Weihnachtsgrüße aus Moskau werden in Litauen mit gemischten Gefühlen aufgenommen. Der russische Vizepremier Dmitri Rogosin gratulierte per Internet - so wörtlich - den Freunden von der NATO zum neuen Jahr. Der für die Rüstungsindustrie Russlands zuständige Politiker wurde seinem Ruf als Scharfmacher erneut gerecht. Denn sein Gruß war geschmückt mit einem Foto einer russischen Rakete. Vor ihr posieren Ded Moros und Snegurotschka, also Väterchen Frost und Schneeflöckchen, die russische Ausgabe von Weihnachtsmann und Christkind.
Der Gruß ist bestenfalls geeignet, eine neue Eiszeit zu eröffnen, denn in Vilnius und Warschau ist man äußerst besorgt über die russische Ankündigung, Iskander-Kurzstreckenraketen nach Kaliningrad zu verlegen. Die russische Enklave grenzt an Litauen und Polen. Den wenig friedlichen Raketengruß versteht Litauens Präsidentin sehr wohl, hatte sie doch deutlicher als andere die Vasallentreue des ukrainischen Präsidenten Janukowitsch zu Moskau am lautesten kritisiert. Zum Beispiel beim EU-Gipfel Östliche Partnerschaft in Vilnius.
"Druck von außen kann keine Entschuldigung sein für Entscheidungen, die ein souveränes Land trifft. Wir in Litauen haben die Erfahrung gemacht, dass solcher Druck nicht funktioniert, wenn man den Willen hat, ihm standzuhalten und ihm nicht nachzugeben. Hier diente möglicherweise der Druck von außen mehr als Entschuldigung dafür, dass die ukrainische Regierung selbst den EU-Integrationsprozess gestoppt hat."
Frostig zwischen Moskau und Vilnius ging es während der gesamten litauischen EU-Ratspräsidentschaft zu. Moskau stoppte die Einfuhr von litauischen Milchprodukten und weitete damit den Handelskrieg über die Ukraine hinaus aus. Vilnius hatte sich starkgemacht für die Unterzeichnung des EU-Assoziierungsabkommens mit Kiew, doch Präsident Janukowitsch war eingeknickt. Was die energische Präsidentin zuletzt in Brüssel so kommentierte:
"Die EU ist offen für die Ukraine, aber nicht für deren jetzige Regierung."
Dalia Grybauskaite hat dem ukrainischen Amtskollegen persönlich übel genommen, dass der EU-Gipfel in ihrer Hauptstadt als Misserfolg in die europäische Geschichte eingeht.
"Die ukrainische Führung war mit der klaren Entscheidung gekommen, nichts zu unterschreiben."
Litauen hat dennoch ein gutes Jahr erlebt, es erwies sich während der Ratspräsidentschaft als effizient und gut vorbereitet. Wichtige Dokumente wie der siebenjährige EU-Finanzrahmen oder das Abkommen über die Bankenunion wurden unter Dach und Fach gebracht. Litauen erwartet ein Wirtschaftswachstum, hat strenge Haushaltsdisziplin geübt und will im kommenden Jahre entscheiden, ob es den Euro 2015 einführt. Ein Jahr später als geplant, vor allem ein Jahr später als der Nachbar Lettland, doch nach der anstrengenden Ratspräsidentschaft jetzt wollen alle erst mal Kraft schöpfen.
"Für uns war es das erste Mal, glücklicherweise kommt das zweite Mal nicht so schnell. Das war eine gute Erfahrung, sehr interessant aber wir müssen das nicht so oft haben."