Er ist ein machtbewußter Mann und wäre liebend gerne Premierminister. Doch Liviu Dragnea ist vorbestraft und darf das ersehnte Amt laut Gesetz nicht antreten. Auch weil sein Intimfeind Präsident Iohannis das aktiv verhindert hat. Doch der einflussreiche Chef der rumänischen Sozialdemorakten zieht als einflussreicher Schattenpremier die Fäden. Sein Schicksal sei nicht so wichtig, betont er im Gespräch in der Bukarester Parteizentrale – ihm gehe es um Rumänien.
"Ich liebe mein Land, denn es hat ein großes Potenzial - und wir wollen den Menschen ein gutes Leben ermöglichen, denn sie verdienen es."
Kampf gegen Korruption versprochen
Seine politische Karriere beginnt der ehrgeizige Ingenieur als Verwaltungschef in der südrumänischen Region Teleorman - Mitte 2015 steigt der 54-Jährige dann auf zum Parteichef - und wird Nachfolger von Viktor Ponta. Dieser muss nach Korruptionsvorwürfen den Hut nehmen, und später stürzt dann noch die gesamte sozialdemokratisch geführte Regierung. Grund ist der Brand im Bukarester Musikclub Colectiv aufgrund laxer Brandvorschriften, womöglich wegen Korruption. Dieses Thema klebt geradezu an den rumänischen Sozialdemokraten. Parteichef Dragnea meinte vor der Wahl im Dezember:
"Wir wollen die Bürokratie im Land stark vereinfachen - und die Korruption bekämpfen."
Doch das rumänische Parlament spricht regelmäßig eine andere Sprache. Mit den Stimmen der Sozialdemokraten werden Korruptionsermittlungen immer wieder behindert - durch Gesetzesvorhaben, die Politiker reihenweise bei bei Korruption oder Interessenskonflikten schützen sollen. Kritik an der rumänischen Antikorruptionsbehörde aus der eigenen Partei? Das weist Liviu Dagnea entschieden zurück.
Kritische Fragen unerwünscht
"Tut mir leid. Ich weiß wirklich nicht, was Sie mit diesem Interview erreichen wollen. Ich habe sowieso ganz andere Fragen bekommen. Ich habe kein Problem, über diesen Punkt zu sprechen, aber ich sehe, dass Sie ein Problem mit meiner Partei haben. Sie können mich alles fragen, aber es wäre vielelicht besser für Sie, eine normale Position gegenüber den Parteien in diesem Land einzunehmen."
85 Prozent der Kandidaten auf den sozialdemokratischen Wählerlisten für die letzte Parlamentswahl seien neu und damit völlig unverdächtig, betont Dragnea.
"Wir haben mehr als 40 Prozent junge Leute. Für jeden Parlamentsausschuss haben wir eine Liste gemacht, damit wir die richtigen Leute entsenden können, um gute Gesetze machen zu können."
Gute Gesetze macht die sozialliberale Regierung aber ganz und gar nicht, finden Regierungskritiker. Sie sind sich sicher: Die umstrittene Eilverordnung, die am Parlament vorbei das Strafrecht ändern wollte, hat mit den juristischen Problemen des mächtigen Parteichefs Dragnea zu tun. Punkt eins: Im April 2016 wurde Liviu Dragnea wegen Wahlbetrugs verurteilt zu zwei Jahren auf Bewährung und musste als Minister zurücktreten. Für ihn ein Justizskandal. Die Anklage habe sich im Lauf des Verfahrens geändert, beschwert sich Dragnea und übersetzt seinen Fall so:
"Jemand ist wegen Totschlags angeklagt und beweist vor Gericht, dass der Tote lebt. Sechs Monate später erfährt er, dass er von der nächsten Instanz verurteilt wurde, weil er ein Auto gestohlen hat."
Gegenspieler Präsident Iohannis
Dragnea hat Widerspruch wegen eines Formfehlers eingelegt. Doch da wäre noch Punkt zwei: Vor dem Obersten Gerichtshof läuft ein Prozess, in dem er wegen Amtsmissbrauchs und Dokumentenfälschung angeklagt ist. Hier hätte Dragnea von der Eilverodnung profitiert, denn sie sollte auch für laufende Verfahren gelten.
Auch wenn sie aufgehoben ist, befürchten die Regierungsgegner: Der Geist ist aus der Flasche. Denn mit ihrer Mehrheit im Parlament könnten die Sozialdemokraten auch Gesetze beschliessen, die Dragnea herauspauken und den Weg frei machen ins Amt des Regierungschefs - trotz Vorstrafen wegen Wahlbetrugs und Anklagen wegen Amtsmissbrauchs. Präsident Iohannis will das mit allen Mitteln verhindern – doch Liviu Dragnea möchte liebend gerne Premier werden - und er ist ein machtbewußter Mann.