"Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir setzen unsere unterbrochene Sitzung fort und kommen zu Punkt 10 der Tagesordnung. Beschlussfassung ..."
Vergangene Woche im saarländischen Landtag. Der parlamentarische Geschäftsführer der Linken, Heinz Bierbaum, bringt einen Antrag seiner Fraktion zu TTIP ein. Die zwischen den Vereinigten Staaten und der EU stattfindenden Verhandlungen über ein Freihandelsabkommen und die bereits ausgehandelte Vereinbarung zwischen der Europäischen Union und Kanada dürften nicht weiter verfolgt werden.
"Immerhin sind 3,4 Millionen Unterschriften dagegen gesammelt worden. Es gibt eine große, wichtige Bewegung gegen dieses Abkommen und deshalb bin ich der Auffassung, dass wir als Landtag uns einsetzten sollten, dass dieses Abkommen gestoppt wird."
Etwas anderes als ein kategorisches Nein dürfe es dazu nicht geben, begründet Oskar Lafontaine, der Fraktionsvorsitzende der saarländischen Linken, den Antrag.
"Dieses Abkommen ist ein weiterer Schritt hin zum Abbau der Demokratie. Sein Kern ist ja, eine Sondergerichtsbarkeit einzusetzen, die dazu führt, dass die Konzerne ihre Interessen auch gegen die demokratischen Entscheidungen in den Nationalstaaten durchsetzen können. Und da wäre es erfreulich, wenn die große Mehrheit der linken Partien in Europa dabei bliebe, dieses Demokratie abbauende Abkommen abzulehnen."
TTIP-Verweigerung als einigendes Band
Für die europäischen Linken jenseits der Sozialdemokratie stellt die Verweigerung gegenüber TTIP das einigende Band dar. Von den französischen Kommunisten, über die Vertreter der Parti de gauche, Syriza in Griechenland, Podemos in Spanien bis hin zur deutsche Linken - alle seien sie gegen das Freihandelsabkommen und das von Anfang an, betont Heinz Bierbaum, der auch Vorsitzende der internationalen Kommission der Linken ist.
"Ich glaube, das hilft, auch die europäische Dimension der Linken insgesamt zu stärken."
Die Linke jongliere nicht mit Ja-Aber Positionen zu TTIP wie die Sozialdemokraten. Andererseits erschöpfe sich im Protest gegen das Freihandelsabkommen der linke Gleichklang in Europa, sagt der Vorsitzende der internationalen Kommission, ein Gremium, das den Bundesvorstand der Partei Die Linke in internationalen und europäischen Fragen berät.
Eine Standortbestimmung tue Not, sagt Bierbaum: Es müssten Eckpunkte definiert werden, wofür die europäische Linke stehe. Der Parteitag am Wochenende in Magdeburg böte dafür eine gute Gelegenheit. Notwendig sei diese Positionsbestimmung vor allem deshalb, weil das griechische Experiment, linke Politik durchzusetzen, inzwischen als gescheitert angesehen werden müsse. Der einstige Hoffnungsträger, die griechische Syriza mit Alexis Tsipras an der Spitze könnte augenblicklich der europäischen Linken nicht als Vorbild dienen.
"Nach meiner Ansicht ist es gescheitert. Ich finde, dass Syriza überlegen muss, ob sie für diese Entwicklung weiter die Verantwortung, die Regierungsverantwortung übernehmen kann oder ob sie nicht ihr Mandat zurückgeben muss. Also, bisher können wir von keinem Erfolg reden."
Syriza sei zwar nicht an sich selbst gescheitert, sondern an den neoliberalen Kräften und ihren Handlangern, argumentiert Oskar Lafontaine. Die europäischen Institutionen, allen voran die Europäische Zentralbank, hätten die linke griechische Regierung in die Knie gezwungen.
"Das Scheitern der Syriza–Regierung in Griechenland ist ein Problem für die Linke, weil das ein Rückschlag ist. Die Menschen in Südeuropa, die auf linke Parteien ihre Hoffnung setzen, erleben jetzt in Griechenland, dass die europäischen Verträge so wie sie sind und dass die europäischen Institutionen so wie sie sind, eine soziale, eine linke Politik nicht zulassen. Das ist eine große Enttäuschung. Aber die Linke kann dem Widerstand leisten, indem sie Vorschläge macht, wie solche Zustände wirklich überwunden werden können."
Plan B zum Euro ist durchaus umstritten
Dazu zählt der sogenannte Plan B, der auf europäischen Konferenzen ausgearbeitet wurde. Federführend dabei waren der Chef der Parti de Gauche in Frankreich, Jean-Luc Mélenchon, Oskar Lafontaine sowie der ehemalige griechische Finanzminister Yanis Varoufakis. Auch eine Reihe von Europa-Abgeordneten der deutschen Linken hat den Plan B unterzeichnet. Sie seien entschlossen, so heißt es im Papier, mit diesem Europa zu brechen. Sie stellen den Euro grundsätzlich infrage und verlangen eine andere europäische Geldpolitik.
"Deshalb ist der Kern des Plans B, den europäischen Ländern die Herrschaft über die Geldpolitik teilweise wieder zurückzugeben, denn der eigentliche Henker der europäischen Demokratie war im Falle Griechenlands die Europäische Zentralbank, die schlicht und einfach gesagt hat, hat wir drehen euch den Geldhahn zu und dann geht gar nichts mehr."
Über den Plan B müsse diskutiert werden, allerdings mit aller gebotenen Vorsicht. Damit geht der Vorsitzende der internationalen Kommission, Heinz Bierbaum, auf Distanz. Mit seiner radikalen Forderung nach einem Bruch mit den europäischen Institutionen berge dieser Plan enormes Spaltpotenzial, das sich bereits in Griechenland gezeigt habe, wo Syriza sich gespalten hat. Auch in Frankreich treibe die Diskussion um den Euro die Linke auseinander. Darüber hinaus sei der Plan B augenblicklich weder auf europäischer Ebene noch in den Reihen der deutschen Linken mehrheitsfähig, so Bierbaum.
"Die deutsche Linke ist im Grunde genommen am Plan B nur durch die Person Lafontaine und einige andere beteiligt. Dazu zählt sicher auch der Europaabgeordnete der Linken, Fabio de Masi. Ansonsten ist der Plan B nicht mehrheitlich von der deutschen Linken getragen."
Mit 36 Jahren gehört Fabio de Masi zu einer anderen Generation als seine deutschen Fraktionskollegen in Brüssel, die allesamt um die 60 Jahre alt sind. Er ist das junge Gesicht der deutschen Linken im Europaparlament. Unter anderem im Zusammenhang mit den Enthüllungen um Luxleaks und dem entsprechenden Sonderausschuss des Europaparlaments hat er viel Aufmerksamkeit bekommen.
"Ich zum Beispiel persönlich, ich habe immer gesagt: Der Euro wird auseinanderbrechen, wenn wir zum Beispiel nicht dafür sorgen, dass wir auch in Deutschland höhere Löhne, höhere öffentliche Investitionen haben. Wenn wir immer mehr ins Ausland verkaufen, als von dort einkaufen, also exportieren, müssen sich die anderen verschulden."
Seit 2014 ist Fabio de Masi Mitglied des Europaparlaments. Er gehört zum Flügel der gewerkschaftsnahen Sozialistischen Linken und fordert – wie Oskar Lafontaine – einen Plan B als Alternative zum Euro.
"Diese Debatte wird in meiner Partei weitergeführt, die wird in Griechenland geführt, die wird in Spanien geführt, die wird in der breiten Bevölkerung geführt. Ich bin ja Halbitaliener – in Italien in jeder Ecke im Straßencafé wird darüber diskutiert. Da wären wir ja völlig bescheuert, wenn wir diese Diskussion nicht auch bei uns führen würden."
In der Frage des Euros gespalten
In dieser Diskussion um eine Alternative zum Euro sind auch die 52 Linken im Europaparlament gespalten. De Masi mag da manchem linken Abgeordneten aus Spanien oder Griechenland näher stehen als seinen sechs deutschen Kollegen.
"Unser Markenkern ist natürlich der Kampf gegen die Kürzungspakete, gegen Sozial- und Demokratieabbau in Europa, weil diese Politik unseres Erachtens immer tiefer in die Krise geführt hat."
"Gegen" – dieses Wort hört man häufig aus der Konföderalen Fraktion der Vereinten Europäischen Linken/Nordischen Grünen Linken – wie die Fraktion im Europäischen Parlament offiziell heißt. Gegen das Freihandelsabkommen TTIP, gegen das 315-Milliarden-Investitionspaket von Kommissionschef Juncker, gegen das EU-Türkei-Abkommen in der Flüchtlingskrise. Das gehöre zur Aufgabe der Fraktion, meint Cornelia Ernst, Chefin der deutschen Delegation, also der Abgeordneten der deutschen Partei die Linke:
"Aber es gibt natürlich Entwicklungen in letzter Zeit in Europa, die wirklich sehr bedenklich sind. Wo man dann auch ein Stoppzeichen zeigen muss und sagen muss: Das geht so nicht – Stichwort Flüchtlingspolitik oder TTIP. Da sind wir, denke ich, sehr konsequent. Und ich glaube, es braucht diesen konsequenten Part auch im Parlament, dass es welche auch gibt, die sagen, das ist wirklich so dramatisch momentan, dass man hier einfach ein Stoppzeichen zeigen muss und das ist in Ordnung."
Die Linke als Fraktion der Nein-Sager zu Europa? So sieht es zumindest Manfred Weber von der CSU, der Fraktionschef der Christdemokraten. Die Stimmengewinne der Linken und der EU-Skeptiker der rechten Fraktionen bei der Europawahl vor zwei Jahren nennt er gerne in einem Atemzug. Diese Nein-Sager von extrem links und extrem rechts würden gemeinsam die Zukunft der EU gefährden, so sieht es jedenfalls Weber.
Gabi Zimmer wehrt sich gegen diese Gleichsetzung. Die ehemalige PDS-Parteichefin ist seit 2014 Vorsitzende der gesamten linken Fraktion im Europaparlament. Ein Scheitern der europäischen Idee hätte unabsehbare Folgen, so Zimmer. Man müsse auf Gedeih und Verderb um diese EU kämpfen, sie zugleich aber auch verändern. Auch, wenn das nicht alle linken Abgeordneten so sehen:
"Natürlich haben wir auch Abgeordnete in unserer Fraktion der Linken, die das Konstrukt der Europäischen Union prinzipiell hinterfragen. Aber die meisten von uns sagen: Wir sind jetzt hier, das ist die Realität. Wir wollen uns dafür einsetzen, dass die Europäische Union eine Zukunft hat. Diese Zukunft ist aber nur möglich, wenn sie sich verändert."
Die Liste der Veränderungsvorschläge ist lang. Delegationsleiterin Cornelia Ernst nennt ein für die Linke besonders wichtiges Beispiel:
"Wir brauchen die Reformen, tief greifende, und vor allem eine Demokratisierung. Denn die Bürgerinnen und Bürger in unseren Ländern sind ganz klar der Meinung – und zu Recht – dass ist undurchsichtig, was hier passiert. Sie sind nicht beteiligt."
Eine Forderung, die man allerdings auch von den EU-Kritikern von rechts hört. Und das ist nicht die einzige Überschneidung. So wollten Abgeordnete um den Briten Nigel Farage und die Französin Marine Le Pen Ende 2014 Kommissionschef Jean-Claude Juncker mit einem Misstrauensvotum zu Fall bringen, der gerade erst sein Amt angetreten hatte. Ihr Argument: Die luxemburgischen Steuerdeals mit internationalen Großkonzernen waren in Junckers Amtszeit als Finanzminister und Premier von Luxemburg abgeschlossen worden. Mit dem gleichen Argument wollte auch die Linke-Fraktion Juncker stürzen. Also eine gemeinsame rechts-linke Abstimmung gegen den Kommissionschef? Für solche Fälle gäbe es unter den Linken eine Absprache, erklärt Fraktionschefin Zimmer:
"Wenn wir zeitlich dazu in der Lage sind, also wenn wir rechtzeitig darüber informiert sind, dass es einen Änderungsantrag gibt, der mit unseren Positionen formal erst einmal übereinstimmen könnte und aber von Rechtsextremen kommt, dann versuchen wir unseren eigenen Antrag noch zu schreiben. Also, wir versuchen, Alternativen zu bauen."
Auch, wenn diese Alternativen dann nicht erfolgreich sind, so geschehen im Fall des Misstrauensvotums gegen Juncker. Hier hatte die linke Fraktion ohne die Rechten nicht einmal die Mindestzahl an Unterstützern erzielt, um ihr Misstrauensvotum überhaupt zur Abstimmung zu bringen. Und das, obwohl sich die Linken in dieser Frage recht einig waren. Selbst das ist beileibe nicht immer so:
"Ja, nehmen wir doch mal die Atomkraft: Da wissen wir, in allen Fraktionen gibt es Gegner und zu denen gehört natürlich die Linke. Und es gibt auch Befürworter. Und natürlich haben wir das auch bei uns in der Fraktion. Und da kann ich natürlich reden, wie ich will mit meinen französischen Freunden, aber hier gibt es eben keinen Kompromiss. Das ist dann eben so und dann stimmen wir eben auch unterschiedlich ab."
Probleme national oder europäisch lösen?
Meint Cornelia Ernst. Ähnlich umstritten ist innerhalb der Fraktion das Thema Subsidiarität, also die Frage, welche Probleme national und welche europäisch gelöst werden müssen. Ein wieder anderes Beispiel ist die Fischereipolitik, bei der die portugiesischen Linken eher aufseiten der Fischer als der Umweltschützer stünden.
"Ich verteidige diese Unterschiedlichkeit deshalb, weil wir auch in der Lage sind, in vielen Fragen zu gemeinsamen Standpunkten zu kommen. Das ist ein unglaublich schwerer Prozess und es gibt Rückschläge. Wir hatten beispielsweise gestern eine Beratung, die war wieder grauenvoll."
Die Fraktion im EU-Parlament sei zwar keine unkomplizierte, dafür aber eine der interessantesten, ergänzt die deutsche Delegationsleiterin. Die deutschen Abgeordneten würden hier häufig eine Vermittlerrolle einnehmen – auch, weil sie die größte Gruppe innerhalb der Fraktion darstellten.
"Ich habe eines gelernt in den letzten Jahren hier in Brüssel und Straßburg, dass Politik nicht heißt, mit dem Kopf durch die Wand, sondern Kompromisse schmieden, fähig sein, die Debatte voran zu treiben, und das ist bei uns in der Fraktion auch so."
In grundsätzlichen Fragen werde nicht abgestimmt, sondern so lange verhandelt, bis man in der Fraktion zu einer gemeinsamen Position komme, erklärt die Vorsitzende Zimmer. Und wenn es diese nicht gäbe, dann sei eben das das Ergebnis – dann ist man ist also wenigstens einig, dass man sich nicht einigen kann.
Vergangene Woche in Metz, nur wenige Kilometer entfernt von der deutschen-französischen Grenze. Die Gewerkschaften, mehrheitlich dominiert von den französischen Kommunisten, brachten Tausende Menschen gegen die Arbeitsmarktreform der sozialistischen Regierung auf die Straße.
Französische PS dient nicht als Vorbild
Als 2012 die französischen Sozialisten mit Francois Hollande an der Spitze die Regierungsgeschäfte in Frankreich übernahmen, galt auch er als ein potenzieller Hoffnungsträger des linken Lagers. Denn links in Frankreich, das bedeutete stets die Verteidigung sozialer Errungenschaften wie der 35-Stunden-Woche und das hieß immer: lieber mehr Staat als private Initiative. Sozialdemokratisches Gedankengut war der PS, der Parti Socialiste, eher fremd. Aber im Spannungsfeld zwischen linker Erwartung und der Notwendigkeit nach Reformen fand die Regierung keinen gangbaren Weg. Schließlich entschloss sich der französische Präsident im aktuellen Arbeitsmarktgesetz, die 35-Stunden-Woche zu opfern. Mehr noch. In einem Interview des Radiosenders "Europe 1" sagte Hollande, er wolle aus der PS eine Art Sozialdemokratie nach deutschem Vorbild machen.
Der linke Flügel der PS rebelliert inzwischen offen und hat gegen die eigene Regierung ein Misstrauensvotum auf den Weg gebracht. Es ist nur knapp gescheitert. Auch Oskar Lafontaine, der von jeher intensive Kontakte zur französischen Linken pflegt, reagierte mit einem Kopfschütteln auf die Äußerungen Hollandes.
"Wenn jetzt der französische Präsident sagt, er möchte eine Politik umsetzen in Frankreich wie Schröder, dann stellt sich doch die Frage, was ist mit den linken Parteien in Europa passiert? Man könnte fast meinen, ein Agent hätte einen Virus eingeschleust, der die Hirnfunktionen außer Kraft setzt. Denn wenn eine Partie sieht, das eine Schwesterpartei, in diesem Fall die deutsche Sozialdemokratie, mächtig verliert, wenn sie eine bestimmte Politik macht, was veranlasst dann diese Partei dann - in diesem Fall die Parti Socialiste in Frankreich -, dieselbe Politik anzukündigen und praktisch in ihr eigenes Verderben zu rennen, darauf habe ich keine Antwort."
Der Parti Socialiste ist dabei, in verschiedene Gliederungen zu zerfallen. Für gemeinsame Ideen einer linken europäischen Politik sei der PS verloren, glaubt der linke luxemburgische Parlamentsabgeordnete David Wagner.
"Ich denke, die Linke in Frankreich soll sich total unabhängig von dem, was im Elysee und was im PS geschieht, artikulieren. Die haben sich total diskreditiert, die gehören nicht mehr zur Linken, der PS soll man rechts liegen lassen, da wo sie sich angesiedelt hat."
Deutsche Linkspartei als Vorbild
Aber auch die übrigen linken französischen Parteien, die Kommunisten und die französische Linkspartei, haben seit den letzten Parlamentswahlen stark an Zustimmung eingebüßt. Sie haben weder dem immer stärker aufkommenden Rechtspopulismus in Frankreich etwas entgegen zu setzen, noch bietet die Einheitsfront links von der PS gangbare Lösungen für die europäischen Probleme. Vor diesem Hintergrund richtet sich der Blick auf Deutschland, sagt der Politikwissenschaftler David Wagner. Aufgrund ihrer stabilen Repräsentanz im Bund, in den Länderparlamenten und in Europa werde die Linkspartei an Einfluss gewinnen.
"Ich hoffe, das ist meine persönliche Einschätzung, dass sie sich nicht unter Preis verkaufen wird, wenn sie die Möglichkeit hat bundesweit. Denn ich glaube, dass wir keine Sozialdemokratie plus brauchen. Wenn die Linke eine bessere SPD sein möchte, sage ich mal von Luxemburg aus, ist das ein strategischer Fehler."
Mit Sarah Wagenknecht an der Spitze der Fraktion im Bundestag ist das wohl kaum zu erwarten. Sie grenzt sich ab von europäischen Errungenschaften wie dem Euro, für sie ein Symbol neoliberaler Politik. Und Wagenknecht redet zur Lösung sozialer Fragen dem Nationalstaat das Wort. Die europäischen Institutionen seien zu einem ferngesteuerten Technokratensumpf verkommen, heißt es in ihrem neuesten Buch. Die Souveränität des Nationalstaates dürfe nicht länger dem Diktat aus Brüssel unterworfen werden, lautet der Tenor. Damit kommt die Fraktionsvorsitzende der Linken im Bundestag rechten Parolen wie sie von der AfD bemüht werden, gefährlich nahe. Aber der internationale Koordinator der Partei, Heinz Bierbaum, beschwichtigt.
"Die rechte Politik ist eine klar nationalistisch ausgerichtete Politik, die auf Exklusion ausgerichtet ist und nicht auf Integration, das unterscheidet uns grundsätzlich von der Rechten. Und insofern sehe ich nicht – auch wenn seitens eines Teils der Linken der Euro infrage gestellt wird -, dass wir da in einen Topf geworfen werden."
Gregor Gysi möchte nach eigenem Bekunden sein politisches Rentnerdasein beenden und sich in europäischen Fragen stärker engagieren. Er ist nicht als glühender Befürworter des Euro bekannt, aber es sei jetzt an der Zeit, für die Gemeinschaftswährung eine Lanze zu brechen, sagte er in der ARD.
"Wenn die nationalen Währungen wieder zurückkommen, sind alle anderen Währungen nichts wert. Die deutsche Mark bekäme einen hohen Wert, unser Export bräche zusammen, wir sind einfach viel zu teuer, Massenarbeitslosigkeit, schlimme Erscheinungen, deshalb ist das kein Weg. Wir sind auf den Euro mehr angewiesen als andere Länder."
Heinz Bierbaum, der Vorsitzende der internationalen Kommission, stellt sich auf dem bevorstehenden Bundesparteitag in Magdeburg zur Wiederwahl. Er warnt davor, sich in einer Diskussion über den Euro zu verzetteln, weil das von den eigentlichen Themen ablenke.
Die Linke solle sich starkmachen für mehr öffentliche Investitionen, für eine Abkehr von den strengen Verschuldungsregeln des Fiskalpaktes und eine wirksame Regulierung des Finanzmarktes. Die Linke brauche eine europäische Perspektive.
"Auch die deutsche Linke ist - wie viele andere Linken auch - noch zu sehr national, noch zu sehr deutsch ausgerichtet. Die Europapolitik ist ein wichtiger Punkt, spielt aber noch nicht die Rolle, die sie spielen müsste."