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Lücke im Energiekonzept

Vor gut einem Jahr kündigte das Desertec-Konsortium an, schon in wenigen Jahren Solarstrom aus Afrika nach Deutschland liefern zu können. Aber im kürzlich veröffentlichten Konzept der Bundesregierung zum Ausbau erneuerbarer Energien taucht Desertec überhaupt nicht mehr auf.

Von Theo Geers |
    Die Aufbruchstimmung ist nicht dahin, aber in den Mühen der Ebene ist das Desertec-Projekt schon angekommen. Drei Jahre hat man sich im letzten Jahr gegeben, um die faszinierende Idee zu konkretisieren, mit Solar- und Windstrom aus der Sahara später einmal 15 Prozent des europäischen Stromverbrauchs abzudecken. Erste Projekte sind auch schon identifiziert, aber es geht langsam voran, unterstreicht Paul van Son, der Leiter der mittlerweile auf 20 Mitarbeiter angewachsenen Desertec Industrie Initiative:

    "Das sind Projekte im Bereich Wind, Fotovoltaik und Solarthermie, das heißt die Spiegeltechnologie, und auch die Einbindung der Netze, dass Strom an die lokalen Verbraucher und nach Europa transportiert werden kann, aber wir haben noch nicht ganz konkret ein Projekt, wo wir anfangen können. So weit ist es noch nicht."

    Doch immerhin eins steht fest – das Land, in dem es losgehen soll:

    "Marokko wird, so wie das aussieht, das erste Land werden."

    Dafür gibt es mehrere Gründe. Einer davon sind die beiden Seekabel, die Marokko mit Spanien schon heute verbinden. Noch wesentlicher ist aber, dass die Regierung in Rabat drängt und drängelt endlich anzufangen. Anders dagegen das Bild in Europa, auch in Deutschland. In der Debatte über die Energieversorgung der Zukunft wird fast nur noch über längere Atomlaufzeiten diskutiert und diese Verengung hat Paul van Son schon alarmiert:

    "Unsere Erwartung war, die ganze Entwicklung mit Desertec kommt gut an, wird verstanden, wird die Regierung auch in ihr Energiekonzept aufnehmen. Aber zu unserem großen Schreck haben wir festgestellt, dass Desertec dort nicht erwähnt wird."

    Ein nationales Energiekonzept ohne Desertec – für Paul van Son ist das schlicht nicht vorstellbar. Er schrieb einen Brandbrief an die Bundesregierung und an die beteiligten Großkonzerne wie EON, RWE oder Siemens. Deutschland könne die Vorreiterrolle bei Desertec sogar verlieren, wenn der Elan jetzt nachlasse. Und jetzt hofft Paul van Son, dass dieser Weckruf gehört wurde, und er gibt sich diplomatisch.

    "Ich bin immer positiv. Die Regierung und die Beamten sind sehr vernünftige Menschen, die vielleicht jetzt erstmal in dieser verengte Diskussion gelandet sind, aber trotzdem gut in der Lage sind, über den Tellerrand zu denken. Ich bin sehr zuversichtlich, dass mit Signalen nicht nur von uns und aus anderen Richtungen die Debatte wieder ganz offen und etwas größer geführt wird."

    Zumal Desertec vor allem den EU-Staaten helfen könnte, die jetzt erkennbar Schwierigkeiten haben, die verbindlichen Ziele beim Ausbau der erneuerbaren Energien – 20 Prozent bis 2020 – zu erreichen. Dabei können EU-Staaten ihre Ökostromziele auch durch Stromimporte aus dem EU-Ausland erfüllen, also auch mit Solarstrom aus Nordafrika, womit Desertec wieder ins Spiel kommt:

    "Mitgliedsstaaten haben Targets für 2020 und die Länder, und unter anderen kann Deutschland dazugehören, die noch erneuerbare Energien brauchen für ihr Target, die sollen sich überlegen, wo kriege ich das am billigsten her. Und das ist eindeutig aus der Wüste."

    Und dabei hätte der Solarstrom aus der Wüste noch einen weiteren Vorteil: Durch den in der Regel wolkenlosen Himmel über der Sahara kann die Sonneneinstrahlung von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang fast minutengenau eingeplant werden. Damit kann auch der produzierte Strom zu- und auch abgeschaltet werden. Er wird regelbar und das macht ihn für die Stromversorgung kostbar.

    "Deutschland hat das große Problem, dass die Energieoptionen Wind und Fotovoltaik, die groß eingesetzt werden, schlecht regelbar sind und zu einer Schwankung und einer großen Preisschwankung führen wird. Die Desertec-Quellen die können sehr stark stabilisierend wirken."