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Literaturnobelpreise verliehen
"Handke ist ein theatralischer Typ"

Verbale Entgleisungen und täglich neue Vorwürfe begleiteten die Verleihung der Literaturnobelpreise. "Ich glaube die schwedische Akademie hat sich immer noch nicht grundlegend reformiert", so Literaturkritiker Helmut Böttiger im Dlf.

Helmut Böttiger im Gespräch mit Michael Köhler |
Menschen demonstrieren in Stockholm gegen die Vergabe des Literaturnobelpreises 2019 an den österreichischen Schriftsteller Peter Handke.
Ungeliebter Preisträger: Proteste gegen die Vergabe des Literaturnobelpeises an Peter Handke (dpa-Bildfunk / Steffen Trumpf )
Der Literaturnobelpreis für 2018 ging an die polnische Autorin Olga Tokarczuk. Der für 2019 an den österreichischen Dichter und Dramatiker Peter Handke. Letzterer ist wegen seiner proserbischen Haltung während der Jugoslawienkriege umstritten. Die Diskussion wurde über weite Strecken davon beherrscht.
Die Doppelvergabe war notwendig geworden, nachdem die Akademie durch Skandale und Austritte im Vorjahr handlungsunfähig war. Der Preis war ausgesetzt worden. Gestern war Preisvergabe und Party. Es gab Eiswein aus dem Kamptal zum Dessert statt Protest, Frack statt Frust, Konvention statt Konflikt. Und artige Verbeugungen.
Personifizierte Popkultur
Peter Handke nahm den Preis aus Händen von König Carl Gustaf an und freute sich sichtlich, so Literaturkritiker Helmut Böttiger. "Er weiß um die Bedeutung des Preises und hat die Rituale genossen. Er spielt gern Theater."
Handke habe in seiner kurzen Dankesrede unter anderem auf die "strawberry fields", einen Beatles-Titel angespielt, den er auch in seinem Werk "Juke Box" thematisiert. "Handke hat die Popkultur in die Bundesrepublik überhaupt eingeführt. Er verkörpert die Popkultur wie kein Zweiter", sagte Böttiger. Man könne lange über die Verbindung von Pop und romantischer Aufladung sprechen, glaubt der Kritiker.
Mit der Vergabe der Preise an die polnische Schriftstellerin Olga Tokaczuk und Peter Handke habe die Akademie versucht zu zeigen, dass es nur um Literatur gehe. "Das hat nicht funktioniert", sagte Böttiger. "Es ist lange nicht alles ausgestanden, was weitere Nobelpreise anbelangt."
Peter Handke (links) bekommt den Nobelpreis vom schwedischen König Carl Gustaf überreicht.
"Eine gewisse Verneigung vor der schwedischen Literatur und der Freiheit"
Dlf-Literaturredakteur Hubert Winkels sieht Peter Handkes Äußerungen zur Vergabe des Literaturnobelpreises in einem "freundlich-dadaistischen Assoziationsraum". Das eigentlich Bedauerliche an der Handke-Debatte war seiner Meinung nach, dass Handke sich und der Sache der Literatur keinen Gefallen getan habe, indem er sie auf das Feld der Politik zog. Im Übrigen gebe es zwischen den Literaturen von Olga Tokarczuk und Peter Handke Gemeinsamkeiten, die völlig übersehen worden seien, so Winkels: "Die beiden sind nicht so weit auseinander, wie es den Anschein hat."