"Ein Offshore-Installationsschiff hat Charterraten von 200.000 bis 400.000 Euro pro Tag. Das heißt, wenn Sie vorher schon abschätzen können, dass es vielleicht bestimmte Monate gibt, in denen Sie höchstwahrscheinlich nicht installieren können, dass Sie vielleicht Ihre ganze Planung darauf auslegen, dass Sie ein paar Monate früher anfangen." Kerstin Lange ist Professorin für Logistik und Produktion an der Hochschule für Internationale Wirtschaft und Logistik in Bremen. "Oder Sie chartern ein zweites Schiff zusätzlich, um vor dem Schlechtwetter in der nächsten Winterphase fertig zu sein. Und genau das ist die Idee, dass wir versuchen, bereits in der Planungsphase abzubilden, wie Verzögerungen das ganze Logistikkonzept beeinflussen."
Wetter als Hindernis
Dafür haben Kerstin Lange und ihre Kollegen ein Simulationstool entwickelt, mit dem sie das gesamte Netzwerk von Zulieferern, Produktionsstandorten und Transportwegen bis hin zum Hafen abbilden können. Und dann, im Hafen, werde es spannend, sagt die Forscherin. "Spannend wird es, weil jetzt das Wetter dazu kommt und unsere ganzen Planungen zunichte macht. Sie können sich das so vorstellen: Sie wollen jetzt Ihr Schiff vom Hafen zum Windpark fahren lassen, aber vielleicht ist die Welle so hoch, dass das Schiff gar nicht auslaufen darf. Oder vorher: das Schiff soll beladen werden, aber die Windstärken sind so hoch, dass ich die großen Komponenten gar nicht auf das Schiff verladen kann. So hat das Wetter an vielen Stellen die Eigenschaft, die ganzen Prozesse zu verzögern."
Auch im Windpark selbst kann das Wetter zum Störfaktor werden. Zum Beispiel darf kaum ein Lüftchen wehen, wenn der windanfällige Rotorstern in über 100 Metern Höhe installiert werden soll. In ihr Modell nehmen die Forscher daher auch Wetterdaten auf. "Die für uns beste Methode war bis jetzt Vergangenheitswerte zu nehmen, Zeitreihen der letzten fünf oder zehn Jahre, sodass ich stündlich Wetterwerte für Wind und Welle, Wellenfrequenzen habe und die dann in das Simulationstool einfließen lasse, um sie dann für zukünftige Planungen zu berücksichtigen."
Simulationstool erleichtert die Planung
Mithilfe ihres Computerprogramms kann Kerstin Lange jetzt untersuchen, welches Logistikkonzept für welchen Windpark und welche Wetterlage das Günstigste ist. Generell gibt es dabei zwei mögliche Varianten. Beim Pendelkonzept lädt das Installationsschiff die Bauteile im Hafen ein, fährt hinaus, baut sie am Ziel auf und kommt zurück in den Hafen um die nächsten Teile zu holen. "Das heißt, dass dieses Schiff viele unproduktive Zeiten hat. Die Transferfahrten zwischen Hafen und Windpark, die Ladezeiten im Hafen können mehrere Tage umfassen. Das heißt, ich habe viele Wetterfenster die ich vielleicht verpasse. Mein Schiff ist im Hafen beim Laden und kann in der Zeit nicht draußen installieren."
Bei der anderen Variante bleibt das teure Installationsschiff im Windpark und kann dort rund um die Uhr Windräder montieren, während es entweder von kleineren Schiffen oder von Schleppern und antriebslosen Pontons mit Nachschub beliefert wird. "Wir haben zusammen mit der Bugsierreederei erste Simulationen durchgeführt, um zu sehen, ob dieses System überhaupt wirtschaftlich sein kann. Sie müssen sich vorstellen, beim Pendelsystem habe ich ein einziges Schiff, das Installationsschiff. Und beim J LASH-System haben wir jetzt gerechnet mit einem Installationsschiff, zwei Schleppern und drei Bargen. Das heißt, ich habe viel mehr schwimmendes Equipment, das pro Tag viel teurer ist. Aber insgesamt haben wir dann gesehen, dass die Errichtungsdauer so viel kürzer ist, dass man insgesamt weniger Logistikkosten hat. Zudem ist der Windpark eher fertig und ich kann eher Strom ins Netz speisen."
Gerade bei Windparks, die weit draußen im Meer errichtet werden sollen, könne sich diese Logistikstrategie schnell rechnen, sagt die Forscherin.