Die neue Studie ist das Ergebnis einer Kooperation zwischen dem Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt DLR und der US-Raumfahrtbehörde NASA. Zweimal starteten sie gemeinsame Messkampagnen über Deutschland, mit Verkehrsflugzeugen, die zu fliegenden Laboren umgerüstet wurden – einem Airbus A 320 und einer DC 8.
Auf deutscher Seite koordinierte die DLR-Atmosphärenphysikerin Christiane Voigt die Zwillingsmissionen der beiden Forschungsflieger. Sie dienten dem Test von Biokerosin: "Das Neue an der Studie ist, dass wir zum ersten Mal Bio-Treibstoffmischungen beprobt haben in einem Zustand, in dem sich Kondensstreifen bilden."
Kondensstreifen wichtigster Faktor
Der Luftverkehr belastet die Atmosphäre nämlich nicht nur mit dem Treibhausgas CO2. Passagier- und Militärjets produzieren auch häufig Kondensstreifen. Die markanten künstlichen Wolken entstehen dadurch, dass sich Wasser an Schadstoffpartikeln im Abgasstrahl anlagert und Eiskristalle formt.
"Kondensstreifen sind aktuell der klimawirksamste Parameter im Luftverkehr. Kondensstreifen liefern einen größeren Beitrag zur Erwärmung durch den Luftverkehr als die CO2-Emissionen. Und daher ist es sehr wichtig, die Kondensstreifen zu reduzieren."
Die neuen Studienergebnisse seien hier bahnbrechend, schwärmt die Wolkenexpertin. Denn nun sei erstmals auch im realen Flugbetrieb gezeigt worden, welches Potenzial Biotreibstoffe für die Reduzierung von Kondensstreifen und für die Reduzierung der Klimawirkung des Luftverkehrs hätten.
Besser nicht zu aromatisch
Betankt man Flugzeuge mit höheren Anteilen von Bio-Kerosin, verringert sich nicht nur der CO2-Ausstoß, sondern auch die Lebensdauer der Kondensstreifen. Die gedeihen besonders gut, wenn das Abgas viel Ruß enthält, also viel unverbrannte Kohlenwasserstoffe mit Ringstrukturen. Man nennt sie Aromaten. Bio-Kerosin enthält nicht so viele dieser Verbindungen. Deshalb führt es auch nicht zu so einer starken Kondensstreifen-Bildung. Die Flugmessungen von DLR und NASA belegen das jetzt:
"Es bilden sich weniger Eiskristalle in Kondensstreifen. Diese Eiskristalle wachsen etwas schneller, werden leicht größer, sedimentieren daher schneller aus, verdampfen schneller, und die Lebensdauer von Kondensstreifen wird dadurch reduziert. Das bewirkt eine Reduktion der Erwärmung durch Kondensstreifen."
Nur noch halb so viel Wolkeneis
Getestet wurden Treibstoffe mit einem Bio-Anteil von bis zu 50 Prozent. Eine der Sorten schnitt am besten ab. Laut Christiane Voigt enthielt sie besonders wenig Aromaten mit Doppelring-Struktur, darunter das bekannte Naphtalin: "Also, dieser Treibstoff führt dazu, dass die Anzahl der Eiskristalle in Kondensstreifen etwa halbiert wird. Das ist massiv! Reduktion von 50 Prozent!"
Dadurch hielten sich die künstlichen Wolkenstreifen nicht so lang am Himmel. Ihre Klimawirkung war im Endeffekt um rund ein Viertel vermindert.
Richard Moore begleitete die Flugzeugmessungen auf NASA-Seite. Es hätte auch einen Haken an der Sache mit den Bio-Treibstoffen geben können, sagt der Chemieingenieur: "Alternative Kraftstoffe haben einen höheren Wasserstoff-Gehalt als Kerosin auf Erdöl-Basis. Und damit im Prinzip auch ein höheres Potenzial für die Bildung von Wasserdampf und Kondensstreifen in der Atmosphäre. Unsere Beobachtungen zeigen jetzt aber erstmals: Dieser Prozess wirkt sich nicht entscheidend aus."
Synthetisch geht auch
Aromatenarme Treibstoffe sind also eine echte Option für die Luftfahrt. Man müsste sie nicht zwingend aus Energiepflanzen herstellen, die riesige Ackerflächen beanspruchen. Es geht auch synthetisch, in der chemischen Industrie.
An einzelnen Flughäfen gebe es bereits Kerosin mit Bioanteil, sagt Christiane Voigt. Schon heute seien Zumischungen von bis zu 50 Prozent erlaubt. Das DLR geht bereits den nächsten Schritt und testet inzwischen reines Biokerosin. Erste Testflüge damit haben bereits stattgefunden, die nächsten sind für den Herbst geplant.