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Lokführer-Streik
Vergleich zwischen Bahn und GDL geplatzt

Der angestrebte Vergleich zwischen den streikenden Lokführern und der Deutschen Bahn ist geplatzt. Vor dem Frankfurter Arbeitsgericht konnten sich die Parteien nach mehr als fünf Stunden Verhandlung am Abend nicht auf einen gemeinsamen Wortlaut einigen. Jetzt wird ein Urteil erwartet.

    Luftaufnahme mehrerer roter Regionalzüge der Deutschen Bahn.
    Wegen des Lokführerstreiks bleiben viele Regionalzüge der Deutschen Bahn stehen, vor allem in Ostdeutschland. (dpa / Jens Wolf)
    Die GDL wollte festgeschrieben haben, dass bei der Bahn mehrere unterschiedliche Tarifverträge möglich sein könnten. Der Bahn-Anwalt hielt der GDL vor, Ergebnisse späterer Verhandlungen vorwegnehmen zu wollen und lehnte das Ansinnen ab. Die Bahn hätte den ursprünglichen Vorschlag nach den Worten ihres Anwalts Thomas Ubber angenommen. Richterin Ursula Schmidt hatte angeregt, sämtliche Konfliktpunkte auch mit der konkurrierenden Gewerkschaft EVG aufzulisten, um eine Mediation oder Schlichtung vorzubereiten.
    Es könnte auch noch eine mögliche Berufung verhandelt werden. Das Landesarbeitsgericht hielt sich nach Angaben einer Sprecherin zunächst in Bereitschaft.
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    Drei Tage nach Ankündigung eines fünftägigen Streiks der Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL) hatte das Verkehrsunternehmen heute Vormittag um 8.00 Uhr eine einstweilige Verfügung beim Arbeitsgericht in Frankfurt am Main beantragt. Ob der Streik rechtens ist, hatte die Richterin im Eilverfahren zunächst nicht entschieden. Stattdessen schlug sie eine gütliche Einigung vor.
    Streik "unverhältnismäßig"
    Ulrich Weber, Personalvorstand der Deutschen Bahn.
    Ulrich Weber, Personalvorstand der Deutschen Bahn. (dpa / picture-alliance / Rainer Jensen)
    Der Staatskonzern rechnete schon vor Beginn der Verhandlung nicht unbedingt mit einem Erfolg. Das Unternehmen habe sich "schweren Herzens entschieden, jetzt auch mit juristischen Mitteln gegen diesen Streik vorzugehen", sagte Personalvorstand Ulrich Weber. "Dabei sind wir uns durchaus bewusst, dass die Richter in der Vergangenheit zumeist gegen die Arbeitgeber entschieden haben. Dieses Risiko nehmen wir aber in Kauf und haben dem Gericht umfangreich dargelegt, welch zahlreiche substantielle Angebote wir der GDL in der Vergangenheit unterbreitet haben."
    In dem Antrag verweist die Bahn nach eigenen Angaben auch auf die zentralen Feiern in Berlin zum 25. Jahrestag des Mauerfalls. Zudem treffe der Streik zahlreiche Urlauber, die zum Ende der Herbstferien in Niedersachsen und Bremen ihre Heimreise antreten. Vor Gericht argumentierte der Anwalt zudem mit einem hohen Millionenschaden. Der deutschen Wirtschaft entstünden pro Streiktag Schäden von rund 100 Millionen Euro, dem Staatskonzern die gleiche Summe für die gesamte Streikdauer.
    Die Deutsche Bahn hatte zunächst versucht, mit einem Schlichtungsaufruf den Streik abzuwenden. GDL-Chef Claus Weselsky wies dies als "Scheinangebot" zurück. Es gehe derzeit nicht um Lohnerhöhungen oder Arbeitszeitverkürzungen, sondern um "grundgesetzlich verbriefte Rechte" der Gewerkschaft. Über Grundrechte sei kein Schlichtungsverfahren möglich. Konkret geht es dabei um die Frage, wer künftig bei Tarifverhandlungen für wen am Tisch sitzt. Nach Auffassung der GDL will die Bahn auch das Streikrecht einschränken. Bahnvorstand Weber kritisierte, die GDL habe das letzte Angebot einer Schlichtung "offenbar ohne ernsthafte Prüfung abgelehnt".
    Bundesregierung schaltet sich ein
    Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) hatten zuvor gemahnt, dass der Tarifkampf nicht dem ganzen Land schaden dürfe. Eine Klage hatte auch Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) dem Staatskonzern nahe gelegt. "Eine Klage wegen Unverhältnismäßigkeit des Streiks ist im Interesse der Bahnkunden, der Beschäftigten und der Aufrechterhaltung der Güterversorgung in Deutschland geboten", sagte Dobrindt.
    Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) spricht am 12.09.2014 im Plenarsaal des Bundestages in Berlin zu den Abgeordneten.
    Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) (picture alliance / dpa / Reiner Jensen)
    Die Wirtschaft schlägt Alarm. Durch den Streik im Güterverkehr komme es zu Lieferengpässen bei Unternehmen und der Kraftstoffversorgung. Raffinerien hätten Probleme, die Tankstellen zu beliefern, sagte Gunnar Gburek vom Bundesverband Materialwirtschaft, Einkauf und Logistik dem Sender MDR Info. Besonders hart werde der Ausstand die Auto-, Stahl-, und Chemiebranche treffen. Es werde Produktionsausfälle geben.
    "Jeder dritte Zug fährt"
    Bei der Deutschen Bahn läuft seit Mittwochnachmittag bis zum frühen Montag der längste Streik in der Unternehmensgeschichte. Neben dem Güterverkehr ist dort seit Donnerstag auch der Personenverkehr betroffen. Aber: Bei den privaten Bahnfirmen fahren die Züge; die Deutsche Bahn stellt im Regionalverkehr nur noch zwei Drittel des Angebots. Auch die Busunternehmen profitieren von mehr Fahrgästen, die normalerweise mit dem Zug reisen wollten. Der Autovermieter Sixt hatte GDL-Chef Weselsky zum "Mitarbeiter des Monats" gekürt. Er selbst klagte im Deutschlandfunk über eine Hetzkampagne und das Tarifdiktat des Staatskonzerns.
    Auch bei der Deutschen Bahn verkehren trotz Streiks Züge auf vielen Strecken. Von den 20.000 Lokführern sind etwa 4.000 Beamte; sie dürfen nicht streiken. Rund 5.000 weitere sind in der konkurrierenden Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft organisiert.
    Ersatzfahrplan funktioniert: Trotz #Streik verkehren 30% im Fernverkehr und 35% im Regionalverkehr. Mehr Infos: http://t.co/g8kaxqI4RA— Deutsche Bahn (@DB_Info) November 6, 2014
    (sdö/ach)