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Lokalradios NRW
Modell unter Druck

Nähe ist das Erfolgsrezept von Lokalsendern. Die Lippewelle aus Hamm beispielsweise zeigt das durch ihre Einschaltquote von 50 Prozent. Doch viele im Markt kämpfen ums Überleben. Denn die Werbeeinnahmen brechen weg. Im vergangenen Jahr waren das mehr als ein Drittel der landesweiten Erlöse im Markt.

Von Moritz Küpper |
    Ein modernes Radiogerät
    Radio Meta - alles aus einer Kehle: Noah Sow! (picture alliance / dpa / Hendrik Schmidt)
    Die Ansage macht es deutlich: das Große im Blick, aber in Hamm zuhause. "100 Prozent von hier", so heißt der Claim der "Lippewelle", und so sind auch die Themen: Mal geht es um den Leistungssport Schwimmen, mal um die Rettung der Eishalle oder eben um iPads an Schulen. Ein Programm, das ankommt. Seit Jahren erreicht die Welle Quoten um 50 Prozent. Nähe als Erfolgsrezept, ein Ansatz der sich bezahlt macht - auch und gerade heutzutage:
    "Das Vertrauen in die da oben in Politik und Wirtschaft wird immer mehr reduziert, aber Vertrauen in meine Nachbarn, in Menschen, denen ich vertrauen kann, den ich gegebenfalls auf die Füße treten kann, wenn sie Mist machen, das wächst. Und uns kann man auf die Füße treten, wenn wir nicht vertrauenswürdig sind", sagt Gerd Heistermann. Seit 1992 ist er Chefredakteur der "Lippewelle". Der Radiomann sieht das System der Lokalradios in NRW im 25. Jahr seines Bestehens gefährdet.
    Existenz hängt an Werbeeinnahmen
    "Die landesweiten Erlöse durch landesweite Werbung sind um ein Drittel eingebrochen, der Trend könnte sich weiter fortsetzen, und dann stehen die ersten Sender auf der Kippe. Es ist die Rede davon, dass vielleicht zehn Sender in den nächsten ein, zwei Jahren dicht machen müssen."
    Zehn Stationen weniger? Das melden zumindest auch Fachblätter. Doch welche der insgesamt 45 Sender betriebswirtschaftlich schlecht dastehen, lässt sich nicht sagen. Offizielle Zahlen fehlen. Aber seit Sendestart sollen ein Drittel der Stationen rote Zahlen schreiben, ein Drittel schwarze, ein Drittel trage sich gerade so, heißt es. Ohnehin fungierten die Radios zuletzt häufig als Geldbringer der angeschlagenen regionalen Zeitungshäuser. Doch der Wandel im Mediensektor sowie der Rückgang des inhabergeführten Einzelhandels stellt die Sender nun scheinbar vor ein Problem:
    Bundes- und weltweite Ketten schalten ungerne Spots in Lokalsendern, auch erscheinen manche wirtschaftsschwache Regionen der Werbewirtschaft nicht attraktiv genug. Die Solidarität untereinander soll bröckeln.
    Als Feindbild haben die Macher daher mal wieder den Konkurrenten WDR ausgemacht. Dessen durch den Rundfunkbeitrag finanzierte Sender 1LIVE, WDR2 und WDR4 treten als Konkurrent im Kampf um Radiospots auf - zuletzt aber verstärkt auch inhaltlich. Chefredakteur Heistermann:
    "Das also eher der Trend dahin ist, dass man von Anmutung und Art uns versucht zu imitieren, bis hin zur Formulierung, dass der WDR sagt, wir sind lokal. Aber wirklich lokal, dauerhaft lokal und echt lokal sind wir."
    Werbetabu für Öffentlich-Rechtliche?
    Mit den daraus resultierenden Forderung der Lokalradios nach einem Werbeverzicht der WDR-Hörfunkwellen sieht sich nun NRW-Medienstaatssekretär Marc Jan Eumann konfrontiert, zumal sich bereits im Jahr 2011 NRW-Ministerpräsidentin Hannelore Kraft für einen Werbeverzicht ausgesprochen hatte.
    Festlegen will sich Medienstaatssekretär Eumann zwar nicht, lobt aber das qualitativ hochwertige Programm der Lokalradios und betont aber die Verantwortung des WDR für das gesamte System. Und Eumann sieht nach der Umstellung der Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunksystems durchaus Möglichkeiten zum schrittweisen Werbeausstieg der öffentlich-rechtlichen Radioanstalten:
    "Vor diesem Hintergrund kann man berechtigterweise fragen: Ist dann noch Werbung und Sponsoring erforderlich, um diesen Bestand und Entwicklung zu gewährleisten? Die Antwort er Landesregierung ist Nein. Aber wir werden sehr sorgfältig mit allen Akteuren sprechen."
    Ob dies aber bei der anstehenden Novellierung des WDR-Gesetzes ansteht ist fraglich. Die Hoffnung aber gibt es wohl bei den Lokalradios - nicht nur bei Chefredakteur Heistermann und der "Lippewelle".