Am Morgen teilte der Bahnkonzern mit, dass beim Frankfurter Arbeitsgericht eine einstweilige Verfügung eingereicht wurde. Erst gestern hatte Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt das Unternehmen aufgefordert, juristische Schritte gegen die - aus Sicht des CSU-Ministers - Unverhältnismäßigkeit des Streiks - einzuleiten. Ulrich Weber vom Personalvorstand der Bahn sagte, dass man nichts unversucht lassen wolle. Deshalb gehe man nun auch mit juristischen Schritten gegen die Arbeitskampfmaßnahme vor. Das Frankfurter Gericht will noch heute - am Nachmittag - über den Bahn-Antrag mündlich verhandeln.
In Süddeutschland fahren 40 Prozent der Züge
Die Auswirkungen des Streiks sind weiterhin erheblich. Vor allem in den Ballungsräumen staute sich der Autoverkehr. Auf der Schiene hingegen soll zumindest ein ausgedünnter Zugverkehr aufrecht erhalten bleiben. Laut Bahn AG fahren derzeit lediglich rund 30 Prozent der Züge. Allerdings mit deutlichen regionalen Unterschieden - was auch vom jeweiligen Organisationsgrad der GDL in den Bundesländern abhängt. Traditionell ist dieser im Osten des Landes hoch. In Berlin beispielsweise sind bei der S-Bahn - einer Unternehmenstochter der Deutschen Bahn - rund 90 Prozent der Zugführer bei der GDL. So ist es wohl zu erklären, dass heute - laut Angaben der Bahn - in Süddeutschland rund 40 Prozent der Züge fahren können, in Ostdeutschland dagegen nur 15 bis 30 Prozent.
Auf den Bahnhöfen der Republik finden sich dennoch tausende Reisende ein, um einen Zug zu ergattern - während der Großteil der Kunden sich wohl von vornherein um Alternativen bemüht hat.
Am Berliner Hauptbahnhof lagen am Morgen deshalb Freude und Frust eng beieinander:
"Wir fahren jetzt mit der Bahn, mit einem ICE nach Freiburg. Er fährt - Gott sei Dank."
"Also in Braunschweig krieg ich meinen Anschlusszug nicht. Ich muss nach Hannover."
"Ich weiß nicht, wie ich nach Hause komme. Ich lebe in Düsseldorf."
In der politischen Diskussion hagelt es weiterhin Kritik an der Weigerung der GDL, im Tarifkonflikt ein neutrales Schlichtungsverfahren zu akzeptieren. So kritisierte beispielsweise Rainer Hoffmann, der Vorsitzende des Deutschen Gewerkschaftsbundesbundes, die weiterhin kompromisslose Haltung der Lokführer-Vertretung. Hoffmann sagt am Morgen im Deutschlandfunk:
"Es besteht die Gefahr, dass die Gewerkschaften insgesamt einen großen Imageschaden erleiden."
Weselsky bleibt unnachgiebig
Die GDL ist nicht innerhalb des DGB organisiert, sondern Mitglied im Deutschen Beamtenbund. Der DBB hatte bislang auf das Recht der GDL verweisen, auch für andere Berufsgruppen - neben den Lokführern - zu verhandeln. Die Weigerung, an einer Schlichtung teilzunehmen, sorgt nun aber für eine zumindest vorsichtige Distanzierung des Beamtenbundes zur GDL. DBB-Chef Klaus Dauderstädt am Morgen in der ARD:
"Ich hätte der GDL empfohlen, sich auf ein Schlichtungsverfahren einzulassen, wenn klargestellt ist, dass es nicht um die Grundsatzfrage geht, ob die GDL verhandeln darf. Sondern nur um die Frage geht, wie solche Verhandlungen stattfinden sollen. Dann hätte ein solches Schlichtungsverfahren auch Sinn. Ich könnte mir auch vorstellen, dass die GDL ihrerseits der Bahn vorschlägt, sobald sie zusagt, faire Verhandlungen auf Augenhöhe zu führen, den Streik zu beenden."
GDL-Chef Claus Weselsky bleibt jedoch dabei - die Gewerkschaft streike für das Recht, für alle ihre Mitglieder verhandeln zu dürfen. Nicht nur für Lokführer, sondern beispielsweise auch für das Zugpersonal. Claus Weselsky äußerte sich ebenfalls in der ARD:
"Ich weiß nicht, was man noch tun soll - das ist doch eine ganz einfache Frage: Die Bahn hat einfach darauf zu verzichten, die Grundrechte von Lokomotivführern und Zugbegleitern zu verletzen. Das ist alles. Sie haben mit uns über die Inhalte zu verhandeln. Und über die Inhalte brauchen wir auch jetzt noch nicht schlichten, weil wir bis einschließlich heute über die Inhalte noch nicht gesprochen haben."
Wie das heute von der Bahn angestrebte Verfahren vor dem Frankfurter Arbeitsgericht ausgehen könnte, ist ungewiss. In der Vergangenheit hatten die Richter in vergleichbaren Fällen meist gegen die Arbeitgeberseite entschieden. Dieses Risiko, so Bahnvorstand Ulrich Weber, nehme man aber in Kauf.