Bob Dylan hat es offenbar nicht so mit Preisen. Als US-Präsident Barack Obama den Musiker, gebürtig aus dem Hafenstädtchen Duluth in Minnesota, im Mai 2012 mit der Freiheitsmedaille geehrt hatte, nahm Dylan die Zeremonie stoisch hin. Beobachter notierten damals, er wirke wie ein Junge, der dazu gezwungen worden wäre, einen Anzug zu tragen und vor Fremden im Rampenlicht zu stehen. Obama würdigte ihn als den "größten Giganten in der amerikanischen Musikgeschichte".
Den höchsten zivilen Orden der USA bekam damals auch die sichtlich erfreute Schriftstellerin Toni Morrison. Sie war damals schon Literaturnobelpreisträgerin - als erste schwarze Autorin. In gewisser Weise ist die Verleihung des Literaturnobelpreises an Dylan eine Kontinuität: Er, der sich mit seinen Protestliedern so sehr für die Rechte der Schwarzen einsetzt, ist der erste Liedtexter, der diesen Preis erhält.
Ein sprachloser Preisträger
Die Nobelakademie hatte ihn so oft versucht zu kontaktieren, dass allen Ernstes die Frage im Raum stand, ob er denn überhaupt mitgekriegt hat, dass ihm diese höchste Ehre in der Literaturwelt zuteil wird. Sein anhaltendes Schweigen ging der schwedischen Akademie gehörig auf die Nerven. Jury-Mitglied Per Wastberg sagte, die fehlende Reaktion des Sängers auf den Preis sei voraussehbar gewesen, aber nichtsdestotrotz respektlos. "Man kann sagen, dass das unhöflich und arrogant ist." Für den deutschen Autoren Florian Werner ist Dylan "ein Meister der Unverbindlichkeit, ein Virtuose der Verweigerung".
Und jetzt der Rückruf: Die Sekretärin der Akademie, Dara Danius, teilte mit, Dylan habe das Komitee persönlich kontaktiert und mitgeteilt, dass er "natürlich" die Auszeichnung akzeptiere. Dylan sagte laut Akademie, er "schätze die Ehre so sehr". Die Nachricht über die Auszeichnung habe ihn sprachlos gemacht.
"Ich bin doch da"
Der britischen Zeitung "The Telegraph" sagte Dylan, er würde "absolut" gerne zur Verleihung kommen, "falls das überhaupt möglich ist". Dass er den Preis bekommen habe, sei "kaum zu glauben". Die Interviewerin notiert, er wirke ziemlich angetan von dieser Würdigung. Auf die Frage, warum er denn nicht ans Telefon gegangen sei, antwortete Dylan kryptisch: "Ich bin doch da." Die Antwort solle suggerieren, der Anrufe hätte doch nur die richtige Nummer wählen müssen, so die Interviewerin. Das Getöse um sein Schweigen habe er ihn schlicht irritiert.
Dylan meidet die Medien. Das Gespräch mit der "Telegraph"-Reporterin ist das erste Interview seit zwei Jahren. Doch das Rampenlicht meidet er nicht. Vielleicht lässt sich seine Bedeutung für die USA am besten aus diesem einen Moment herauslesen, dort auf den Marmorstufen des Lincoln Memorial in Washington im August 1963. Der schwarze Bürgerrechtler Martin Luther King ist kurz davor, Hunderttausenden von seinem Traum einer gerechteren Welt zu erzählen. Doch erst tritt dieser junge Songschreiber namens Bob Dylan ans Mikrofon, Gitarre um die Schulter, Mundharmonika-Gestell um den Hals.
Gelangweilt von Preisen?
Eine Preisverleihung in Schweden - irgendwie auch langweilig für den Wegbereiter so vieler Stilrichtungen: Im Jahr 2000 hatte König Carl XVI. Gustaf ihm den Polar Music Prize überreicht, von seinem Stifter, dem schwedischen Musikverleger Stig Anderson, als inoffizieller Nobelpreis für Musik gedacht. Sollte Dylan zur Zeremonie nach Stockholm reisen, wäre es das zweite Mal, dass er einen Preis aus den Händen den Königs bekommt.
Dylan hat eine Reihe von Preisen in den vergangenen Jahren angenommen. Im Jahr 2013 wurde er zum Ehrenmitglied der elitären American Academy of Arts and Letters gewählt. Nach Angaben von Direktorin Virginia Dajani wurde Dylan im Januar 2013 über seinen Manager Jeff Rosen über die Ehrung informiert. Erst im Mai habe Dylan reagiert, über seinen Manager.
(sdö/tj)