insbesondere der Anteil des Bundes. Und es gibt innerhalb der Linken auch in der Bundestagsfraktion durchaus eine ganze Reihe von Abgeordneten, die grundsätzliche Bedenken gegen derartige Sportgroßereignisse haben, wegen der Korruption beim IOC, bei der FIFA, wegen der zunehmenden Kommerzialisierung der Spiele und auch wegen fehlender Nachhaltigkeit beim Bau von Stadien und Sportanlagen. Und möglicherweise haben auch Sicherheitsbedenken in Hamburg eine Rolle gespielt. Nach Paris und nach der Absage des Länderspiels in Hannover befürchteten vielleicht einige, dass es dort einen Hochsicherheitstrakt über Wochen geben könnte. All diese Gemengelage hat sicherlich zu dieser Entscheidung geführt.
    Heuer: Sie haben gerade gesagt, Sie persönlich bedauern diese Entscheidung. Was verliert Deutschland denn nach diesem Referendum durch die Hamburger?
    Hahn: Ich denke, es wäre möglich gewesen, zu zeigen, dass man auch in Demokratien solche Sportgroßereignisse stattfinden lassen kann. Die letzten Entscheidungen sind ja alle nun nicht gerade in Staaten gegangen, die dort besonders vorbildlich sind. Und das Hamburger Konzept war aus meiner Sicht auch dazu geeignet, dass man zeigen kann, dass bescheidenere Spiele, kleinere Spiele möglich sind und auch erfolgreich sein können. Da ist aus meiner Sicht eine Chance vertan worden, abgesehen von den wirtschaftlichen Entwicklungen, die es für die Stadt auch gegeben hätte, für die Verbesserung der Infrastruktur, die damit einhergegangen wären. Da ist es aus meiner Sicht schon eine vertane Chance für Hamburg und auch für den deutschen Sport, hier zu zeigen, dass wir in der Lage sind, solche Veranstaltungen qualitativ hochwertig und auch sicher durchzuführen.
    Heuer: Nun sind die Hamburger ja nicht die ersten, die sich gegen Olympia entscheiden. München hat das auch getan. Woran liegt das? Warum sind die Deutschen dieser sportlichen Großereignisse so müde geworden, nachdem wir doch das Sommermärchen hatten und diese fabelhafte Stimmung in Deutschland?
    Hahn: Ich hoffe nicht, dass es eine generelle Ablehnung zum Beispiel gegenüber jeder Form von Leistungssport ist, die sich dahinter verbirgt. Es sind ja viele Menschen gar nicht zur Wahl gegangen. Denen war es offenbar egal, ob Olympia stattfindet oder nicht. In München lag es aus meiner Sicht an der absolut fehlenden Kommunikation. Das hat man diesmal, glaube ich jedenfalls, besser gemacht, rechtzeitig die Konzepte von Berlin und Hamburg vorgestellt. Und dennoch werden diese anderen Gründe, die ich schon genannt habe, überwogen haben, also die Skepsis gegenüber dem Internationalen Olympischen Komitee, gegen Korruption, gegen auch die Finanzierung, die in Hamburg natürlich alleine nicht gestemmt werden konnte. Und die Zusagen des Bundes hat es nicht in ausreichendem Maße gegeben. Und vielleicht hat auch der DFB-Skandal noch eine Rolle gespielt, der ja auch mit dem Sommermärchen zu tun hatte. Und wo man gesehen hat, dass diese Sportorganisationen zunehmend auch zu großen Unternehmen geworden sind, wo mit allen Mitteln gearbeitet wird. Und das wollen viele offenbar nicht. Ich kann mir das nur so erklären, dass da die Mehrheit zustande kam, denn die Umfragen waren ja in den letzten Wochen durchaus eher auf der Seite der Befürworter.
    Heuer: Herr Hahn, dann sind Josef Blatter und Franz Beckenbauer schuld?
    Hahn: So einfach würde ich es mir persönlich nicht machen und so einfach habe ich es auch nicht gesagt.
    Heuer: Ich habe versucht, das ein bisschen zuzuspitzen.
    Hahn: Na klar! Das ist ja auch völlig in Ordnung. Aber es gab ja eine ganze Kette von Skandalen bei der FIFA, beim IOC, und möglicherweise brauchen wir wirklich dort einen Neuanfang. Thomas Bach versucht das ja als IOC-Präsident mit der Reformagenda 2020, aber das steht zunächst mal nur auf dem Papier. Das muss auch umgesetzt werden, damit Glaubwürdigkeit zurückkommt in den internationalen Sport. Und dann wird es vielleicht auch wieder eine Chance geben für Olympia in Deutschland.
    Heuer: Wird mit Sport einfach zu viel Geld verdient, jetzt mal abgesehen davon, ob das legal oder illegal passiert? Macht das einfach keine Freude mehr, weil es ein riesiges Geschäft ist. Und das, worum es wirklich geht, das ist dort längst untergegangen?
    Hahn: Ich denke, man muss in der Tat zurückkehren zur ursprünglichen olympischen Idee, zum friedlichen Miteinander, zum friedlichen Wettstreit und das Geld zurückdrängen. Man darf aber auch keine Illusionen haben. Es geht um Fernsehrechte, da geht es um sehr viel Geld. Milliarden Menschen auf der Welt wollen solche Spiele sehen. Das kostet auch etwas. Aber es darf nicht die Oberhand gewinnen. Es darf nicht der Kommerz die Spiele dominieren.
    Heuer: Ist doch längst so, Herr Hahn.
    Hahn: Ja. Ich möchte ja das ändern! Das ist doch eigentlich ein klares Signal an die Verantwortlichen auch beim IOC und beim Deutschen Olympischen Sportbund, dass die Menschen das ablehnen. Deshalb muss sich dort durchgreifend etwas ändern. Sonst gibt es keine Zustimmung. Ich finde es richtig, dass man die Bevölkerung befragt. Und jetzt hat man ein weiteres Mal gesehen, dass die Bedenken dort sehr groß sind und in diesem Falle auch wieder überwogen haben. Und das muss ein letzter Warnschuss sein. Ansonsten ist die gesamte Idee, die ich für richtig halte, von Olympia wirklich pervertiert und so kann es nicht weitergehen. Und wenn die Verantwortlichen das nicht begreifen, dann wird keine Demokratie mehr bereit sein, Spiele auszutragen. Wenn selbst Städte wie Oslo bei Winterspielen absagen, ein traditionelles Wintersportland wie Norwegen, wo auch die Bevölkerung genau die gleichen Bedenken hat wie jetzt offenbar die Hamburger, dann ist das ein ganz ernstes Warnsignal. Und das sollte der Sport und sollte die Politik auch ernst nehmen.
    Heuer: Der Linken-Sportpolitiker André Hahn. Herr Hahn, vielen Dank für das Interview und auch, dass Sie sich kurzfristig die Zeit heute Morgen für uns genommen haben.
    Hahn: Sehr gerne. Auf Wiederhören.
    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.