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Lissabon: Schwere Schlappe für Sozialisten

Die liberal-konservative PSD von Spitzenkandidat Pedro Passos Coelho hat die Wahl gewonnen und erreicht zusammen mit der rechtskonservativen Volkspartei eine absolute Mehrheit im Parlament. Doch unter den wachsamen Augen von IWF, EZB und EU wird das Regieren nicht einfach werden.

Von Tilo Wagner |
    Nach wochenlangem erbitterten Wahlkampf erwartet die 28-jährige Ärztin Maria Menezes, dass sich die Politiker nun wieder auf das Wesentliche konzentrieren:

    "Ich hoffe, dass jetzt endlich die Maßnahmen umgesetzt werden, die mit den internationalen Organisationen vereinbart wurden. Das Land muss jetzt vorankommen. Doch ich habe meine Zweifel, dass unsere Politiker sich daran halten werden."

    Maria Menezes steht nicht alleine da mit ihrem Misstrauen. Selten war die Wahlbeteiligung der Portugiesen so niedrig gewesen wie bei diesen Parlamentswahlen. Politische Beobachter machen hierfür fehlende Alternativen verantwortlich. Denn die drei gemäßigten Parteien haben bereits vor Wochen den Sparmaßnahmen und Strukturreformen zugestimmt, die als Gegenleistung für das 78 Milliarden schwere Rettungspaket von der EU und dem IWF verlangt worden waren. Der Handlungsspielraum der neuen portugiesischen Regierung ist deshalb in den kommenden drei Jahren sehr begrenzt.

    In der Wahlnacht war das der siegreichen konservativen PSD unter Führung von Pedro Passos Coelho noch gleichgültig. Nach sechs Jahren in der Opposition und einer tiefen Führungskrise kehrt die Partei unter Führung von PSD-Chef Pedro Passos Coelho ins Machtzentrum zurück. Bei aller Euphorie über den Wahlsieg wies Portugals designierter Premierminister Passos Coelho jedoch darauf hin, dass das Regieren in den kommenden Jahren nicht einfach sein wird:

    "Wir werden alles tun, um die Vereinbarungen zu erfüllen, die wir mit der EU und dem IWF ausgehandelt haben. Die Finanzhilfen sind nötig. Wir wollen aber Portugal so schnell wie möglich von den Hilfen unabhängig machen und das Vertrauen der Märkte zurückgewinnen. Das ist auch notwendig, um neues Vertrauen innerhalb Portugals zu schaffen. Wir brauchen viel Mut, um die Hindernisse zu überwinden. Und wir brauchen Geduld, denn die Ergebnisse werden nicht innerhalb von zwei Tagen zu erreichen sein."

    Einer Kooperation zwischen der neuen Mitte-rechts-Regierung und den Sozialisten, die nach sechs Jahren an der Macht nun in die Opposition zurückkehren, steht nichts mehr im Wege. Denn der geschäftsführende Premierminister José Sócrates, dessen gestörtes Verhältnis zu den Konservativen eine engere Zusammenarbeit verhindert hatte, zog noch in der Wahlnacht die Konsequenzen aus der Wahlschlappe:

    "Ich übernehme die Verantwortung für diese Wahlniederlage. Für die Sozialistische Partei bricht jetzt eine neue Ära an. In dieser Ära muss eine neue Führung gefunden werden, die eine glaubhafte, mobilisierende Alternative schafft, um die Sozialisten wieder an die Regierung zu bringen. Ich werde mich nach 23 Jahren in der Politik von allen politischen Ämtern zurückziehen."

    Viel Zeit haben die Wahlsieger nicht, um eine neue Regierung zu bilden. Denn schon in den nächsten Monaten müssen die Weichen für Portugals Reformkurs gestellt werden, zum Beispiel in der Justiz oder im öffentlichen Finanzwesen. Maria José Morgado, Portugals bekannteste Korruptionsbekämpferin, fordert ein Umdenken in der Politik:

    "Wir brauchen einen neuen politischen Diskurs, der Mut macht. Und wir brauchen Politiker, die mit uns gegen Korruption und Geldverschwendung des Staates kämpfen. Wenn das jetzt möglich wird, dann hat die Krise zumindest eine positive Auswirkung gehabt."