"Hello, I'm here, to meet some other bots and you at this round table where you will be participating."
Willkommen in der virtuellen Realität! Mit Hilfe einer VR-Brille betritt der Ausstellungsbesucher einen schlichten, digital erzeugten Raum und kann das Gespräch mit drei programmierten Figuren beginnen. Es sind sogenannte Bots. Zum Stichwort "Kunst" etwa erfährt man von ihnen, dass die Mona Lisa keine Kunst sei, vielmehr gehe es um Frau/Mann mit einem wundervollen Lächeln. Dann bittet die Kunstfigur um mehr Daten. Für die 31-jährige Künstlerin ist es die Auseinandersetzung mit der Frage, ob ein Bot dem Menschen jemals gleich sein kann.
Louisa Clement: "Können wir später mit Robotern leben oder eben auch: Können wir ohne den Körper leben? Die Roboter lernen auch allein in den Gesprächen, die lernen von den Gesprächen, die jetzt in diesen Ausstellungen passieren, also werden sie immer, immer reicher an dem, aber natürlich gibt es immer noch den Unterschied zum Menschen."
Gesichtslose Körper
Schon in ihrer Abschlussarbeit "Heads" als Meisterschülerin von Andreas Gursky an der Kunstakademie Düsseldorf hinterfragte Louisa Clement 2014 Körperformen. Mit 55 Portraits der Köpfe von Schaufensterpuppen: ausnahmslos runde Körper ohne Augen, Mund und Nase, gesichts- und geschlechtslos.
Dagegen setzt sie in ihrer aktuellen Ausstellung einen Raum, dessen Wände komplett mit E-Dermis tapeziert sind - ein Material, das Prothesenträgern als eine Art elektronische Haut den Tastsinn zurückbringen soll. "Kommunikation mit Hilfe künstlicher Intelligenz", sagt der Kurator der Ausstellung Stefan Gronert.
"Das ist keine reine Fotoausstellung, das ist eine – heute sagt man, glaube ich – transmediale oder intermediale Ausstellung, und diese neuen Medien, die ja im Alltag schon längst angekommen sind - unsere Kinder spielen mit solchen Dingen -, die sind natürlich auch der Kunst nicht ganz fremd. Und die Kunst wäre auch blöd, wenn sie die Augen vor solchen Medien verschließen würde."
Süß und scheinheilige Puppen
Intuitiv in seinen Bann zieht einen vor allem "Avatar" von 2016, eine bunte Serie von Schaufensterfiguren. Louisa Clement hat sie mit dem Mobiltelefon fotografiert. Ästhetische Körper in durchscheinendem Rosa, Gelb und Grün begegnen sich da und erinnern an Candies. Süß und scheinheilig wirken sie, oberflächlich wie das Bild von Avataren, die sich in der Welt des Internets mit perfekten Eigenschaften ausstatten lassen.
Daneben hängen Spiegel, die uns in die Wirklichkeit zurückbringen. Wir sehen uns selbst darin, gefärbt in Cyan, Magenta und Yellow, den Grundfarben des Vierfarbdruckes. Das Glas von Ray-Ban-Sonnenbrillen ist auf Bildergröße hochgezogen. Dass sich ihre Träger dahinter verstecken, ist für Louisa Clement ein Paradoxon von Kommunikation.
Gefühl von Irritation
"Dass man im Grunde mit fast verspiegeltem Glas über die Straße geht und sein Gegenüber eigentlich nicht mehr die Augen sehen lässt dadurch. Also das Gegenüber sieht sich selbst und die Welt hinter einem. Und das fand ich halt ziemlich interessant, dass man im Grunde die Augen verdeckt und damit natürlich den Blick in die Seele oder das, wo wirklich Emotionen sichtbar sind, abschirmt. Und das in einem Gespräch, also eigentlich eine totale Diskrepanz zwischen Kommunikation und Nicht-Kommunikation, aber in unserer heutigen Welt."
Geschützte Kommunikation im realen Leben als Analogie zur emotionslosen Digitalwelt, die von der künstlichen Intelligenz erschaffen wird. Louisa Clement zeigt in "Remote Control" eine spannende Auseinandersetzung mit den neuen Medien, nicht zuletzt in unserem Verhältnis zum menschlichen Körper. Zugleich transportieren ihre Werke unterschwellig ein Gefühl von Irritation in gesellschaftlich und politisch wankenden Zeiten.