Literarische Beglaubigung für den Dichter der unsicheren Existenzen
Der Schriftsteller Wilhelm Genazino hat am Samstag im Staatstheater Darmstadt den Georg-Büchner-Preis der deutschen Akademie für Sprache und Dichtung erhalten. In der Urkunde wird Genazino treffend beschrieben als "unbändiger Komödiant mit der barmherzigen Seele, der unsere Zeit belauscht und ausspäht, um sie im Alltag unscheinbarer Einzelner zu spiegeln, detailversessen, eigensinnig und in wunderbar musikalischer Prosa." Tatsächlich ist Wilhelm Genazino ein eher leiser Flaneur, ein Stadtgänger, der die kleinen Existenzen, die Loser, die Unbeholfenen, die Verlierer und Verlorenen an Imbissbuden und in Fußgängerzonen beobachtet und sie, wie der Literaturkritiker Helmut Böttiger in seiner Laudatio bemerkte, zu Zeugen für die seelische Entwicklung im Staatsgefüge der Bundesrepublik beruft. Speziell die 50er und 60er Jahre habe er zu einer "mythischen Zeit" gemacht.