Freitagmorgen, halb neun in der Früh. Während in den Fluren der Universität Paris III noch gähnende Leere herrscht, sitzt Maria Horlbeck bereits in einer verglasten Kabine im zweiten Stock. Über Kopfhörer lauscht sie der englischen Rede einer japanischen Kommilitonin und überträgt diese simultan ins Deutsche. Gleichzeitig Verstehen und Sprechen können - das ist eine geistige Meisterleistung und erfordert neben ständigem Üben ein Höchstmaß an Konzentration.
"Man muss ausgeschlafen sein und sehr, sehr genau zuhören. Für mich ist das Unangenehmste, wenn ich das Gefühl habe, ich habe alles verstanden, und dann hinterher merke, ich habe doch nicht alles verstanden. Denn passives und aktives Verstehen ist noch einmal was ganz anderes."
Die 31-jährige Maria Horlbeck stammt gebürtig aus Jena und ist eine von drei Deutschen, die zurzeit an der renommierten ESIT, einer Abteilung der Universität Paris III, Dolmetschen lernen. Sie schätzt die internationale Atmosphäre der Schule. Nicht einmal die Hälfte der Studenten sind französische Muttersprachler, der Rest stammt aus allen Teilen der Welt, etwa aus China, Russland, Rumänien oder dem Libanon. Grundsätzlich gilt für Bewerber: Sie müssen nicht nur sehr gut Französisch und Englisch sprechen, sondern auch mindestens drei Jahre an einer Hochschule studiert haben. Bei der Aufnahmeprüfung heißt es dann vor allem, starke Nerven zu behalten:
"Man kommt in diesen Raum rein, da sitzen zwei oder drei Dolmetscher vor einem. Man muss sich dann einen Vortrag von zirka fünf Minuten anhören und dann in der entsprechend anderen Sprache wiedergeben, entweder - wie in meinem Fall - auf Deutsch oder Französisch, ohne Notizen. Das ist, glaube ich, der größte Stress, dass man Angst hat vor einem schwarzen Loch."
Stressresistent muss jeder sein, der an der ESIT studiert. Denn der Ruf der Schule ist auch auf ihre rigorosen Auswahlkriterien zurückzuführen, die nicht nur für die Aufnahme, sondern auch während der zweijährigen Ausbildung gelten. Von einigen 100 Bewerbern werden jährlich etwa 40 angenommen. Davon schafft es aber nur etwa die Hälfte ins Abschlussjahr. Und nur durchschnittlich zehn Studenten pro Jahrgang können sich glücklich schätzen, anschließend das europäische Diplom als Konferenzdolmetscher in der Hand zu halten. Cathérine Teule-Martin, Direktorin der ESIT, begründet das strenge Reglement mit den hohen Anforderungen, die an Berufsanfänger gestellt werden.
"Wir vergeben das Diplom nur an solche Studenten, von denen wir wissen, dass sie auf dem Arbeitsmarkt bestehen. Das zeichnet sie aus. Sie können sofort ihren Beruf ausüben und zwar auf wirklich professionellem Niveau."
Im Laufe ihres fast fünfzigjährigen Bestehens hat die ESIT stets sehr praxisbezogen ausgebildet, betont Madame Teule-Martin. Alle Dozenten sind gleichzeitig für internationale Organisationen als Dolmetscher tätig - und ihre Chefs erscheinen auch zu den Abschlussprüfungen, um die frisch Diplomierten direkt von der Schule weg einzustellen. Das bedeutet auch, dass sich die Auswahl der Studenten am Bedarf des europäischen Arbeitsmarktes orientiert. Da Deutsch als Konferenzsprache in der Europäischen Union enorm an Bedeutung verloren hat, rät der Dozent Philipp Minns den deutschen Bewerbern, möglichst viele Sprachen zu erlernen:
"Wenn sie später für die EU arbeiten wollen, sollten sie eine der Sprachen der neuen EU-Beitrittsländer beherrschen oder eine viel gesprochene außereuropäische Sprache, etwa Arabisch oder Chinesisch, und diese dann aber so gut, um aktiv von der einen in die andere und umgekehrt übersetzen zu können. Zugegeben, das ist wirklich schwierig, aber früh übt sich."
Ein Grund, warum Maria Horlbeck zusammen mit einer Kommilitonin ihr Polnisch noch bis spät in den Abend trainiert. Es ist ihre dritte Dolmetschsprache - neben Englisch und Französisch. Dass sie außerdem noch passabel Spanisch und Russisch spricht, hat sie nur nebenbei erwähnt. Die studierte Geisteswissenschaftlerin hat extra ihren früheren Job als Pressereferentin aufgegeben, um sich ganz einem Leben für die Sprachen zu verschreiben. Ihr Traum? Eines Tages zwischen Paris, London und Warschau zu pendeln und für verschiedene internationale Organisationen zu dolmetschen.
"Man muss ausgeschlafen sein und sehr, sehr genau zuhören. Für mich ist das Unangenehmste, wenn ich das Gefühl habe, ich habe alles verstanden, und dann hinterher merke, ich habe doch nicht alles verstanden. Denn passives und aktives Verstehen ist noch einmal was ganz anderes."
Die 31-jährige Maria Horlbeck stammt gebürtig aus Jena und ist eine von drei Deutschen, die zurzeit an der renommierten ESIT, einer Abteilung der Universität Paris III, Dolmetschen lernen. Sie schätzt die internationale Atmosphäre der Schule. Nicht einmal die Hälfte der Studenten sind französische Muttersprachler, der Rest stammt aus allen Teilen der Welt, etwa aus China, Russland, Rumänien oder dem Libanon. Grundsätzlich gilt für Bewerber: Sie müssen nicht nur sehr gut Französisch und Englisch sprechen, sondern auch mindestens drei Jahre an einer Hochschule studiert haben. Bei der Aufnahmeprüfung heißt es dann vor allem, starke Nerven zu behalten:
"Man kommt in diesen Raum rein, da sitzen zwei oder drei Dolmetscher vor einem. Man muss sich dann einen Vortrag von zirka fünf Minuten anhören und dann in der entsprechend anderen Sprache wiedergeben, entweder - wie in meinem Fall - auf Deutsch oder Französisch, ohne Notizen. Das ist, glaube ich, der größte Stress, dass man Angst hat vor einem schwarzen Loch."
Stressresistent muss jeder sein, der an der ESIT studiert. Denn der Ruf der Schule ist auch auf ihre rigorosen Auswahlkriterien zurückzuführen, die nicht nur für die Aufnahme, sondern auch während der zweijährigen Ausbildung gelten. Von einigen 100 Bewerbern werden jährlich etwa 40 angenommen. Davon schafft es aber nur etwa die Hälfte ins Abschlussjahr. Und nur durchschnittlich zehn Studenten pro Jahrgang können sich glücklich schätzen, anschließend das europäische Diplom als Konferenzdolmetscher in der Hand zu halten. Cathérine Teule-Martin, Direktorin der ESIT, begründet das strenge Reglement mit den hohen Anforderungen, die an Berufsanfänger gestellt werden.
"Wir vergeben das Diplom nur an solche Studenten, von denen wir wissen, dass sie auf dem Arbeitsmarkt bestehen. Das zeichnet sie aus. Sie können sofort ihren Beruf ausüben und zwar auf wirklich professionellem Niveau."
Im Laufe ihres fast fünfzigjährigen Bestehens hat die ESIT stets sehr praxisbezogen ausgebildet, betont Madame Teule-Martin. Alle Dozenten sind gleichzeitig für internationale Organisationen als Dolmetscher tätig - und ihre Chefs erscheinen auch zu den Abschlussprüfungen, um die frisch Diplomierten direkt von der Schule weg einzustellen. Das bedeutet auch, dass sich die Auswahl der Studenten am Bedarf des europäischen Arbeitsmarktes orientiert. Da Deutsch als Konferenzsprache in der Europäischen Union enorm an Bedeutung verloren hat, rät der Dozent Philipp Minns den deutschen Bewerbern, möglichst viele Sprachen zu erlernen:
"Wenn sie später für die EU arbeiten wollen, sollten sie eine der Sprachen der neuen EU-Beitrittsländer beherrschen oder eine viel gesprochene außereuropäische Sprache, etwa Arabisch oder Chinesisch, und diese dann aber so gut, um aktiv von der einen in die andere und umgekehrt übersetzen zu können. Zugegeben, das ist wirklich schwierig, aber früh übt sich."
Ein Grund, warum Maria Horlbeck zusammen mit einer Kommilitonin ihr Polnisch noch bis spät in den Abend trainiert. Es ist ihre dritte Dolmetschsprache - neben Englisch und Französisch. Dass sie außerdem noch passabel Spanisch und Russisch spricht, hat sie nur nebenbei erwähnt. Die studierte Geisteswissenschaftlerin hat extra ihren früheren Job als Pressereferentin aufgegeben, um sich ganz einem Leben für die Sprachen zu verschreiben. Ihr Traum? Eines Tages zwischen Paris, London und Warschau zu pendeln und für verschiedene internationale Organisationen zu dolmetschen.