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Literatur für den Emir

Im arabischen Abu Dhabi findet derzeit eine Buchmesse statt. Die erstmals in Kooperation mit der Frankfurter Buchmesse organisierte Bücherschau begann gleich mit einem Ausstellerrekord: Bis Ostern sind dort 399 Anbieter aus 46 Ländern versammelt, auf einer fast verdoppelten Ausstellungsfläche von knapp 6000 Quadratmetern.

    Schossig: Das neue Konzept der Abu Dhabi Bookfair setze auf Internationalisierung, sagte Juergen Boos, Chef der Frankfurter Buchmesse. War denn diese Buchmesse bisher zu wenig international?

    Mona Naggar: Ich denke, das andere Konzept ist, dass man weg will von diesem reinen "Bücherbazar". Also alle Buchmessen in der arabischen Welt sind Verkaufsmessen. Weil es in der arabischen Welt kein Vertriebssystem gibt, sind die Buchhandlungen, öffentliche Bibliotheken und auch einzelne Käufer angewiesen auf die Buchmessen, um sich mit Neuerscheinungen einzudecken. Also Abu Dhabi Bookfair will weg von dieser Bücherverkaufsmesse hin zu einer professionelleren Messe, die jetzt Verlagen die Möglichkeit bietet, Rechte zu kaufen oder zu verkaufen, über Fachthemen ins Gespräch zu kommen oder auch andere intellektuelle Themen ins Gespräch zu kommen. Das ist eigentlich so das Ziel von der Abu Dhabi Bookfair.

    Schossig: Spiegelt sich denn dieses neue Profil auch im Rahmenprogramm für den normalen Buchmessenbesucher wider?

    Naggar: Ja, wenn man da in die Buchmesse reinkommt, scheint die Buchmesse sehr nach westlichem Vorbild, also sehr geordnet, mit breiten Gängen und, ja, mit einem Katalog, was es vorher nicht gab, einem zweisprachigen Katalog, auch eine zweisprachige Website. Und dann gibt es so eine Art intentionales Zentrum, was man aus der Frankfurter Buchmesse kennt, also das internationale Zentrum wurde dort als Diskussionsforum aufgebaut, und das Rahmenprogramm erinnert auch so ein bisschen daran. Also es gibt Diskussionen zu Allgemeinthemen, jetzt zum Beispiel über Ethik in den Religionen oder Terrorismus oder Toleranz. Dann gibt es Diskussionen mehr Richtung Literatur, also Autoren treffen ihre Übersetzer, und dann gibt es eine Art Austausch über die Übersetzungsarbeit, über den Text, der übersetzt wurde in die andere Sprache. Es wurde zum Beispiel Adonis eingeladen zusammen mit Stefan Weidner, die über dieses Thema sprechen, eine libanesische Autorin, die mit ihrer amerikanischen Übersetzerin darüber spricht. Und dann gibt es noch Seminare für das Fachpublikum, aber das ist auch öffentlich, also da kann auch jeder hin, zum Beispiel zum Thema Copyright, zum Thema Literaturagenturen, zum Thema PR oder Marketing oder Vertriebswesen. Das ist aber bis jetzt so mäßig angenommen worden, sowohl vom Publikum als auch von den Fachbesuchern.

    Schossig: Die Abu Dhabi Bookfair soll mittelfristig zum führenden Markt für das Verlagswesen, auch für den Buchhandel im Nahen Osten gemacht werden. Ist es eigentlich realistisch? Es gibt ja Konkurrenten in der Region, zum Beispiel Kairo.

    Naggar: Das ist die große Frage, ob das realistisch ist. Also die Frankfurter Messe ist sehr begeistert von dem Konzept und von dem Traum, der Vision, die Abu Dhabi Bookfair zu der professionellsten arabischen Buchmesse zu machen. Ich denke, es hängt mit mehreren Faktoren zusammen: Einmal, ob man wirklich die Verleger davon überzeugen kann, dass sie zu einer Buchmesse kommen und nicht primär Bücher verkaufen. Andererseits vielleicht Koordination mit anderen arabischen Buchmessen, mit dem Arabischen Verlegerverband und andere, die in diesen Bereichen arbeiten, um vielleicht längerfristig diese Strukturen zu ändern, vor allem ein Vertriebssystem aufbauen, die Zensurschranken herunterzuschrauben. Also es liegt halt an den vielen Faktoren, und die Frage ist, ob Abu Dhabi wirklich, also Abu Dhabi ist ja kein intellektuelles Zentrum in der arabischen Welt. Von dort kommen keine intellektuellen Impulse wie aus Beirut zum Beispiel, was bisher das Druckzentrum und Verlagszentrum ist. Und deswegen ist die Frage, ob man wirklich so ein Buchzentrum in einer Gegend aufbauen kann, wo es keine freie Presse gibt, wo eigentlich so kulturell nicht viel passiert, obwohl jetzt die großen Museen dort gebaut werden sollen.

    Schossig: Noch zum Schluss ein Blick auf die deutschen Aussteller: Welches Bild machen sie, welche Chancen haben sie?

    Naggar: Also es sind wenig deutsche Verlage anwesend. Der Beck-Verlag ist eingeladen worden, der ist anwesend, Langenscheidt und auch der Hörbuchverlag. Das Interesse von arabischen Verlegern war bis jetzt zurückhaltend. Ob da jetzt Rechte verkauft worden sind oder nicht, kann ich nicht sagen, und es war auch bei früheren arabischen Buchmessen ähnlich. Also in Kairo war auch das deutsche Interesse sehr reserviert gegenüber dem arabischen Buchmarkt. Ich denke, das hat sich auch auf der Abu Dhabi Bookfair nicht geändert.