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Lokaljournalismus
Oldschool mit der Zeitung ins Internet

Noch ist die "Städtische Zeitung Halle" vor allem ein Einmannbetrieb. Doch das Onlineprojekt soll weiter wachsen. Und sein Gründer, der ehemalige Zeitungsmann Felix Knothe, setzt dabei auf klassische Tugenden des Lokaljournalismus.

Von Christoph Richter |
    Website der Städtischen Zeitung
    Die Städtische Zeitung Halle finanziert sich auch über Crowdfunding. (Deutschlandradio)
    Das Handy surrt. Journalist Felix Knothe - Dreitage-Bart, Ende 30 - sitzt wie ein Pilot in einem kargen Büro vor zwei Monitoren und tippt seine Artikel in die Tasten. Das Projekt nennt sich Städtische Zeitung Halle - eine Online-Zeitung. Seit ein paar Wochen ist es am Start. Knothe - so sein Credo - will die Lokal-Berichterstattung in Halle neu beatmen, einen relevanten Beitrag zur politischen Meinungsbildung innerhalb der Stadtgesellschaft leisten:
    "Das Konzept ist, professionellen Journalismus zu machen, aber wieder Old-School-Journalismus. Nicht klick-heischend, nicht sensations-heischend. Gleichzeitig aber online zu arbeiten, weil das für Startups einfach der einzige Weg ist, der praktikabel ist. Das ist das Prinzip."
    Paywall für lokale Nachrichten
    Finanziert wird das mit den üblichen Mitteln: Crowdfunding und Selbstausbeutung. 13.500 Euro an Spenden hat Felix Knothe bislang eingesammelt, das erste Jahr sei damit finanziell gesichert.
    "Wir haben ja eine Paywall, die sehr strikt ist. Also, nur wer zahlt, kann unsere Beiträge auch lesen. Das funktioniert im Lokalen besser als bei großen Online-Portalen wie Spiegel-Online. Was ich dort lese, kann ich auch woanders kostenlos lesen. Das, was man bei der Städtischen Zeitung lesen kann, gibt’s woanders nicht," so Knothe.
    Ein hoch gesetztes Ziel; ob es ein zu ambitioniertes Vorhaben ist, wird sich zeigen.
    Mehr Zeit für die Recherche
    Felix Knothe ist studierter Anglist und Amerikanist, zuvor war er bei der Mitteldeutschen Zeitung als Rathaus-Reporter tätig. Doch die Konditionen wurden zunehmend unakzeptabel, wie der dreifache Vater sagt, weshalb er nun seine eigene Zeitung gegründet hat. Mit dem Namen Städtische Zeitung will er auch ganz klassisch an alte Traditionen anknüpfen.
    "Ja, der Name drückt es so ein bisschen aus, diesen alten Anspruch: Zeitung zu sein. Also das, was man im klassischen Sinn als bürgerliche Öffentlichkeit bezeichnet. Sich darauf ausrichtet und nicht in irgendeine Nische abdriftet. Und Städtische Zeitung ist einfach ein schöner Name, weil es das Stadtgefühl wiedergibt."
    Man will nicht provinziell, nicht piefig sein. Ganz im Gegenteil: Online-Zeitungsmacher Knothe sieht sich in der Wächterfunktion, will auch mal länger als nur einen Tag an einer Geschichte recherchieren. Und will die Lokalberichterstattung neu ertüchtigen, die in Sachsen-Anhalt auf sehr wackligen Füßen stehe, so Knothe weiter.
    Aufbau einer frischen Zeitungsmarke
    "Man kann sich die Skandale nicht backen, dass wollen wir auch nicht. Wir wollen kein Reißerblatt sein, trotzdem mit den Mächtigen auf Augenhöhe kommen. Das ist ganz wichtig für Journalismus, dass man nicht aus so einer Froschperspektive berichtet und das für gegeben hinnimmt, was einem präsentiert wird. Sondern, dass man hinterhergeht, die Themen hinterfragt."
    Letztendlich soll behutsam eine frische, unverbrauchte Zeitungsmarke aufgebaut werden. Die Themen dieser Tage: Hausdurchsuchung bei den rechtsextremen Identitären, die komplizierte Kandidatensuche zur Oberbürgermeister-Wahl 2019.

    Crowdfunding für einen Einmannbetrieb

    Zur Zeit habe man 250 Abos, sagt Knothe:
    "Ich bin hoffnungsfroh. Der Start ist gut. Die Resonanz in der Stadt ist durchwegs positiv, das haben wir schon beim Crowdfunding gemerkt. Das war auch das Ziel, den Resonanzboden zu testen. Jetzt sind wir drei Wochen am Start, die Abos tröpfeln herein, sag ich mal so. Für mich als Einzelnen reicht es schon, wenn es so weiterläuft, kann ich gut davon leben. Und alles was dazu kommt, trägt zum Wachsen der Städtischen Zeitung bei."
    Noch allerdings ist die Städtische Zeitung Halle mehr oder weniger ein Einmannbetrieb. Knothe hat eine Handvoll Kolumnisten, die er aber - noch nicht, wie er sagt - bezahlen kann. In Zukunft will er aber schon der etablierten Mitteldeutschen Zeitung Konkurrenz machen, sagt Knothe. Und schreibt bereits an den nächsten Geschichten.
    "Ich war heute in der Moritzburg in Halle, dem Kunstmuseum. Das war der Termin des Tages. Zwei Ausstellungen, die da jetzt öffnen. Und da muss ich mir mal überlegen, wie ich das spielen will…."
    Die Städtische Zeitung Halle residiert in einem Büro in einem gläsernen Gründerzentrum an der Saale, dem Mitteldeutschen Medienzentrum. Das liegt in direkter Rufweite zum Mitteldeutschen Rundfunk, in Halles Innenstadt. In den Büros gegenüber der Städtischen Zeitung haben sich das ZDF und der mdr eingemietet. Doch, ob man mit dem Zeitungs-Startup Städtische Zeitung den Großen der Branche Konkurrenz machen kann, wird sich zeigen. Auf alle Fälle dürfte es die karge Medienlandschaft in Sachsen-Anhalt ein wenig pluralistischer machen.