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Lohnunterschiede von Frauen und Männern
"Der größte Brocken ist die Tatsache, dass Frauen so selten in Führungspositionen sind"

Schlechter bezahlt, oft nur in Teilzeit: Noch immer sind die Einkommen von Männern und Frauen in Deutschland extrem unterschiedlich. Ein Grund dafür sei, dass Führungspositionen in den Anforderungen noch immer stark an die traditionellen Männerrollen angebunden seien, sagte Elke Holst vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung im DLF.

Elke Holst im Gespräch mit Ulrike Winkelmann |
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    Da viele Frauen nur Teilzeit arbeiten, bleiben ihnen Führungspositionen oft verschlossen. ( Jan-Philipp Strobel/dpa)
    Ulrike Winkelmann: Frau Holst, welches sind denn die zwei oder drei Hauptgründe dafür, dass Frauen 21 Prozent weniger verdienen als Männer?
    Elke Holst: Der größte Brocken dabei ist die Tatsache, dass Frauen so selten in Führungspositionen sind, also bei der Karriere nicht so gut abschneiden wie Männer. Ein zweiter Grund, der auch sehr wichtig ist, ist, dass Frauen in Berufen arbeiten, die nicht so gut bezahlt werden wie die Berufe, in denen Männer arbeiten. Und ein dritter Grund ist, dass Frauen auch in Branchen arbeiten, die nicht so gut zahlen. Zum Beispiel arbeiten Männer in der Industrie. Die bezahlt wesentlich besser als zum Beispiel der Pflegebereich, in dem Frauen stärker vertreten sind.
    Winkelmann: Kommen wir doch mal zu den Führungspositionen. Vielleicht sind die ja für viele Frauen gar nicht attraktiv. Kann doch sein, oder?
    Holst: Das kann durchaus sein, denn heute sind die Führungspositionen auch in den Anforderungen stark an die traditionellen Männerrollen angebunden, das heißt, ein Mann ist frei, sorgt für das Haushaltseinkommen und muss sich dann um die unbezahlte Arbeit nicht kümmern.
    Die Frau hat meistens keinen Mann zu Hause, der diese Arbeit erledigt, und von daher, wenn Männer sich auch nicht an der Hausarbeit beteiligen, bleibt dieses Bild natürlich erhalten. Und ich erinnere da nur an den Ausdruck "Think manager, think male". Also, wenn man an Manager denkt, denkt man auch gleich an Männer oder männerbezogene Eigenschaften.
    "Karriere ist bei Teilzeit kaum möglich"
    Winkelmann: Ein wichtiger Grund dafür, dass Frauen zurückbleiben auf dem Karrieretrack, ist ja auch die oft angeführte Teilzeit. Nun hat sich der Blick der Arbeitsforschung zuletzt auf die Teilzeit verändert. Es geht also mehr drum, dass Frauen diese Teilzeit auch wählen, weil die Gesamteinkommen der Familien ausreichen. Ist doch auch schön.
    Holst: Ja, das ist wunderbar, und ich glaube, das wäre auch für Männer schön, weniger zu arbeiten. Für die Frauen hat das nur die fatale Auswirkung, wenn sie Teilzeit arbeiten, dass dann eine Karriere kaum noch drin ist, besonders wenn sie länger Teilzeit arbeiten. Und was das wirklich Unangenehme ist, dass, wenn sie nachher älter werden und in Rente gehen, sie natürlich auch nur eine ganz geringe Rente bekommen und damit, wenn sie nicht einen reichen Mann dann immer noch haben, das Armutsrisiko recht groß ist.
    Winkelmann: Aber auch eine geschiedene Frau hat doch Anspruch auf die Hälfte der Rente, die in der Ehezeit erwirtschaftet wurde, oder?
    Holst: Ja, aber dabei müssen Sie auch sehen, zum Beispiel in der Zeit, wo Kinder geboren werden, also wo die Frau sich engagiert und Teilzeit arbeitet, ist der Mann mit seiner Karriere oft noch nicht so weit. Das heißt, sie kriegt dann von diesen noch damals geringeren Einkommen ihren Teil an Rente ab. Aber später, wo der Mann dann mehr verdient, da ist der Mann dann nicht mehr dran beteiligt.
    Winkelmann: Nun singen die Arbeitgeber seit geraumer Zeit das Lied vom Fachkräftemangel. Das heißt, die Nachfrage nach Arbeitenden ist groß. Das müsste doch den Verhandlungsspielraum junger Eltern erhöhen, auch für die 30-Stundenwoche, die sich ja inzwischen dem Vernehmen nach sogar viele Väter wünschen.
    Holst: Ja, in der Tat wollen die Väter, die jungen Väter ihre Kinder heute viel länger, viel intensiver aufwachsen sehen, als das in früheren Vätergenerationen der Fall war. Im Moment hören wir ja auch schon von Unternehmen, die das machen und auch sozusagen hoch qualifizierte Arbeitskräfte anlocken möchten mit diesen besonderen Möglichkeiten. Man kann aber noch nicht erkennen, dass das generell der Fall ist. Also, da braucht man viel mehr Engagement noch in den Unternehmen, bis diese Normalität von Nicht-Vollzeitarbeit, eben Teilzeitarbeit, Alltag wird.
    "Das ist ein Einstieg in eine ganz wichtige Sache"
    Winkelmann: Was bringt denn das Gesetz für mehr Lohntransparenz, das die Große Koalition gerade auf den Weg gebracht hat? Ist das Symbolpolitik oder mehr?
    Holst: Es ist ein Einstieg in eine ganz wichtige Sache, nämlich mehr Transparenz bei den Gehältern. Wenn eine Frau heute einen Job beginnt, weiß sie ja im Prinzip gar nicht, wie hoch der Lohn, der dort gezahlt wird, ist. Männer können das auch nicht unbedingt wissen, aber sie können die Männer fragen. Und die sagen dann einen anderen Betrag als Frauen, die im Schnitt weniger verdienen. Insofern kann dieses "mehr Transparenz", das übrigens auch von uns, also vom DIW, seit langen Jahren für notwendig erklärt wird, kann schon helfen, diese Einstiegsgehälter zumindest auf ein Niveau zu bringen.
    "Das große Problem ist, dass man nicht eine Maßnahme braucht"
    Winkelmann: Sagen Sie eine Maßnahme für die nächsten vielleicht vier oder fünf Jahre, die am meisten brächte für einen gerechteren Lohn zwischen Männern und Frauen.
    Holst: Das große Problem ist, dass man nicht eine Maßnahme braucht, sondern das ist wirklich ein Ineinanderfassen von verschiedenen Ebenen. Wenn ich zum Beispiel mal die Politik herausgreifen darf, da wird ja auch das Richtige gemacht, Kindergartenbetreuung. Aber auch das Ehegattensplitting wirkt ja noch immer dahin, dass einer oder eine in der Ehe zurücksteckt, dass man dort weniger arbeitet.
    Also, es sollten gleiche Voraussetzungen, Individualbesteuerung zum Beispiel, gemacht werden. In den Unternehmen sollte eine Kultur dahingehend verändert werden, dass Frauen in Führungspositionen auch willkommen sind, dass also nicht die Jobs, zum Beispiel Führungsjobs, so geschnitten sind, dass das nur jemand machen kann, der sich oder die sich überhaupt nicht mit der Familie in irgendeiner Art und Weise sich befasst, zum Beispiel, dass man plötzlich ins Ausland für drei, vier Tage oder drei, vier Wochen muss oder auch drei, vier Monate, wieder zurückkommt – also diese maximale Flexibilität auch in dem Alter, wo gerade Familien gegründet werden.
    Individuell ist es wichtig, denn letztendlich werden ja Hausarbeit und Familienarbeit am Küchentisch verhandelt. Also dort wäre es gut, wenn beide Geschlechter gleichermaßen sich an diesen Tätigkeiten beteiligen.
    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.