Am grundsätzlichen Bekenntnis der Kanzlerin, abgegeben vor Europaparlamentariern vor 15 Monaten, hat sich nichts geändert:
"Ich möchte ein starkes Großbritannien in der Europäischen Union. Ich kann mir überhaupt nicht vorstellen – wir haben britische Soldaten heute noch in Deutschland - ich kann mir überhaupt nicht vorstellen, dass Großbritannien nicht zu Europa gehört. Und ich glaube dass es gut ist auch für Großbritannien zu Europa zu gehören. Wenn Sie heute in einer Welt von sieben Milliarden alleine sind – ich glaub nicht, dass das gut für Großbritannien ist."
Auch Premierminister David Cameron will im Grunde, dass sein Land in der EU bleibt. Aber er hat versprochen - getrieben von den Europa-Gegnern in den eigenen Reihen und in der rechtspopulistischen Unabhängigkeitspartei –, er wolle die viel zu zentralistische und bürokratische EU reformieren.
"Und wenn wir eine neue Übereinkunft ausgehandelt haben, dann werden wir dem britischen Volk ein Referendum geben, mit einer sehr einfachen Rein oder Raus-Wahl. In der EU zu bleiben unter diesen neuen Bedingungen oder ganz rauszugehen."
Europas mächtigste Regierungschefin
Doch wie viele Reformen wollen die EU-Staaten bis 2017 zugestehen, wie viele will und kann vor allem Angela Merkel als Europas mächtigste Regierungschefin und wichtigster Bündnispartner Großbritanniens erlauben?
Bundesaußenminister Frank Walter Steinmeier hat Anfang des Monats in London seinem Amtskollegen William Hague noch bedeutet: Reformen ja – weniger Europa nein.
"Wir wollen, dass auch Großbritannien dieses Europa mitgestaltet, und zwar auf dem Platz und nicht irgendwie an der Seitenlinie. Auch wir sehen die Notwendigkeit, Europa effektiver und handlungsfähiger zu machen. Ich habe nur eben gesagt: Der Integrationsstand, den wir erreicht haben, ist aus unserer deutschen Sicht ein Vorteil und wir sollten dahinter nicht zurückfallen."
Zugeständnisse und Leckerli
Das klingt in britischen Ohren eher ernüchternd. Gibt es heute von Angela Merkel größere Zugeständnisse? Welche Leckerli hat die Kanzlerin für Britannien im Gepäck? Die Frage hält die Medien seit Tagen in Atem. Der Guardian etwa will erfahren haben, Merkel wolle sich dafür einsetzen, dass die EU in Zukunft weniger strikte Regeln für Unternehmen erlässt, dass sie Großbritannien weitere Ausnahmen gewährt, sodass etwa britische Ärzte nicht unter die Arbeitszeitrichtlinie fallen und dass die EU zusichert, dass die Nicht-Euro-EU-Staaten in Abstimmungen nicht diskriminiert werden.
Wie dem auch sei – die Regierung Cameron tut alles, um der Kanzlerin einen unvergesslichen Aufenthalt zu bescheren. Angela Merkel weiß das sehr wohl zu schätzen, und entsprechend hat bereits ihr Regierungssprecher Vorfreude signalisiert:
"Wir freuen uns auf einen intensiven deutsch-britischen Tag. Die Bundeskanzlerin freut sich über die ungewöhnliche Ehre vor beiden Häusern des britischen Parlaments eine Rede halten zu können und sie freut sich auf die Audienz bei der Königin."
Tee bei der Queen, Lunch in Downing Street Number 10
Rede in der Royal Gallery, Tee bei der Queen, Lunch mit Cameron in Downing Street Number 10, Gespräch mit drei Parteichefs - roter geht der ausgerollte Teppich tatsächlich kaum; Merkels Visite erscheint fast wie der Staatsbesuch, der einem Präsidenten zustünde. Der letzte so hochrangige Gast im Vereinigten Königreich, musste sich sogar mit weit weniger begnügen. Staatspräsident Hollande wurde Ende Januar von Cameron bloß in einen Pub eingeladen. Entsprechend verdrießlich schaute der Franzose und rächte sich hernach, indem er die Reform Europas für nicht vordringlich erklärte. Ob die unterschiedliche Behandlung Merkels und Hollandes nicht eines zeige, will BBC-Moderator Andrew Marr wissen:
"Is this a suggestion that she is much much more important to us now than the French are – she is, isn’t she?"
Außenminister William Hague antwortet diplomatisch auf die Frage, ob Merkel für die Briten nicht viel wichtiger sei als die Franzosen, nämlich, dass man beide Besuche nicht miteinander vergleichen könne, fügt dann aber hinzu:
"Deutschland ist natürlich unser wichtigster Partner, wenn es um die Reform der EU geht. Weil Deutschland so eine starke Stellung hält in der Eurozone, weil es selbst eine dynamische Wirtschaft unterhält, und in der EU in einer Schlüsselposition ist. Unsere Beziehung zu Angela Merkel ist sehr gut und wir wollen gemeinsam erreichen, dass Europa wettbewerbsfähiger, flexibler und demokratischer wird als es heute ist."