Was vereinbart wurde
Bereits im Frühjahr war Bundeswirtschaftsminister Habeck nach Katar gereist, um dort Gespräche über mögliche LNG-Lieferungen zu führen. Heute teilte das Energieministerium in Doha mit, man habe sich auf einen Vertrag geeinigt. Laut Katars Energieminister Al-Kaabi wird das Energie-Unternehmen "Qatar Energy" das verflüssigte Erdgas an das US-Unternehmen "Conoco Phillips" verkaufen, das es dann wiederum nach Brunsbüttel liefern soll. Für das Emirat ist eine lange Laufzeit der Abkommen wichtig, weil es Investitionssicherheit haben will. Al-Kaabi betonte, die Lieferungen trügen zur Energiesicherheit Deutschlands, aber auch Europas bei. Das sei eine "konkrete Demonstration" des Engagements Katars für die Deutschen, so der Energieminister. "Qatar Energy" sei außerdem im Gespräch mit deutschen Unternehmen über mögliche weitere Gaslieferungen.
Ersatz für ausbleibende Gaslieferungen aus Russland?
Bundeswirtschaftsminister Habeck zeigte sich zufrieden mit dem Vertrag. 15 Jahre seien ein guter Zeitrahmen. Zu konkreten Details wollte sich der Minister nicht äußern. Habeck hatte zusammen mit Bundeskanzler Scholz mehrere Monate lang mit Katar über Erdgaslieferungen verhandelt und sprach nun von einem zentralen Baustein für die Sicherung der Energieversorgung im kommenden Winter. Ganz so schnell kann der Vertrag mit Katar allerdings keine Abhilfe schaffen, denn die Lieferungen sollen erst ab 2026 zustande kommen. Außerdem ist die Menge von maximal zwei Millionen Tonnen LNG im Jahr vergleichsweise gering. Aus zwei Millionen Tonnen Flüssiggas werden nach der Regasifizierung, also nach der Umwandlung zurück in gasförmigen Zustand, rund 2,7 Milliarden Kubikmeter Gas. Im vergangenen Jahr lag der Jahresverbrauch von Erdgas in Deutschland bei 90,5 Milliarden Kubikmetern. Heißt: Die vereinbarte Liefermenge aus Katar entspricht rund drei Prozent des aktuellen Jahresverbrauchs.
Katar und das Flüssigerdgas
Katar ist einer der weltweit größten Exporteure von Flüssiggas. Das reiche Emirat verfügt nach Russland und dem Iran über die drittgrößten Gasreserven weltweit. Katar teilt sich mit dem Iran das weltweit größte Gasfeld, das vor der Küste des Landes liegt. Der allergrößte Teil des Exports geht nach Asien, bislang vor allem nach Japan, Südkorea und Indien. Ein jüngst unterzeichnetes LNG-Abkommen zwischen Katar und China zeigt die Größenordnung der Exporte: Der Produzent "Qatar Energy" will über 27 Jahre insgesamt 108 Millionen Tonnen Flüssigerdgas an den chinesischen Konzern Sinopec liefern. Es handele sich um den langfristigsten Gasliefervertrag in der Geschichte der Flüssiggasindustrie, hatte Minister Al-Kaabi erklärt.
Mit dem heute bekanntgewordenen LNG-Deal mit Deutschland will Katar seine Verbindungen nach Europa stärken, ohne dabei Russland zu verärgern. Bereits vor einigen Monaten hatte das Emirat verkündet, das russische Gas für Europa nicht ersetzen zu können. Denn Katar unterhält auch gute Beziehungen nach Moskau.
Kritik von Umweltverbänden, CDU und FDP
Insbesondere der Umstand, dass Katar erst ab 2026 ins LNG-Geschäft mit Deutschland einsteigt, sorgt hierzulande für Kritik. Die Deutsche Umwelthilfe erklärte, der Gas-Deal helfe nicht in der gegenwärtigen Krise, weil die LNG-Lieferung erst in vier Jahren beginne. Außerdem begebe man sich mit einer Laufzeit über 15 Jahre in eine neue langfristige Abhängigkeit. Ähnlich argumentierte der stellvertretende Vorsitzende der Linken, Beutin. Er betonte zudem, Deutschland sei mit dem Vertrag langfristig abhängig von einem Land, das Menschenrechte mit Füßen trete und am blutigen Krieg gegen den Jemen beteiligt sei. Mit dem Aufwand, mit dem die Bundesregierung gerade fossile Infrastruktur ausbaue, verbaue sie sich selbst und nachfolgenden Regierungen jede Chance, die Klimakrise noch rechtzeitig zu stoppen.
CDU-Chef Merz kritisierte den Abschluss des Liefervertrags als unzureichend. Zum einen sei die Menge so gering, dass es im Grunde genommen gar nicht weiter auffalle, und zum anderen komme die Lieferung so spät, dass keines der aktuellen Probleme gelöst werde, sagte Merz bei der Sitzung der Unions-Bundestagsfraktion. Die Reise von Wirtschaftsminister Habeck in den Golfstaat habe sich deshalb kaum gelohnt. Auch aus der FDP kam Kritik an dem Abkommen. Es mache deutlich, wie abhängig Deutschland sich von Staaten mache, die "unsere Werte nicht teilen", sagte FDP-Energiepolitiker Kruse bei "t-online". Deshalb sei es wichtig, die Energiesouveränität zu stärken, indem Deutschland eigene Gasförderung betreibe. Deutschland solle auch die Schiefergasförderung an Land vorantreiben, um sich unabhängiger zu machen.
Unser DLF-Korrespondent Jörg Münchenberg findet die Kritik an dem Deal zwar nicht überraschend, aber in der Sache nicht gerechtfertigt. Zwar helfe das Geschäft Deutschland nicht aus der aktuellen Krise, känne aber den Markt beruhigen. "Was sich zumindest mittelfristig auch positiv auf die Preise auswirken dürfte."