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UEFA-Kongress in Lissabon
Warum Lise Klaveness nicht in den UEFA-Vorstand gewählt worden ist

FIFA-Kritikerin Lise Klaveness wollte als erste Frau in den UEFA-Vorstand gewählt werden. Doch bei der Wahl fiel sie krachend durch. Ihr wurde ihr vorheriges Auftreten zum Verhängnis.

Robert Kempe im Gespräch mit Astrid Rawohl |
Die norwegische Verbandspräsidentin Lise Klaveness
Die norwegische Fußball-Verbandspräsidentin Lise Klaveness will in zwei Jahren erneut für einen Posten in der Regierung des Kontinentalverbands antreten. (IMAGO / Vegard Grãtt)
Die norwegische Fußball-Verbandspräsidentin Lise Klaveness hat den Einzug in das Exekutivkomitee der Europäischen Fußball-Union UEFA verpasst. Die 41-Jährige hatte sich in den vergangenen Monaten als kritische Stimme im Weltfußball hervorgetan, mit 18 von 55 möglichen Stimmen war die frühere Nationalspielerin bei der Wahl von sieben Abgeordneten nur auf den zehnten Platz gekommen. Insgesamt gab es elf Bewerbungen für die Posten mit einer Amtszeit von vier Jahren.
Klaveness wäre die erste Frau gewesen, die sich gegen Männer bei der Bewerbung um einen Platz im Exekutivkomitee durchsetzt. In dem Gremium gibt es einen Posten, der explizit für Frauen ausgeschrieben ist. Diesen sicherte sich ohne Gegenkandidatin die Waliserin Laura McAllister.

"Es ist eine Schande"

Teilweise sei es erwartbar gewesen, dass Klaveness nicht ins UEFA-Exekutivkomitee gewählt worden ist, sagte der sportpolitische ARD-Journalist Robert Kempe im Deutschlandfunk. Ihre kritischen Äußerungen beim FIFA-Kongress im April 2022 in Doha seien nicht überall gut angekommen, auch in Teilen Europas. „Es ist eine Schande, der Männerbund, der Filz hat gehalten", sagte Kempe. Man propagiere sich bei der UEFA zwar als gleichberechtigt, divers und als Förderer des Frauenfußballs, insgeheim würden aber doch weiter die Männerbünde im europäischen Fußball dominieren.
Klaveness hatte beim FIFA-Kongress in Doha mit Gastgeber Katar und dem Weltfußballverband abgerechnet. Die norwegische Verbandspräsidentin hatte die FIFA zu Veränderungen im Umgang mit Menschenrechten und Diversität aufgefordert. Selten zuvor hatte eine Funktionärin derart öffentliche Kritik an der FIFA geübt.

Klaveness Auftreten wurde ihr zum Verhängnis

Ihr Auftreten beim FIFA-Kongress seien ihr so zum Verhängnis geworden. "Der organisierte Sport hört nicht gerne Kritik, schon gar nicht intern. Im Sport wird man abgestraft, weil man nicht vergisst", sagte der Experte der internationalen Sportverbänden.
Ein Fingerzeig sei auch gewesen, dass die skandinavische Bewerbung bei der Vergabe zur Frauen-EM 2025 der Bewerbung der Schweiz deutlich unterlegen gewesen sei. Offenbar war die Personalie Klaveness hier auch ein Hindernis gewesen.

Neuendorf und Watzke ziehen für DFB in Gremien ein

Beim UEFA-Kongress waren auch zwei deutsche Sportfunktionäre in wichtige internationale Ämter gewählt worden. DFB-Präsident Bernd Neuendorf als europäischer Vertreter in den FIFA-Rat und DFL-Aufsichtsratschef Hans-Joachim Watzke rückte in das Exekutivkomitee der UEFA.
Die Vertretung des DFB in den internationalen Gremien ist seit Jahren vom Fehlen jeglicher Kontinuität geprägt. Theo Zwanziger absolvierte als bislang letzter DFB-Gesandter volle Legislaturperioden in den beiden Gremien von FIFA und UEFA. Wolfgang Niersbach (Rücktritt 2015), Reinhard Grindel (Rücktritt 2019) sowie Rainer Koch und Peter Peters (abberufen 2023) hatten jeweils nie mehr als rund die Hälfte einer Amtszeit geschafft.
„Für den DFB geht es darum Glaubwürdigkeit wiederherzustellen“, sagte Kempe. Es werde spannend sein zu verfolgen, wie Neuendorf seine Anliegen einbringen werde. Neuendorf hatte sich ebenfalls kritisch über FIFA-Präsident Gianni Infantino geäußert und Veränderungen in der FIFA angemahnt. "Als einer von 37 Vertretern im FIFA-Council, sei es dahingestellt, wie er das machen kann."
Für den DFB besteht dabei ein Eigeninteresse. Deutschland bewirbt sich zusammen mit Belgien und den Niederlanden für die WM der Frauen 2027. Neuendorf will dafür Kontakte weltweit suchen.