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Lone Scherfigs Film "The Riot Club"
Haudraufkino

Lone Scherfig will die britsche Oberschicht als arrogant und rücksichtlos demaskieren. Sein Film basiert auf einem kritischen Theaterstück und spielt im Oxforder Studentenmilieu. Gut gemeint, findet unser Rezensent, ist aber leider nicht immer gut gemacht.

Von Christoph Schmitz |
    Lone Scherfigs Film beginnt im 18. Jahrhundert mit jungen Schnöseln in Puderperücke. Blasiert, selbstgefällig, extrem arrogant schauen die Oxforder Studenten in die Kamera und feiern sich selbst und ihre frisch gegründete Studentenvereinigung, den Riot Club. Nur zehn Mitglieder zählt die Eliterunde, zusammengesetzt aus Angehörigen des britischen Hochadels, geldschwer und zugleich rebellisch gegenüber den feinen Manieren der Erwachsenenwelt.
    Nach der kurzen Einstiegsszene springt der Film in die Gegenwart der ältesten Universität der Welt. Die Studenten finden sich zu Semesterbeginn wieder ein in den altehrwürdigen Gemäuern. Den Riot Club gibt es immer noch, die Gesichtszüge seiner Mitglieder sind genauso überheblich wie die ihrer Vorgänger. Und immer noch geht es bei den exklusiven Zusammenkünften letztlich nur darum, die Sau raus zu lassen und am Schluß des Gelages das Restaurantmobiliar zu zertrümmern.
    Nur auf den ersten Blick ein normaler Campus-Film
    Zwei vakante Plätze des vermeintlichen Edelzirkels müssen neu besetzt werden, der verbittert wirkende Alistair paßt gut hinein, der sympathische Miles weniger, macht aber mit, weil dabei zu sein, eine Ehre ist und beste Kontakte für die Karriere garantiert. Gleichzeitig verliebt sich der adelige Miles in eine bürgerliche Kommilitonin.
    Lauren: "Wir haben so ein Glück. Mein Dad hat geheult, als ich ihm gesagt hab, dass ich es nach Oxford geschafft hab. Vielleicht wegen den Studiengebühren."
    Miles: "Und mein Dad hätte geheult, wenn ich es nicht nach Oxford geschafft hätte. Meine ganze Familie studiert hier."
    Bis hierhin erzählt Lone Scherfig noch eine fast normale Hochschulgeschichte von frisch verliebten und überdrehten jungen Leuten, ein fast anheimelnder Campus-Film. Aber das bizarre Aufnahmeritual für die beiden neuen Club-Kandidaten Miles und Alistair läßt schnell ahnen, dass die Sache noch eine drastische Entwicklung nehmen wird.
    Pate stand der Hochschul-Club von David Cameron und Boris Johnson
    Lone Scherfigs Film basiert dabei auf einem Theaterstück der jungen britischen Dramatikerin Laura Wade. Die wiederum hatte sich für ihren fiktiven Club den realen berühmt-berüchtigten Bullingdon Club zum Vorbild genommen, dem als Studenten auch Premierminister David Cameron und Londons Bürgermeister Boris Johnson angehörten, beide von den Konservativen.
    Theaterstück und Film haben also eine deutlich politische Stoßrichtung. Was er wirklich denkt und fühlt, zeigt der Riot Club schließlich beim Dinner in einem Pub auf dem Land. Der Restaurantbesitzerhofft auf ein gutes Geschäft und hat für die betuchten Gäste seinen schönsten Raum auf Hochglanz gebracht. Er ist ein fleißiger, freundlicher Mann, wird von seiner hübschen und klugen Tochter beim Kellnern unterstützt und erfährt, als er sich über die Rüpeleien seiner Gäste beschwert, mit wem er es zu tun hat:
    Alistair: "Diese kleinbürgerliche Empörung, wenn wir etwas tun oder nur auch sagen. Über alles, was wir erbauen oder hervorbringen, alles was nur den winzigsten Hauch von Größe besitzt, sieh nur, konnten sie alles unterwandern und es schaffen, dass alles so verfickt drittklassig wird. Sie halten sich für besser, weil es mehr von ihnen gibt. Ihre Hände kleben nicht von Schweiß, sondern von Neid, von Mißgunst. Und er stinkt wie ne scheiß Kloake. Ich habe die Schnauze gestrichen voll von armen Leuten!"
    Der Film überzeugt nicht
    So entlarvt die vermeintliche Elite sich selbst. Miles verrät seine Freundin. Der Wirt wird halb totgeschlagen. Aber überzeugen kann Lone Sherfigs Film nicht. Viel zu schlicht ist ihre Botschaft, viel zu simpel ihre Typen-Darstellung, viel zu einseitig ihre Sympathien. Gut ist, wer zur Mittelschicht, böse, wer zur Oberschicht gehört. Zwischentöne oder analytische Ansätze gibt es nicht. Nur Schläge. "The Riot Club" ist Haudraufkino.